Militärseelsorge fördert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Eine Kindergartengruppe für das Bundeswehr-Zentralkrankenhaus: Rück- und Ausblick auf das "Modell Koblenz"

Die Koblenzer Kinder und Erzieherinnen vermitteln ihren Gästen einen Eindruck vom Leben in der Kinder-Tagesstätte
In der Teilkonzeption "Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften" werden folgende Ziele definiert:

- Familie und Dienst in den Streitkräften sollen nicht als Gegensatz-Paar gesehen, sondern als sich ergänzende Einheit und Motivationsfaktor begriffen werden.

- Den besonderen Belastungen durch die Einsätze und den hohen Anforderungen des täglichen Dienstes soll Rechnung getragen werden.

- Den zivilen Standards vergleichbare Angebote sollen für Soldatinnen und Soldaten entwickelt werden.

- Berechtigte Erwartungen der Soldatinnen und Soldaten sowie ihrer Familien sollen berücksichtigt werden.

- Einrichtungen in Trägerschaft außerhalb der Bundeswehr sollen genutzt werden.

In der Teilkonzeption wird weiterhin der gesellschaftliche Wandel beschrieben, der in Zukunft zu einem Wettbewerb um die besten Köpfe führen wird. Auch die Streitkräfte müssen sich diesem Wettbewerb stellen und für junge Menschen attraktiver werden. Ein Aspekt dabei ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Dienst.

Ein Projekt, das den genannten Zielen dient, ist die Kindergartengruppe des Bundeswehr-Zentralkrankenhauses (BwZK) in Koblenz-Metternich. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Thomas Kossendey, und der Katholische Leitende Militärdekan Rainer Schnettker, als Vertreter des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr, haben im Sommer 2008 gemeinsam mit Vertretern der Stadt Koblenz und der Bundeswehr diese Kindergartengruppe eröffnet. Gastgeber war Pfarrer Thomas Hüsch als Repräsentant des Trägervereins St. Johannes.

Staatssekretär Thomas Kossendey bei der feierlichen Eröffnung umgeben von Vertretern der Politik, dem gastgebenden Ortspfarrer und hohen Militärs
Bis zur Eröffnung war es jedoch ein langer und steiniger Weg, weiß Pfarrer Eberhard Gambietz, der Militärseelsorger des Bundeswehrzentralkrankenhauses: "Bei dem Projekt gab es einige Klippen zu umschiffen. Am Ende zählt aber das Ergebnis." Es ist eben nicht ganz einfach in einer föderalen Struktur zum Ziel zu kommen. Jahre dauerte der Kampf von Frau Angela Egenolf, der Gleichstellungsbeauftragten im BwZK, und Stabshauptmann Bernhard Dostert für eine Kindergartengruppe, die den Wünschen und Bedürfnissen der Beschäftigten des BwZK gerecht wurde. Oft sahen sie das Scheitern ihres Kampfes vor sich. Selbst als der Kindergarten St. Johannes in Metternich Bereitschaft signalisierte, eine Kindergartengruppe mit entsprechenden Öffnungszeiten einzurichten, die Stadt Koblenz bereit war, das Projekt mitzutragen und die Diözese Trier die Einwilligung dazu gab, scheiterte es am Nein des BMVg, weil es für diesen Bereich keinen Haushaltstitel gab.

Im Folgenden sind einige Punkte aufgeführt, um die Komplexität eines solchen Vorhabens zu unterstreichen:

- Die Kindertagesbetreuung wird in Deutschland durch die Paragrafen 22-26 Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) geregelt. Ausgestaltet werden die Vorgaben auf Länderebene.

- Seit 1996 gibt es in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Einschulung. Für jüngere und ältere Kinder sollen bedarfsgerecht Plätze vorgehalten werden. Einige Bundesländer haben landesrechtlich einen weitergehenden Rechtsanspruch bestimmt.

- Unterhalten werden Kindergärten in Deutschland durch freie Träger oder von den Kommunen. Freie Träger sind vor allem kirchliche Träger, Institutionen der Freien Wohlfahrtspflege, Vereine und Elterninitiativen oder privatwirtschaftliche Träger.

