Gemeinsames Feiern

"Begegnungen mit vielen Nationen"

Lourdes (KNA). Der kleine Marienwallfahrtsort Lourdes platzt aus allen Nähten: Österreichische Truppen marschieren im Stechschritt die Strasse hinunter. Ein irisches Dudelsack-Orchester in orangefarbenen Kilts bringt englische Offiziere zum Tanzen. Pflegerinnen ziehen Kranken-Rikschas durch den heiligen Bezirk, um Kranke und Behinderte zur Mariengrotte zu bringen. In unzähligen Souvenirläden drängeln sich Pilger, um eine Madonna oder einen Rosenkranz zu ergattern. Trotz des Trubels ist alles heiter und friedlich.

Die 48. Internationale Soldatenwallfahrt hat in diesem Jahr rund 15.000 Militärangehörige aus 35 Staaten nach Lourdes gelockt. Fast 1.000 deutsche Soldaten sind angereist. Viele übernachten im Zeltlager und genießen dort die kameradschaftliche, internationale Stimmung. Wie Oberstleutnant Manfred Dinter. Seit 15 Jahren hatte er den Wunsch an der Soldatenwallfahrt teilzunehmen. Nun, in seinem 30. Dienstjahr, ist es dem praktizierenden Katholiken gelungen, sich den Termin freizuhalten. "Endlich bin ich hier und ich genieße es, mit den vielen jungen Menschen zusammen zu kommen", sagt er. Mit den jüngeren Soldaten auf Augenhöhe zu gehen ist ihm wichtig, und "dazu gehört auch, dass alle sich duzen".

"Lourdes bedeutet eine Auszeit im Militäralltag", erklärt Leutnant Hendrik Sandbrink, die lockere Atmosphäre. Mit Beginn der Wallfahrt werden Rangabzeichen zur Nebensache. In den Zelten schlafen vierzehn Menschen zusammen, vom Gefreiten bis zum Major, und auch zivile Begleiter sind darunter. "Da kann es durchaus vorkommen, dass einem plötzlich der Militärpfarrer zu Füssen liegt", schmunzelt Major Siegfried Czorny. Auch er hat sich zum ersten Mal unter die Wallfahrer gemischt - um danke zu sagen. "Ich hatte eine Zeit lang schwere familiäre Probleme, und ich habe mir damals gesagt: Wenn alles überstanden ist, dann pilgere ich nach Lourdes." Viele organisatorische Aufgaben hat er übernommen, schläft keine Nacht länger als drei Stunden. Einen Tag hat er mit kranken Pilgern verbracht: "Das ist Nächstenliebe für mich und gehört zum Pilgern dazu."

"In Lourdes sind die Nächte lang und die Morgen früh", schmunzelt Major Joachim Baltes und freut sich über die Ausgelassenheit in der Stadt. Sein Kollege Oliver Geermann hat sich den Ort allerdings ganz anders vorgestellt: "Ich dachte hier ist es ruhig: ein Dorf, die Grotte, eine Kirche und das war's." Trotz der Gottesdienste und Andachten fällt es ihm ein bisschen schwer, zur Besinnung zu kommen. "Du musst nachts zur Grotte gehen", rät ihm sein Kamerad, "wenn man Ruhe sucht, findet man sie am besten dort."

Baltes kennt sich aus: schon zum zweiten Mal hat er eine Motorrad-Wallfahrt für Soldaten organisiert. "Das ist ein ganz besonderes Erlebnis, viel intensiver, als wenn man mit dem Flugzeug ankommt", sagt er überzeugt. Für das nächste Mal wünscht er sich noch mehr Teilnehmer auf zwei Rädern.

Unteroffizier Atef Harden, der Gefreite Michael Lippke und der US-amerikanische Cadett Brett Lucas haben sich im Zeltlager kennengelernt, und sind schon gute Freunde. "Das ist für mich das Beste hier: die Gemeinschaft", sagt Harden. Für den gebürtigen Ägypter und Moslem hat die Reise in den katholischen Marienwallfahrtsort einen ganz besonderen Reiz: "Ich lerne hier sehr viel über den katholischen Glauben, und das ist wirklich spannend." Im nächsten Jahr will der 24-jährige auf jeden Fall wieder dabei sein. "Wir treffen hier mit so vielen Leuten aus anderen Ländern zusammen: Portugiesen, Österreicher, Amerikaner", schwärmt Lippke und zieht stolz verschiedene bunte Abzeichen aus der Tasche. Die werden in Lourdes gerne zwischen Soldaten getauscht. Besonders beliebt seien Sportabzeichen, erzählt der Gefreite. Und er geht noch einen Schritt weiter: "Morgen tausche ich meinen Trainingsanzug!" Der Gedanke an die Sportanzüge der Bundeswehr entlockt dem amerikanischen Kadetten Lucas ein Schmunzeln: so etwas gibt es bei seiner Truppe nicht. Lourdes findet der junge Soldat toll. "Die Mischung aus Glauben, Jubel und internationaler Begegnung ist einfach einmalig."

Janina Müller, KNA

Fotos: Marcel Hüls und gcjm

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