Probleme der Fern-Beziehungen

Informationsveranstaltung beim Jagdbombergeschwader 32

Lagerlechfeld - Am 26. Mai kam der Diplom Theologe Peter Wendl vom Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt auf Einladung des Kommodore, Oberst Bernhard Martin, und des katholischen Standortpfarrers Landsberg, Militärpfarrer Frank Schneider, ins Offizierheim Schwabstadl. Zu den Teilnehmenden gehörten auch Vertreter der evangelischen Militärseelsorge sowie eine Flugpsychologin aus Fürstenfeldbruck, die den Standort Lechfeld mitbetreut. Der Teilnehmerkreis setzte sich neben den Genannten aus Kommandeuren, Chefs, Kompaniefeldwebeln und anderen interessierten Soldaten zusammen.

Der Referent war gebeten worden, auf die unterschiedlichen Auswirkungen des Einsatz-Dienstbetriebes der Soldaten des Jagdbombergeschwaders 32 ECR und Auswirkungen der sogenannten Wochenendbeziehungen im Alltagsdienstbetrieb auf die Familien- bzw. Partnersituation einzugehen.

Wendl eröffnete mit allgemeinen Erkenntnissen, die die Erforschung von Paarbeziehungen in letzter Zeit zu Tage gefördert haben. So gäbe es eine interessante Entwicklung, die zeige, dass es zu bis zu 4% aller Scheidungen bei Ehen von 25jähriger und längerer Dauer käme, sowie die Trennung bei Paaren, die ein Jahr verheiratet seien, im Steigen begriffen sei. Als Gründe dafür machte der Referent unter anderem aus, dass das Tabu der Trennung nahezu verschwunden sei. Bei den erst einjährig Verheirateten müsse man berücksichtigen, dass diese in der Regel schon vor der Heirat einige Jahre zusammengelebt hätten. Außerdem sei die veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft maßgeblich beim Zusammenkommen, der Gestaltung und dem Auseinandergehen von Paarbeziehungen. Als Bonmot ließ der Referent die Frage beantworten, seit wie vielen Jahren die Frau den Mann nicht mehr fragen müsse, ob sie berufstätig sein dürfe; - niemand kam darauf, dass dies gesetzlich erst seit 1976 so festgeschrieben wurde. Frauen seien durch die Berufstätigkeit unabhängiger geworden, so Wendl, was auch durch die vielfältigen Möglichkeiten staatlicher Absicherung beeinflusst würde. Beim Scheitern länger Verheirateter käme als Grund das steigende Lebensalter hinzu, ergänzte Wendl. Auf den Punkt gebracht bedeute dies im ungünstigsten Fall: „die Langeweile hält länger an“, der Wechsel ist „vorprogrammiert“.

Nach dem mosaikartig begonnenen Gemälde der gegenwärtigen Situation von Paarbeziehungen stellte Wendl die Frage in den Raum, was eine gelingende Partnerschaft ausmache. Symptomatisch für alle Gruppenveranstaltungen wurde auch hier vieles genannt, nur nicht die Stichworte „Liebe“ und „Sexualität“. Wendl begründete dies mit dem tabuisierten Umgang mit Liebe und Sexualität, was übrigens auch im Zusammenhang mit dem Tabuthema „Tod“ zu sehen sei. Liebe und Sexualität gehörten aber ganz selbstverständlich zu den zwei weiteren tragenden Säulen einer gelingenden Partnerschaft, der „Geborgenheit“ und der „Kommunikation“.

Gefragt nach den Problemen einer Wochenend- bzw. Fernbeziehung, verursacht durch Trennung von Wohn- und Dienstort sowie durch den Auslandseinsatz, erahnten die Teilnehmenden nun sehr rasch, dass es genau die Tabuthemen seien, die verstärkt Belastungen hervorrufen und in Verbindung mit einer schlecht entwickelten oder nur spärlich vorhandenen Kommunikation sich noch verschärften.

Nun war vom Referenten die Grundlage geschaffen für die Frage: Wie gehen Paare mit diesen Belastungen um? Bei der Beantwortung dieser Frage zeigte der Referent, dass er das Tabuthema Sterben nicht ohne Grund mit angesprochen hatte. Denn anhand der Erforschung des Umgangs mit Sterben und Tod konnte Wendl überzeugend darlegen, dass es sich in der Paarbeziehung ähnlich verhalte: Zunächst könne oder wolle man Probleme der berufsbedingten Trennung vom Partner nicht wahr haben, was dann zu inneren wie auch nach außen gekehrten Aggressionen sowie Depressionen führen könne. Eine Kehrtwende bahne sich an, wo mit der neuen Situation innerlich „verhandelt“ würde, was einen Weg eröffne, sich mit der veränderten Situation „anzufreunden“, sich zu arrangieren und zu solidarisieren.

Dass daher auf die gelingende Kommunikation zwischen den Partnern ein besonderes Augenmerk gelegt werden muss, ergab sich aus dem geschilderten inneren Weg bei den Partnern wie von selbst. Wenn die Zuhörer dann noch mehr oder weniger staunend zur Kenntnis nahmen, dass Mann und Frau „anders ticken“, wie Wendl pointiert formulierte, war spätestens jetzt die enorme Bedeutung der Kommunikation jedem klar. Diese reifte beispielsweise an der Erkenntnis, dass Frauen viel zeitiger etwas als Problem wahrnähmen und darüber sprechen wollten, während Männer darauf in der Regel nicht reagierten oder erst dann, wenn der Gesprächsbedarf bei der Frau bereits erschöpft sei. Dann hälfen auch Engelszungen nichts mehr, gab Wendl zu bedenken. Kein Wunder also, dass angebotene Kommunikationstrainings nach bestätigten Untersuchungen das Trennungsrisiko bei denen, die ein solches Training besucht hätten, minimieren würden, wie Wendl versicherte.

Für die konkrete Situation von Soldatenfamilien gab Wendl zu bedenken, dass die schwierige Zeit erst nach der Rückkehr aus dem Einsatz oder auch aus dem Dienstbetrieb zurück ins Wochenende mit der Familie aufträte. Als hilfreich habe er erlebt, dass Paare sich aufschreiben, was sie an Befürchtungen sowie an Hoffnungen in sich trügen, und dies vor wie nach dem Einsatz geschehen solle. Gerade hier würden Paare bestätigt finden, dass Frauen und Männer anders sind, dass aber nicht diese Erkenntnis das wichtige sei, sondern die Wahrnehmung unterschiedlicher Empfindungen und Gefühle: Nur wer vom anderen weiß, auch seine Wünsche einmal formuliert bekommt, kann auf ihn angemessen und zufriedenstellend eingehen.

Diese praxisnahen Ausführungen Peter Wendls trafen sichtlich an der Aufmerksamkeit der Zuhörer den Nerv. Dies gibt der berechtigten Hoffnung Raum, dass die Zuhörer als Multiplikatoren, aber auch für sich selbst, dieses wichtige Anliegen der Militärseelsorge aufnehmen und weitertragen zum Wohle gelingender Partnerschaft und Familie.

Text: Militärpfarrer Frank Schneider
Fotos: Oberstabsfeldwebel Erich Seitz

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