- Kindergartenbedarfspläne erstellen die Landkreise und kreisfreien Städte.

- Einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben 2-jährige Kinder ab dem Jahr 2010.

Neben der Militärischen Gleichstellungsbeauftragten beim BMVg, Hauptbootsmann Daniela Klante, die Vertreter der Katholischen Militärseelsorge: Militärpfarrer Eberhard Gambietz, Leitender Militärdekan Msgr. Rainer Schnettker sowie der Persönliche Referent des Militärbischofs, Regierungsdirektor Markus Schulte
"In letzter Konsequenz geht es immer um die Finanzierung", sagt Pfarrer Gambietz. Die Eltern waren durchaus bereit, Geld für die Betreuung ihrer Kinder auszugeben, doch ein Kindergartenplatz soll auch für untere Einkommensgruppen erschwinglich bleiben. Die Bundeswehr hat bisher keine Zuschüsse zur Kinderbetreuung bezahlt, dementsprechend schwierig gestalteten sich auch die Verhandlungen. "Allein die Zuständigkeit im Bundesministerium der Verteidigung war schwer auszumachen", erinnert sich Pfarrer Gambietz. Dann schaltete er den Katholischen Militärbischof ein. Schon bald war klar, dass dieser ein offenes Ohr für das Projekt "Kindergartengruppe für das BwZK" hatte. Militärbischof Dr. Walter Mixa gab die Anschubfinanzierung in Höhe von gut 30.000 Euro frei und brachte damit das Projekt auf den Weg. Somit war die Finanzierung für die Jahre 2008 / 2009 war gesichert.

Diese Anschubfinanzierung bewirkte ein Umdenken im Ministerium. Schließlich hat der Minister entschieden, dass das Bundesministerium der Verteidigung ab 2010 Zuschüsse für die Kindergartengruppe bezahlt. "Das ist das erste Mal, dass die Bundeswehr selbst Geld in die Hand nimmt", freute sich der Parlamentarische Staatssekretär Kossendey. Die Bundeswehr hat verstanden, dass die Kinderbetreuung nicht nur ein sozialer Aspekt ist, sondern auch ein Zukunftsaspekt. Denn qualifizierter Nachwuchs lässt sich nur werben, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Dienst organisiert und verbessert wird. Das gilt ganz besonders für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die in Einsätze gehen müssen.

Der Erfolg hat viele Väter! Das trifft vor allem auf das Projekt in Koblenz zu. Der lange Atem von Frau Egenolf, Herrn Stabshauptmann Dostert und Pfarrer Gambietz hat sich gelohnt:

Die 20 Kindergartenplätze sind für die Eltern eine entscheidende Entlastung. Sie können ihre Kinder morgens bereits ab 6:30 Uhr hinbringen. "Das ist für mich einfach optimal", sagt Frau Oberstabsarzt Dr. Maria-Theresia Güsgen, die Ärztin beim Bundeswehr-Zentralkrankenhaus in Koblenz ist. "Ich weiß meinen Sohn Benedikt in guten Händen und kann mich gewissenhaft um meine Patienten kümmern." Bis 17 Uhr kann sie ihren 4-jährigen Sohn dann wieder abholen. Durch die erweiterten Öffnungszeiten bleibt der Ärztin auch am Nachmittag ausreichend Zeit für die Visite. Und für die Zukunft wünscht sie sich, dass es in allen Bundeswehrstandorten ein ähnliches Angebot gibt. Denn bei einer Versetzung muss sie sich nicht nur an die neue Umgebung und den veränderten Arbeitsplatz gewöhnen, sie muss auch die Betreuung der Kinder wieder neu regeln.

Bis dieser Wunsch verwirklicht ist, wird noch viel Zeit vergehen. Ein Anfang ist gemacht, nun geht es darum, den Weg weiter zu beschreiten.

Major Matthias Franke und Pfr. Eberhard Gambietz
Militärpfarrer im Nebenamt am Katholischen Militärpfarramt Koblenz II

Fotos: Bundeswehr / Weidner
Text: Jörg Volpers

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