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Gott und der Dienst als Soldat

General Karl-Heinz Lather, Chef des Stabes im NATO-Hauptquartier SHAPE in Belgien, erhielt am 17. September den Päpstlichen Silvester-Orden.
Gerade Ende August, als ich ein paar Gedanken zu diesem Thema zu Papier zu brachte, erreichte mich die Nachricht, dass die Bundeswehr in der Nähe von Kunduz einen Gefallenen zu beklagen hat - Sprengfalle! Ich bete für ihn und die verwundeten Kameraden, wie ich es immer wieder tue, wenn Amerikaner, Kanadier, Briten, Letten, Polen, Franzosen und andere ihr Leben verlieren. Leider geschieht das in den letzten Monaten zu oft!

Wenn ich gefragt werde, ob ich Gott nur in solchen Situationen brauche, dann ist meine Antwort ein klares Nein. Er und seine Kirche, die Menschen in dieser Kirche, begleiten mich ein Leben lang, nicht nur im Einsatz, vor allem auch in der Familie und im beruflichen Alltag. Das Vertrauen auf seinen Beistand hat mir durch Höhen und Tiefen geholfen. Zugegeben, Gespräche mit Soldaten beziehen sich oft auf Einsatzsituationen, und hier geht es sehr schnell um Existenzielles, wie auch in jenem Moment in Kunduz. Jedoch finden Soldaten, die sich im Glauben an Gott aufgehoben fühlen, dort Sicherheit und Trost, auch in höchster Not.

Als Soldaten müssen wir befehlen und gehorchen. Beides meint: aktiv handeln. Unsere Rechtsordnung, unsere Ausbildung und unsere Bildung, die Auseinandersetzung mit den ethischen Grundwerten unseres Soldatenberufes, geben dabei grundsätzlich Halt und Orientierung. Wir alle kennen aber aus Theorie oder Praxis die Situation, dass auch ins Ungewisse hinein gehandelt werden muss. Ich werde immer um rechtmäßiges Handeln bemüht sein. Begehe ich dabei dennoch Fehler, muss ich gar töten oder befehlen, das zu tun, dann weiß ich mich in der Gnade Gottes geborgen. Meine Schuldgefühle kann ich ihm mitteilen, und ich weiß um das Versprechen seiner Vergebung.

Ich bin davon überzeugt, dass wir Soldaten uns mit unserer christlichen, humanistischen und abendländischen Geschichte sowie mit den sich daraus ergebenden Werten und Normen intensiv auseinandersetzen müssen. Hier hat der Dienstherr eine Bringepflicht; aber ebenso ist der Einzelne verpflichtet, sich zu informieren, seinen Standort zu bestimmen und um Klarheit, Gewissheit und Sicherheit zu ringen, um richtig im Sinne von rechtmäßig und gerecht zu handeln. Dazu muss man zwar nicht unbedingt gläubiger Christ sein, aber meine Erfahrung sagt mir, dass sich christlich geprägte Soldaten öfter, wenngleich leider nicht immer, damit auseinandergesetzt haben. Warum? Sie sehen im Gegenüber den Nächsten! Dieser Nächste verkörpert das Abbild Gottes, also werden sie ihm mit Respekt und Wertschätzung begegnen. Dabei ist es gleichgültig, ob dieser Nächste mein Kamerad, der alliierte Soldat mit gleichem Auftrag, der Taliban oder OMF-Kämpfer, der unbeteiligte Zivilist oder ein afghanischer Polizist ist.

Durch ihr Handeln wirken Soldaten auf andere Menschen. Weil dieses Handeln mit dem Einsatz von Gewalt, Waffengewalt verbunden sein kann, bedarf es einer rechtlichen, ethischen und moralischen Begründung. Das alles wird im Unterricht und in der Praxis gelernt und eingeübt. So entsteht Vertrauen im Wissen um das eigene Können und die Fähigkeiten der Kameraden und Vorgesetzten, ein Vertrauen, das hilft, auch Grenzsituationen sicher bestehen zu können.

Mir als christlich geprägtem Soldat gewährt das Wissen um Gottes Gebote zusätzliche Handlungsfreiheit und -sicherheit. Für den Christen steht Gott über den Menschen und ihrer Welt. Er hat uns diese Welt anvertraut und will, dass wir pfleglich und verantwortlich mit ihr umgehen. Ihm sind wir verantwortlich. Er wird unser Richter sein. Wenn wir also als Soldaten gezwungen sind, Gewalt einzusetzen, dann sollten wir uns auch dessen immer bewusst sein. Als christliche Soldaten dürfen wir im Vertrauen auf diesen Gott verantwortlich handeln und verhalten uns entsprechend – hoffentlich!

Auch diese Hoffnung lege ich gerne auf meinen Gott.

General Karl-Heinz Lather