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Erfahrungen aus dem Einsatz

von Reinhold Robbe

Er spielte bei den Salzburger Festspielen den "Tod" im "Jedermann". In Berlin ist er auf den verschiedensten Theaterbühnen zu sehen. International bekannt wurde er als Bösewicht im James-Bond-Film "Casino Royale". In der Fernseh-Krimiserie "Unschuldig" spielt er eine Hauptrolle. Er heißt Clemens Schick, ist von Beruf Schauspieler, lebt in Berlin und sitzt mir im Frühsommer im Café Einstein gegenüber.

Eine gemeinsame Freundin hatte ihm empfohlen, mich anzusprechen. Clemens Schick hatte angedeutet, dass er etwas für die deutschen Soldatinnen und Soldaten tun wolle, die sich im Auslandseinsatz befinden. Ganz konkret will er von mir wissen, unter welchen Bedingungen die deutschen Soldaten in Afghanistan ihren schweren Dienst versehen müssen. Wie lautet der genaue Auftrag für die Bundeswehrangehörigen? Wie sehen die Feldlager aus? Wie lange dauert der Einsatz? Aber auch diese Frage interessiert den Schauspieler: Welche Möglichkeiten haben die Soldaten, sich ein wenig abzulenken? Und ganz zum Schluss fragte er mich, wie ich es bewerten würde, wenn er sein Ein-Personen-Stück "Windows" in einem deutschen Feldlager aufführen würde.

Die Antwort fiel mir nicht schwer. Aus meiner Sicht wäre das eine tolle Sache, sagte ich ihm. Die Soldaten würden mit Sicherheit dankbar für dieses einmalige Angebot sein. Dann erläuterte ich Clemens Schick die "Bedingungen", die die Bundeswehr an ihn richten würde. Bedingungen, wie den Verzicht auf Gage, keine Übernahme von Sicherheitsrisiken durch die Bundeswehr und auch keine Garantie dafür, dass alles nach Plan ablaufe, weil die Unwägbarkeiten im Einsatzland nicht unterschätzt werden dürften. Aber auch andere Fragen sind dem Schauspieler wichtig. Besteht die Möglichkeit, mit den Soldaten zu sprechen, nach der Aufführung des Stückes mit ihnen zu diskutieren?

Wenige Wochen später sitzt Clemens Schick im Luftwaffen-Airbus. Er ist auf dem Weg nach Afghanistan und wird sein Solostück in Kunduz, Kabul und Mazar-e-Sharif aufführen. Es werden für ihn vier Tage, die er nicht so schnell vergessen wird. Für ihn öffnet sich eine neue Welt. Die Soldaten honorieren seine Bereitschaft, diese Belastungen auf sich zu nehmen, mit viel Beifall und Anerkennung. Clemens Schick lernt den Truppenalltag kennen - mit allen Facetten bis hin zum plötzlichen Raketenalarm, der eine Verlegung der Aufführung in den Bunker notwendig macht.

Nach der Afghanistan-Reise treffe ich ihn erneut. Er schildert mir bewegt seine Eindrücke, zeigt Bilder und Videos. Berichtet mir von den Begegnungen mit zahlreichen Soldaten. Von vielen Gesprächen. Besonders beeindruckt hat ihn, wie offen die Soldaten über ihre Befindlichkeiten, Zweifel und Ängste mit ihm sprachen. Und positiv überrascht ist Clemens Schick von den Reaktionen seiner uniformierten Zuschauer. Die Soldaten seien unglaublich direkt und spontan gewesen. Auch hätte er gespürt, wie wichtig es für sie gewesen sei, einmal vom Soldatenalltag abgelenkt zu werden, der auch mit Verzicht auf Heimat und Familie und der Allgegenwart von Verwundung und Tod zu tun hat. Für den Künstler war diese Reise eine wichtige Erfahrung, die er trotz der enormen Belastungen nicht missen möchte. Die Reise hat bei ihm Spuren hinterlassen.