Festakt 50 Jahre Militärseelsorge in Maria Laach

Militärgeneralvikar Walter Wakenhut (mitte) mit Militärgeneralvikar a. D. Dr. Ernst Niermann (links) und General a. D. Dieter Clauß (rechts)
Maria Laach, 08.09.2006. Am idyllischen Laacher See (Rheinland Pfalz), bekannt durch das Benediktinerkloster, trafen sich vom 4. - 6. September die Katholischen Leitenden Militärgeistlichen und die Referentenrunde aus dem Katholischen Militärbischofsamt, Berlin, unter Leitung von Militärgeneralvikar Walter Wakenhut zu ihrer Zentralen Dienstbesprechung. Vor genau 50 Jahren waren an diesem Ort die ersten Militärseelsorger zu einer Gesamtkonferenz zusammengekommen.

Um diesen Anlass zu würdigen, wurden Gäste aus der Bundeswehr, Kirche und Staat sowie zahlreiche ehemalige Militärgeistliche am 5. September zu einem Pontifikalgottesdienst mit Abt Benedikt im Kloster und einem Festakt eingeladen. Zeitzeugen wie Militärgeneralvikar a. D., Apostolischer Protonotar Dr. Ernst Niermann und General a.D. Dieter Clauß schilderten ihre Erlebnisse und Erfahrungen in und mit der Militärseelsorge.

Gäste der Katholischen Militärseelsorge beim Festakt
Dr. Niermann reflektierte in seinen Erörterungen über die Veränderung im Bewusstsein von Kirche und Staat bzgl. der gemeinsamen Verantwortung für die Seelsorge an Soldaten. In einer immer stärker säkularisierten Gesellschaft sei ein Wandel in der Unterscheidung zwischen Religion und Welt, zwischen Kirche und Staat und auch in der Konfessionszugehörigkeit deutlich geworden. Dr. Niermann, langjähriger Leiter des Katholischen Militärbischofsamtes in Bonn, ermahnte die Vertreter der Kirche sowie des Staates die gemeinsame Verantwortung für die Seelsorge an Soldaten wahrzunehmen und zu erhalten.

General a. D. Dieter Claus schilderte anhand seiner eigenen Biographie als Offizier ein lebhaftes Bild von der Katholischen Militärseelsorge, die ihm und seiner Familie, auch in schwierigsten Zeiten immer zur Seite gestanden habe. Am Abend lud Militärgeneralvikar Walter Wakenhut die Gäste zu einem festlichen Abendessen ein, wo alle Gelegenheit hatten, sich über 50 Jahre "Kirche unter Soldaten" auszutauschen.

Beyel
Leiterin der Pressestelle

Fotos: Marlene Beyel




Rede von Militärgeneralvikar Walter Wakenhut

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Festgäste,

es ist mir in Vertretung unseres Hochwürdigsten Herrn Militärbischofs eine besondere Ehre, Sie heute anlässlich des Festaktes zur Versammlung der ersten katholischen Militärdekane und Militärpfarrer der Bundeswehr vor annähernd 50 Jahren hier in Maria Laach (16.-24.November 1956) begrüßen zu können.

Ich will unseren beiden Festrednern, Herrn MGV a. D. Dr. Ernst Niermann und Herrn G. a. D. Dieter Clauß, denen ich für Ihre Bereitschaft, uns aus ihrer jeweiligen Perspektive einige Anmerkungen zu den vergangenen Jahrzehnten der Militärseelsorge zu machen, herzlich zu danken, nicht vorgreifen, sie aber ganz besonders herzlich begrüßen.

Für den Bereich der Kirchen begrüße ich ebenfalls ganz herzlich den Generalvikar von Bamberg, Georg Kestel, unseren langjährigen Referatsleiter IV im Katholischen Militärbischofsamt, sowie den Zelebranten unseres Festgottesdienstes und unseren Gastgeber hier in der Benediktinerabtei Maria Laach, Herrn Abt Bendikt.

Für den Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung freue ich mich über die Teilnahme des Abteilungsleiters Recht, Herrn Ministerialdirektor Dr. Dieter Weingärtner sowie den Stabsabteilungsleiter im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S I), Herrn Brigadegeneral Robert Bergmann.

