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Einen angeregten Dialog führten in der Katholischen Akademie in Berlin katholische Wissenschaftler, Friedensethiker und Politiker zum Weißbuch 2006

Dr. Ulrich Schlie, Leiter Planungsstab im BMVg und Prälat Dr. Karl Jüsten, Katholisches Büro, Berlin
Der katholische Militärbischof Dr. Walter Mixa und der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Dr. Reinhard Marx, hatten dazu eingeladen, die im Weißbuch dokumentierten sicherheitspolitischen Positionen im Lichte der katholischen Friedensethik aufzugreifen und zu vertiefen. Generalvikar Prälat Walter Wakenhut begrüßte die sechzig Teilnehmer und führte in den Studientag ein.

Der umfassende Sicherheitsbegriff sei zwischen Politik und kirchlicher Friedensethik nicht kontrovers, sagte Generalvikar Wakenhut. Die vorrangige Aufgabe kirchlicher Stellungnahmen zu sicherheitspolitischen Fragen sei es deshalb, einen diskursfähigen Beitrag zur Klärung der normativen Leitbildnisse in praktischer Absicht zu entwickeln, um politischen Entscheidungen und Handeln Orientierung zu verleihen.

Generalvikar Wakenhut bezeichnete die Konzeption der Inneren Führung als eine für die deutschen Bischöfe unverzichtbare Grundlage der Bundeswehr, deren militärisches Handeln an den Wert des Grundgesetzes binde und die innere Ordnung der Streitkräfte an rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Schutz der Menschenwürde orientiere.

Deshalb hätten die deutschen Bischöfe im November 2005 der Konzeption "Innere Führung" eine eigene Erklärung "Soldaten als Diener des Friedens - Erklärung zur Stellung und Aufgabe der Bundeswehr" gewidmet.

Professor Dr. Thomas Hoppe von der Universität der Bundeswehr Hamburg stellte in seinem Einführungsreferat Anfragen an das Weißbuch aus friedensethischer Perspektive.
Professor Hoppe fordert ein klares Mandat für die Einsätze, eingebunden in eine politische Gesamtkonzeption. Das bestehende Völkerrecht bedürfe auch einer Fortentwicklung und es könne nicht primär um die Absicherung des eigenen Wohlstandes gehen, sondern die Menschenrechte seien in den Vordergrund zu stellen.

Dr. Schlie, Leiter des Planungsstabes im Bundesministerium der Verteidigung, sah keinen Widerspruch zwischen nationalem Interesse und Befriedung des Einsatzlandes. Man dürfe einen Einsatz nicht nur auf humanitäre Aspekte beschränken, so Dr. Schlie.

Als ein "ethisch rundum Sorglos-paket" bezeichnete etwas provozierend Professor Dr. Gerhard Beestermöller vom Institut für Theologie und Frieden in Hamburg das neue Weißbuch. Die Ausführungen des Weißbuches seien unbefriedigend. Die sicherheitspolitischen Probleme würden mehr kaschiert als gelöst.

Von links nach rechts: Dr. Hans-Peter Bartels MdB, Winfried Nachtwei MdB, Brigadegeneral Alois Bach, Klaus Prömpers (ZDF), Generalmajor Alain Danielle, Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven
Ministerialrat Stefan Sohm hielt dem entgegen, dass es nicht der Anspruch des Weißbuches sei, politische Probleme zu lösen. Eine Sicherheitspolitik sei immer getragen vom nationalen Interesse, mit einer Übereinstimmung verfassungs- und völkerrechtlicher Vorgaben. Die Finanzierbarkeit spiele eine große Rolle und natürlich die Sinnhaftigkeit der militärischen Einsätze.

Moderator Klaus Prömpers vom ZDF wies in diesem Zusammenhang auf die immer wieder gestellte Frage des katholischen Militärbischofs Dr. Walter Mixa nach der Legitimation von Auslandseinsätzen durch ein UN-Mandat hin.

Ministerialrat Sohm räumte schließlich ein, dass das humanitäre Völkerrecht, bisher bezogen auf den klassischen zwischenstaatlichen Konflikt, noch weiter ausgebaut werden müsse.

Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, Direktor des Institutes für Theologie und Frieden in Hamburg, forderte ein Konzept der Inneren Führung für Europa.

Generalmajor Alain Daniel, Französischer Verteidigungsattaché, befürwortete diese Stellungnahme. Die Franzosen hätten die gleichen Werte und verfolgten die gleichen Ziele, seien aber weniger dogmatisch.

Der Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei (Grüne), bezeichnete das Anforderungsprofil der Inneren Führung als herausragend. Die Soldaten lernten, wachsam und offen zu sein, gesprächsbereit, respektvoll und eigenständig.

Der Abgeordnete der SPD, Dr. Hans-Peter Bartels, räumte der Inneren Führung zwar eine Sonderposition in Deutschland ein, aber die Bundeswehr sei immer schon eine international ausgerichtete Armee gewesen, zum Beispiel durch die Mitgliedschaft in der NATO.

Brigadegeneral Alois Bach, Kommandeur des Zentrums Innere Führung, Koblenz, deklarierte nochmals die Zielsetzung der Inneren Führung, nämlich die Integration und Legitimation des Staatsbürgers in Uniform.

Zum Abschluss der Veranstaltung forderte Militärgeneralvikar Wakenhut Akademien, Universitäten und gesellschaftlich wichtige Einrichtungen auf, das Weißbuch 2006 zum Anlass zu nehmen, um im Kontext friedensethischer Paradigmen über deutsche sicherheitspolitische Interessen unter veränderten außen- und sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen zu diskutieren.

Marlene Beyel