Passauer Glocke für Soldaten am Hindukusch

Initiative der Truppe - Heikle Mission - Dauerleihgabe

Eine wunderschöne kleine Glocke aus Passau tritt in den nächsten Tagen die weite Reise nach Afghanistan an. Bundeswehr-Soldaten, die am Hindukusch eingesetzt sind, hatten die Initiative ergriffen, eine Glocke zu besorgen, damit ihre Gottesdienste feierlich gestaltet werden können. Auf der Suche nach einer Glocke, die sie als Dauerleihgabe erhalten könnten, wurden sie in der Passauer Glockengießerei Perner fündig.
"Wir hatten im vorigen Jahr eine kleine Glocke für den Versuchsstand gegossen - da habe ich spontan zugesagt", erzählt Rudolf Perner. Die Glocke ist 180 Kilogramm schwer und eignet sich daher ideal für den Transport und einen unkomplizierten Aufbau im fernen Land. "Das ist schon spannend, dass eine Glocke in einem islamischen Land läutet."

Genau deswegen möchte die Katholische Militärseelsorge die Geschichte nicht an die große Glocke hängen. Von seinen Besuchen in Afghanistan weiß Militärgeneralvikar Walter Wakenhut, der aus der Diözese Passau kommt, dass die Muslime äußerst sensibel reagieren, wenn sie irgendwelche Missionstätigkeiten spüren. "Das hörbare Läuten einer Glocke, die zum christlichen Gebet einlädt, kann schon als Provokation verstanden werden", sagt Wakenhut.

Daher vergewisserte sich der Militärgeistliche in Kabul, der Saarländer Hans-Georg Müller, ob es sicherheitspolitische Bedenken gegen das Läuten einer Glocke am Hindukusch geben könnte. Für die 180 Kilogramm schwere Glocke sollte ein zwei Meter hoher Glockenstuhl gebaut werden. Man fand einen Kompromiss: Die Glocke wird nicht im Freien vom Camp. Warehause aufgestellt, sondern in einer Baracke, die den deutschen Soldaten als Kantine und Aufenthaltsraum dient, "Oase" genannt. "Wir verstehen die Glocke als Bindeglied zur Heimat", sagt Carsten Reffgen, Initiator des Projektes "Eine Glocke für Soldaten im Einsatz".

Der Logistiker DHL hat sich bereit erklärt, die Glocke kostenlos von Passau aus nach Militärflughafen nach Köln zu transportieren, von wo aus der gut 200 Kilogramm schwere Paket über den Versorgungsweg der Bundeswehr nach Kabul geflogen werden soll. Bis dahin sollen auch alle Versicherungsfragen rund um die Dauerleihgabe geklärt sein.

Die Bundeswehr hat ihren Einsatz in Afghanistan im Rahmen der ISAF-Truppen. Der Einsatzschwerpunkt soll laut Bundesverteidigungsministerium bis Ende des kommenden Jahres von der Hauptstadt Kabul nach Masar-i-Scharif im Norden des Landes verlegt werden. Von den derzeit rund 1350 Bundeswehrsoldaten sollten bis Ende 2006 nur noch rund 500 in der afghanischen Hauptstadt eingesetzt werden. Insgesamt sind in Afghanistan derzeit 2450 deutsche Soldaten stationiert, 250 von ihnen in Masar-i-Scharif.

Helmuth Rücker
in PNP (Stadt Passau) vom Montag, 02. Januar 2006
http://www. pnp. de/passau-stadt

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