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Grenzen sind nicht grundsätzlich schlecht - oder?

Zum 20. Jahrestag des „Berliner Mauerfalls“ auf dem Monte Cristo Rey

Ökumenischer Berggottesdienst
Fotos (2): © Manfred Knöpfle
Grenzenlos schienen die Weiten um den „Christkönigsberg“ bei El Paso, als sich in den Morgenstunden des 8. November über hundert Mitglieder der deutschen Militärgemeinden von Fort Bliss unter dem Kreuz auf dem Gipfel des Berges versammelten, um den mittlerweile traditionellen ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Rodolfo Garcia vom Mt. Cristo Restoration Committee nannte den Monte Cristo Rey einen „Zeitzeugen der Geschichte des Südwestens der Vereinigten Staaten von Nordamerika“. Der Berg habe im Verlaufe der Geschichte Azteken und den spanischen Eroberer Don Juan de Onante mit seinen Leuten vorbeiziehen sehen. Er musste die Auseinandersetzungen der Apachen, die Kämpfe des mexikanischen Revolutionärs PanchoVilla mit ansehen und es bleibt ihm nicht erspart, auch heute in dem Grenzgebiet die Einsätze der Border Patrol gegen die illegalen Grenzübergänger mit ansehen zu müssen.

Grenzen, Mauern, Zäune trennen Menschen

Der „rote Faden“ des Gottesdienstes waren der Fall der Berliner Mauer vor 20 Jahren und die Öffnung der Grenzen in Europa. Die von Oberleutnant Mario Frese vorgetragene Lesung aus dem Buch Jesaja sieht Jerusalem als Mittelpunkt des messianischen Reiches, spricht vom Berg des Herrn, der alle Hügel überragt und zu dem alle Völker strömen, wo man erst danach, am Ende der Zeiten, Schwerter zu Pflugscharen schmieden kann. Auch an diesem Morgen befand man sich auf einem Berg im Grenzgebiet der Länder Mexiko und USA und der Grenzen der Staaten von Texas und Neu Mexiko.

Zunächst wollte das vom evangelischen Standortpfarrer Friedrich Rieke vorgetragene Evangelium aus Matthäus von der Huldigung der Sterndeuter nicht in diesen roten Faden passen. Der katholische Militärpfarrer Pater Simeon führte aus, dass Grenzen ja grundsätzlich auch nicht immer nur schlecht seien.

Sind Grenzen erforderlich?

Er kam auf die am Fuß des Berges liegende Grenze zu sprechen. „Grundsätzlich brauchen wir auch Grenzen im Zusammenleben der Völker, damit nicht die ganze Welt letztlich ins Chaos stürzt“, sagte Pater Simeon. Er resümierte: „Grenzen sind immer dann schlecht, wenn sie Menschen unfrei machen, wenn sie Menschen einengen, wenn sie Menschen voneinander trennen. Ich denke aber, immer wieder gelingt es, solche Grenzen auch zu überwinden, wie wir das in Deutschland vor 20 Jahren geschafft haben, vor allem durch die Menschen in Ostdeutschland, wo wir dann vor 19 Jahren die Vereinigung der beiden Staaten auf deutschem Gebiet feiern konnten.“

„Aber keine Angst“, sagte Pater Simeon, „die Soldaten werden, leider Gottes, wohl lange noch nicht arbeitslos. Aber seien wir dankbar wenigstens für einige überwundene Grenzen und lernen wir ganz persönlich, ein jeder von uns, mit dieser neuen Freiheit verantwortungsbewusst umzugehen.“ Nach einer deftigen Brotzeit unter dem Kreuz kamen alle wieder wohlbehalten am Fuß des Berges an. Es war ein beeindruckendes Erlebnis, sagte Karin Cornwell, die schon seit 17 Jahren in El Paso lebt, aber erstmalig vom 1.400m hohen Monte Cristo Rey das Grenzgebiet betrachten konnte.

Engelbert Morawietz