Ebenfalls herzlich begrüße ich den Amtschef Heeresamt, Herrn Generalmajor Wolfgang Korte.

Sehr herzlich darf ich auch die Vorsitzende der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung, Frau Christa Reichard und als Vertreter des organisierten Laienapostolates Herrn Oberst Richard Schmitt als Vorsitzenden der Zentralen Versammlung sowie Herrn Oberstleutnant Paul Brochhagen als Vorsitzenden der Gemeinschaft Katholischer Soldaten begrüßen.

Meine sehr verehrten Damen und Herrn,

wie schon gesagt sind es im November fünfzig Jahre, dass hier in Maria Laach - noch an einem Tisch, wie alte Fotos zeigen - die erste Gesamtkonferenz der Katholischen Militärgeistlichen stattfand. Kardinal Wendel, der damalige Militärbischof, leitete sie persönlich. Dieses Bild sagt viel. Der Kardinal mit seinen Militärpfarrern alle in Zivil, in klerikaler Kleidung ohne Uniform.

Es sagt:
Die Militärseelsorge sollte ein neues Profil bekommen. Nicht mehr der Wehrmachtspfarrer, auch nicht der Priester in Uniform, sondern der Pfarrer, wie ihn der aktive Christ aus seiner Heimatgemeinde kannte, war das Vorbild für den Militärseelsorger. In einer nur auf Verteidigung, also auf das Gebiet der Bundesrepublik, abgesehen von den wenigen Auslandsstandorten, ausgerichteten Armee war das die angemessene Art und Weise Militärseelsorge zu organisieren. Und das bewährte sich und bewährt sich auch heute, freilich unter ganz anderen Bedingungen, die immer wieder neu zu bedenken sind. Die viel beredete TRANSFORMATION hat es auch dem Letzten bewusst gemacht: Die Bundeswehr ist eine Armee im Einsatz.

Damit ist auch die Militärseelsorge zu einem wesentlichen Teil eine Seelsorge im Einsatz geworden und das ohne dass zu Hause die Seelsorge ausgedünnt, modern gesagt "light", durchgeführt werden könnte. Im Gegenteil die Seelsorge an den (Familien-)angehörigen der im Einsatz befindlichen Soldaten und Soldatinnen ist eine wesentliche Herausforderung und die ethisch-moralische Bildung der Soldaten einer Einsatzarmee eine nicht minder wichtige Aufgabe.
Aber nicht nur die Bundeswehr hat sich verändert und verändert sich. Entscheidender und folgenreicher ist der Wandel in Staat und Gesellschaft. Die Situation der Jahre nach dem zweiten Weltkrieg, des Wiederaufbaus des zerstörten Deutschland und der Gründung des doch ganz neuen demokratischen Staatswesen "BRD" ist mit der des vereinigten Deutschland von 2006 kaum noch zu vergleichen.
Es nützt wenig nostalgisch zurückzuschauen, denn auch die Akteure von damals hatten ihre Probleme und der Aufbau der Militärseelsorge ging ja auch nicht ganz so einfach vonstatten, wie ein Blick in das Archiv zeigt.

Wie ich eingangs schon gesagt habe, haben sich die Grundstrukturen der Militärseelsorge bis heute bewährt. Der damalige Ansatz von einem Militärpfarrer für jeweils 1500 Soldaten würde auch heute noch genügen, wenn sich die konfessionelle Landschaft und die Kirchenzugehörigkeit der Soldaten nicht so entscheidend verändert hätten. Was damals selbstverständlich war, dass ein Soldat konfessionell gebunden ist, ist heute eben nicht mehr so. Die Soldaten und - jetzt auch - Soldatinnen haben aber unabhängig davon, ob sie nun zu einer Kirche gehören oder nicht, ihre Fragen und Probleme; sie haben, um es etwas locker zu sagen, ihre religiösen Bedürfnisse; Fragen nach Sinn und Unsinn ihres Dienstes und ihres Lebens treiben auch sie um.

