Tag der Militärseelsorge auf dem Katholikentag

Podiumsdiskussion der "aktion kaserne" zur Ethikausbildung

Osnabrück, 23.08.2008. In einem voll besetzten Veranstaltungszelt innerhalb des Jugendzentrums auf dem 97. Deutschen Katholikentag in Osnabrück führte die aktion kaserne (ak), eine Initiative katholischer Jugendverbände im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), am Freitag, 23. Mai 2008, eine viel beachtete Diskussionsveranstaltung durch. Ihr Thema: "Die Bundeswehr - Eine Armee im Einsatz. Chancen und Risiken staatlich verordneter Ethikausbildung".

Unterstützt wurde dieses Podium innerhalb des Katholikentags-Bereiches "Wofür lebe ich?" sowohl von der Katholischen Militärseelsorge als auch von der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) und dem BDKJ-Bundesvorstand. Nach der Begrüßung durch den Sprecher der ak, Matthias Wirth, übernahm ak-Geschäftsführer Stefan Dengel die Gesprächsleitung.

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, begrüßte die "lieben uniformierten und nicht-uniformierten Schwestern und Brüder" als Zuhörer auf dem Gelände der Domschule und betonte, dass er bewusst als (evangelischer) Christ in die Politik gegangen sei. Er stellte klar, dass die ca. 6.000 Eingaben, die sein Amt pro Jahr von Bundeswehr-Angehörigen erhalte, nicht den Zustand der Truppe insgesamt spiegelten. Dass in Einzelfällen die Ethikausbildung offenbar versagt habe, ändere nichts daran, dass die Rahmenbedingungen der Wertevermittlung beispielhaft seien. Damit dies so bleibe, dürfe zum Beispiel der Lebenskundliche Unterricht (LKU), wie er von Katholischen und Evangelischen Militärseelsorgern erteilt werde, nicht zugunsten anderer Ausbildung reduziert werden.
Militärgeneralvikar Prälat Walter Wakenhut vom Katholischen Militärbischofsamt in Berlin stellte fest: "Der Wertewandel ist eine Tatsache." Daher bleibe die Innere Führung für die Bundeswehr eine zentrale Aufgabe, innerhalb der der LKU auf Wunsch der Streitkräfte von Militärseelsorgern durchgeführt werde, zumal es bisher kein spezielles Fach Ethik gebe.

Generalmajor Bentler, Kommandeur der 10. Panzerdivision Sigmaringen mit vielfältigen Erfahrungen in der Ausbildung von Soldaten und bei Auslandseinsätzen, sah sich "nicht nur für Rechtfertigung tatsächlicher Missstände zuständig", sondern auch dafür, von den großen Erfolgen dieser Einsätze zu berichten. Zunehmend fragten Soldaten angesichts der Grenzsituationen und schwierigen Bedingungen dort allerdings nach dem Sinn ihrer Aufgaben, denn "Bundeswehr-Soldaten streben nach dem Frieden". Daher forderte er einen "moralischen Kompass" sowie "Mut zur Erziehung und zur Wertevermittlung" innerhalb der Streitkräfte.

Schließlich kam auch Dr. Eberhard Schockenhoff, Professor für Moraltheologie in Freiburg, zu Wort. Er stellte heraus, dass es ethische Probleme überall gebe - z. B. auch in Kirche und Wirtschaft. Allerdings müssten besonders Soldaten wissen, was ihr Auftrag ist und warum sie wo eingesetzt werden. Ihm sei wichtig, dass grundlegende Normen des Völkerrechts auch weiterhin sogar in Kriegszeiten gelten. Als hilfreich in der Vorbereitung von Soldaten auf mögliche Einsatz-Szenarien und unausweichliche Entscheidungen unter Zeitdruck benannte er die Dilemmata-Methode, die aber nur im Zusammenhang mit ethischer Bildung als Querschnittaufgabe, als Gemeinschaftsaufgabe von Offizieren und Mannschaften, funktionieren könne.

Im weiteren Verlauf der Diskussion unterstrich der Wehrbeauftragte, dass jedoch nicht immer genug Zeit für eine ausreichende Vorbereitung und Einsatzbegleitung vorhanden sei. Zu bedenken sei auch, dass die komplexen Themen der Ethik hohen Aufwand erforderten und vor allem auch eine verständliche Sprache. Professor Schockenhoff bestand darauf, den Soldaten auch Selbstbewusstsein zu vermitteln und das Gefühl, dass die Gesellschaft, die sie schließlich für die Einsätze beauftrage, hinter ihnen stehe. Militärgeneralvikar Wakenhut berichtete aus seiner Erfahrung, dass immer häufiger junge Soldaten in der Bundeswehr erstmals mit Pfarrern und Seelsorgern (als Ethikausbilder) in Kontakt kämen. Dann zeige sich aber, dass Militärseelsorger nirgendwo so gefragt seien wie im Einsatz.

Abschließend wünschte sich Reinhold Robbe für die Zukunft viele Diskussionen dieser Art inner- und außerhalb der Bundeswehr, damit mancher Widerspruch zwischen "Sonntagsreden" und der Praxis aufgehoben werde. Gerade für Vorgesetzte und Ausbilder, aber auch für Politiker gelte: "Sagen was man tut - tun was man sagt." In diesem Sinne wünschte Diskussionsleiter Stefan Dengel dort im Jugendzentrum und auf dem Katholikentag gute Gespräche zwischen den Beteiligten und Interessierten vor allem mit Jugendlichen und dem BDKJ.

Jörg Volpers

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