"Das solltest du mal miterleben"

50 Jahre Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes

Militärbischof Dr. Walter Mixa bei der 49. Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes 2007
Berlin, Mai 2008. Ende Mai feiert die Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes ihr 50. Jubiläum. Rund 15.000 Militärs aus über 30 Ländern nehmen jährlich daran teil, darunter etwa 1.000 Bundeswehrsoldaten. Militärbischof Walter Mixa sprach in Berlin mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) über die Truppe auf dem Pilgerpfad.

KNA: Herr Bischof, Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte über die Soldatenwallfahrt nach Lourdes, so eine Völkerverständigung wie dort, habe er nirgendwo sonst erlebt. Was macht das Besondere aus?

Mixa: Wir dürfen nicht vergessen: Die katholische Kirche ist der älteste Global Player der Welt. Es gibt keine Unterschiede der Rassen und Kulturen, sondern es gibt das ausschließliche Bekenntnis zum dreifaltigen Gott. Das führt Soldaten aus der ganzen Welt zusammen. Und die Soldatenwallfahrt in Lourdes ist wirklich ein einzigartiges Spiegelbild einer um Frieden betenden und sich für Frieden einsetzenden Vielvölkergemeinschaft.

KNA: Wie ist es um die Teilnehmerzahlen bestellt?

Mixa: Da hängt ganz entscheidend mit den Auslandseinsätzen zusammen, die es seit 1993 gibt. Dadurch sind die Zahlen zurückgegangen, da viele Soldaten im Einsatz sind und somit nicht mit nach Lourdes fahren können. Dennoch ist das Interesse hoch.
Es kam auch schon vor, dass Soldaten direkt aus den Einsatzgebieten nach Lourdes geflogen sind. Jetzt im Jubiläumsjahr werden knapp tausend Bundeswehrsoldaten an der Wallfahrt teilnehmen.

KNA: Haben die Auslandseinsätze Einfluss auf das Bedürfnis der Soldaten nach Spiritualität?

Mixa: Ja, da gibt es zweifellos eine verstärkte Nachfrage nach geistlicher Begleitung. Das zeigt sich auch daran, dass viele Nicht-Katholiken und sogar zahlreiche ungetaufte Soldaten an unserer Wallfahrt nach Lourdes teilnehmen. Vielen stellt sich im Auslandseinsatz, wo Tod und Sterben sehr präsente Themen sind, plötzlich ganz intensiv die Frage nach dem Sinn des Lebens und des soldatischen Einsatzes. Und die Frage nach Frieden und Gerechtigkeit.

KNA: Mit welchen Erwartungen kommen die Soldaten nach Lourdes?

Mixa: Unterschiedlich. Katholisch geprägte Soldaten machen diese Wallfahrt mit, um quasi Position zu beziehen und den eigenen Standpunkt zu überprüfen. Sie nutzen die Gelegenheit für religiöse Anregungen, um sich einmal zu fragen, wie ist meine Beziehung zu Gott, zu den Menschen. Das tun sicher nicht wenige Soldaten. Eine andere Gruppe fährt mit, weil Kameraden sagen:
'Das solltest du mal miterlebt haben - das ist spannend und anregend'. Viele sagen dann: 'Na gut, schauen wir mal." Und häufig spricht sie die gemeinschaftliche Religiosität, die sie dort erleben, mehr an, als sie vorher gedacht hätten.

KNA: Aber es geht auch sonst nie so feucht-fröhlich in Lourdes zu wie bei der internationalen Soldatenwallfahrt.

Mixa: Das ist bis zu einem gewissen Grad verständlich und soll auch nicht schön geredet werden. Aber ich habe noch nie erlebt, dass es da zu Auswüchsen gekommen ist. Traditionell gibt es bei unserer Soldatenwallfahrt ein Abschlusskonzert - und danach ist es für mich als Militärbischof Ehrensache, den Soldaten Freibier zu spendieren. Das ist immer sehr gesellig. Aber ich bekomme schon auch sehr ernste Gespräche mit. Da geht es nicht nur um Kleinigkeiten.

KNA: Was bewegt die Soldaten denn?

Mixa: Es wird - und das sage ich mit Respekt - über Gott und die Welt gesprochen. Da geht es um den Sinn und Wert menschlichen Lebens. Um Krieg und Frieden. Die Soldaten stehen ja im Einsatz dem Tod näher als jede andere Zivilperson. Da kommt die Frage nach Gott auf, nach Kirche. Ob die Kirche sich genug in der Gesellschaft für den Frieden engagiert, ob sie Lebenshilfe ist.
Nicht zuletzt sind Ehe, Scheidung und Freundschaft immer wieder relevante Themen.

KNA: Was war für Sie als Militärbischof in Lourdes das größte Aha-Erlebnis?

Mixa: Zwei junge Soldaten des Wachbataillons Berlin sprachen mich an, um ein Foto mit mir zu schießen. Und die sagten ganz
unmissverständlich: 'Wissen Sie Herr Bischof, wir sind gar nicht katholisch, wir sind auch nicht evangelisch, wir sind nichts.'
Als ich sie fragte, warum sie denn dann ausgerechnet ins vollkommen katholische Lourdes führen, antworteten sie
unbefangen: 'Wir waren noch nie in Südfrankreich.' Aber dann erzählten sie auch, die erlebte Kameradschaft, die Gottesdienste, die Gebete mit den anderen Soldaten an der Grotte - das alles gebe ihnen zu denken, und sie führen mit anderen Gedanken weg als sie hergekommen seien.

Interview: Karin Wollschläger (KNA)

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