Das verändert das Aufgabenfeld des Militärseelsorgers. War in den Anfangsjahren der Militärseelsorge die Spendung der Sakramente, die Feier der Eucharistie der quantitative und qualitative Schwerpunkt der Arbeit, so sind es heute Gespräche, Besinnungstage, (Werkwochen, Rüstzeiten) Lebenshilfe im weitesten Sinn des Wortes.

In unserer katholischen Militärseelsorge lässt sich das am Phänomen der Wallfahrten - wieder im weitesten Sinn des Wortes - festmachen. Soldatinnen und Soldaten, Familien machen sich auf den Weg zu Fuß, auf Fahrrädern, mit dem Motorrad, in Omnibus und Eisenbahn, in Flugzeug oder auch Paddelboot zusammen mit ihrem Seelsorger, der sie an ein Ziel, ob das nun ein wirklicher Wallfahrtsort oder auch "nur" ein Berggipfel ist, begleitet. Der Militärseelsorger ist für die Soldaten nicht mehr der Sakramente-Spender schlechthin, sondern der Begleiter, der den Weg kennt, der um das Ziel weiß und - der vor allem immer da ist, dabei ist. "Wir brauchen unseren Pfarrer", sagen die Soldaten.

Verdichtet wird diese Erfahrung von Seelsorge für die Soldaten in den Zeiten des Einsatzes. Der Pfarrer ist dort wie sie im Lager, ständig verfügbar und optisch zunächst nicht von ihnen selbst zu unterscheiden. Er ist einer von ihnen, der ihr Leben mit seinen schönen und weniger schönen Seiten teilt; er ist einer, der weiß, von was sie reden und von was er redet.

Das birgt Möglichkeiten und natürlich auch Gefahren. Gerade für uns als katholische Priester ist selbstverständlich, die Feier der Eucharistie in den Mittelpunkt unseres Lebens zu stellen. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Spiritualität. In der Situation des Einsatzes ist das so einfach nicht immer möglich und vielfach geht dann auch die gläubige Gemeinde ab.

So hat sich auch die Militärseelsorge heute in einer durch und durch säkularen Gesellschaft ihren Platz zu suchen. Sie darf die Ergebnisse der empirischen Sozialforschung, wie sie uns etwa in der "Sinus-Milieu-Studio" vorliegen, nicht außer Acht lassen ohne sie zu verabsolutieren. Es ist durchaus von Bedeutung, was die Menschen von uns, der Kirche unter den Soldaten, erwarten.

Traditionsverwurzelte, moderne Performer und Hedonisten haben ihre Erwartungen an die Kirche oder sie sind schon so weit weg, dass sie Kirche gar nicht mehr oder nur noch als Störfaktor erleben.
Als Kirche unter den Soldaten, als Kirche unter den Menschen hat sich die Militärseelsorge von Anfang an verstanden. Dass wir das unter optimalen Umständen tun können, haben unsere Vorgänger staatlicherseits wie kirchlicherseits vor 50 Jahren geschaffen.

Wenn wir jetzt zwei Zeitzeugen hören werden, so soll das keine umfassende Darstellung der Militärseelsorge sein, sondern die zwei Seiten zur Sprache bringen, wie sie - beide in hoher Verantwortung stehend - Militärseelsorge erfahren und gestaltet haben: Der Soldat, General a.D. Dieter Clauß und der Militärgeneralvikar a.D. Dr. Ernst Niermann. Wir dürfen gespannt sein.

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Weitere Bilder
Die Gäste der Katholischen Militärseelsorge beim Festakt
Ministerialdirektor Dr. Dieter Weingärtner (links) im Gespräch mit Militärgeneralvikar Walter Wakenhut (rechts)
Pontifikalgottesdienst in der Krypta des Benediktinerklosters
Gottesdienstteilnehmer beim Pontifikalamt
Abt Benedikt vom Kloster Maria Laach
Die Gäste beim festlichen Abendessen
Militärdekan Monsignore Carl Ursprung mit seinen ehemaligen Mitarbeitern
General a. D. Dieter Clauß (links), Militärgeneralvikar Walter Wakenhut (mitte) und Militärgeneralvikar a. D. Dr. Ernst Niermann (rechts)
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