Rabbinerkonferenz im Haus des Militärbischofs

Rabbiner Prof. Moshe Zemer, Tel Aviv
Vom 19. bis zum 21. Mai 2004 fand aus Anlaß des 800. Todestages von Moses Maimonides eine Konferenz zum Thema „Learn with the Rabbis: Rambam remembered, or Maimonides Meaning for Modern Jews“ im Haus der Katholischen Militärbischofs in Berlin statt. Veranstalter war das Abraham-Geiger-Kolleg, Potsdam, eine Ausbildungsstätte für Rabbiner in Europa. Moses Maimonides ("Rambam") (geb. 1135 in Cordoba; gest. 1204 in Fostat/Altkairo) ist der bedeutendste jüdische Halachist (d.h. Kodifikator und Kommentator von Gesetzen) und Philosoph des Mittelalters. Zu seinen Hauptwerken gehört die Mischne Tora (1180), die den Beginn von halachischen Handbüchern für die Gemeinden markierte und bis heute studiert wird, sowie sein philosophisches Hauptwerk "More Newuchim" (Führer der Verwirrten, ca. 1190), in dem er die Wissenschaft und Kultur seiner Zeit mit der jüdischen Tradition in Einklang zu bringen versuchte.

Militärgeneralvikar Walter Wakenhut (l.), Rabbiner Dr. Walter Homolka (r.)
In seinem Kommentar zur Mischna (1168) entwarf er 13 Grundartikel des Judentums, die bis heute in jedem Gebetbuch zu finden sind. In der Mischne Tora entwarf Maimonides unter anderem eine tolerante Sicht des Judentums anderen Religionen gegenüber, die heute von Juden, die sich im interreligiösen Dialog engagieren, als Modell gesehen wird. Seine Darlegungen, wann Juden Kriege führen dürfen oder sollen bzw. warum es verboten ist, sind heute wieder neu aktuell. Er plädierte dafür, das Hauptgebet (die Amida), nicht zu wiederholen, da dadurch die Konzentration geschwächt wird – das liberale Judentum im 19. Jh. griff dies wieder auf. Als Arzt, der er hauptberuflich war, führte er Alternativen zur hippokratischen Medizin ein, indem er auf die enge Verbindung von Körper und Seele hinwies. Maimonides war offen für den Aristotelismus, der in seiner Zeit die islamische Kultur prägte, er war aufgeschlossen für neue wissenschaftliche Erkenntnisse, Denkweisen und Bräuche seiner Umwelt; dies kommt vor allem in seinem philosophischen Hauptwerk zum Ausdruck. Als traditioneller Jude, der Tradition und zeitgenössische Kultur in einer Person verband, wurde Maimonides zum Modell für Moses Mendelssohn, der den Anfang des modernen liberalen Judentums setzte. Als Jugendlicher hatte Mendelssohn die Schriften Maimonides entdeckt und studiert (er selbst führte in einem Brief einmal seinen Buckel auf das zu viele Studieren von Maimonides im kindlichen Alter zurück) und machte sich Maimonides Programm der Verbindung von Judentum und allgemeiner gesellschaftlicher Kultur und Wissenschaft zu eigen. Heute verbinden die Schriften von Maimonides traditionelles und liberales Judentum, denn seine Mischne Tora gehört zum traditionellen Lernstoff der Orthodoxie und sind zugleich die die Wurzeln etlicher Vorstellungen des liberalen Judentums.

An der Konferenz, die von Rabbiner Dr. Walter Homolka vom Geiger-Kolleg moderiert wurde, nahmen 20 Rabbiner aus England, den Niederlanden, Deutschland, Polen, Rußland, der Ukraine, aus Süd-Afrika und Israel, Rabbinerstudenten des Leo BaeckCollege in Großbritannien und des Abraham Geiger Kollegs sowie theologisch Interessierte und Jorurnalisten teil. Militärgeneralvikar Prälat Walter Wakenhut begrüßte die jüdischen Gäste im Haus des Katholischen Militärbischofs am Berliner Weidendamm; das Haus erweise sich so erneut als eine Stätte des Dialogs und der Begegnung.

Text: Annette Böckler
Fotos: Abraham-Geiger-Kolleg

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