50 Jahre katholische Militärseelsorge - Pressestimmen

Quelle: www.bundeswehr.de
Augsburg, 30.01.2006

"Der Militärseelsorger ist Anlaufstelle für alle Soldaten"

Zum 50. Jahrestag der Katholischen Militärseelsorge ein Gespräch mit Militärbischof Dr. Walter Mixa.
Mit Ängsten und Sorgen geht man zum Pfarrer, sagt er.

Das Gespräch führte Christine Hörstmann

Die Katholische Militärseelsorge feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Mehr als fünf Jahre davon haben Sie als katholischer Militärbischof begleitet. Was bedeutet dieses Jubiläumsdatum für Sie?

Die Militärseelsorge hat sich bewährt. Das kann ich persönlich sagen und auch aus der Erfahrung meiner engsten Mitarbeiter, die seit Jahrzehnten für die Soldaten in der Bundeswehr tätig sind. Allerdings: Es gibt auf dieser Erde nichts Vollkommenes, das wissen wir. Plus und Minus gehören dazu.

Der Rückblick auf ein halbes Jahrhundert katholische Militärseelsorge ist zugleich ein Blick auf viele wichtige Ereignisse, Umbrüche und Entwicklungen. Welche sind für Sie die entscheidenden Wegmarken?

Als entscheidende Wegmarken in diesen 50 Jahren sind zunächst einmal die ersten Jahrzehnte zu betrachten. Sowohl die evangelische Kirche, als auch wir als katholische Kirche, haben versucht, dem Soldaten als Bürger in Uniform Mut zu machen für seinen Dienst. Der Einsatz für den Frieden im eigenen Land war ein großer Verdienst. Dazu zählte auch, die Errungenschaft einer freiheitlichen Demokratie nach außen hin gegen Angreifer verteidigen zu können. In der damaligen Zeit war das vor allem die Gefährdung durch die Sowjetunion und den Warschauer Pakt.
Unsere Soldaten haben hier mit Bereitschaft und einem guten Maß an Selbstdisziplin ihren Auftrag wahrgenommen.

Sie selbst suchen stets den direkten Kontakt zu den Soldaten. Sie waren schon häufig in den Auslandseinsätzen vor Ort. Was sind Ihre prägendsten Erfahrungen?
Die prägendsten Erfahrungen bei den Besuchen waren, dass unsere Soldaten bei der heimischen Bevölkerung dankbar begrüßt werden. Ich habe das in Afghanistan auf einer Fahrt in einem Wiesel durch Kabul und die Umgebung erlebt. Auch ältere Menschen haben unseren Soldaten zugewunken. Die Wertschätzung und Dankbarkeit, dass sie einigermaßen in Frieden eine warme Mahlzeit zu sich nehmen können, war zu spüren. Es wird von der Bevölkerung sehr positiv wahrgenommen, dass wir humanitäre Hilfe leisten, Schulen aufbauen und Hilfsaktionen unterstützen.

Auch in Sarajewo konnte ich diese Hilfe erleben. Früher war Sarajewo eine relativ wohlhabende Stadt. Heute leben rund 47 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Unsere Soldaten versorgen jeden Tag gemeinsam mit dem Franziskaner-Orden bis zu 1.500 hungernde Menschen. Jeder bekommt Brot und eine Speise, die er in einem sauberen Speisesaal zu sich nehmen oder auch mitnehmen kann, um sie mit den Angehörigen zu Hause zu teilen.

Die Auslandseinsätze in Kriegs- und Krisengebieten konfrontieren die Soldaten aber auch mit völlig neuen Situationen. Fremde Kulturen, andere Religionen und auch Leid und Elend lernen sie kennen. Wie kann die Militärseelsorge sie bei der Bewältigung dieser oft belastenden Eindrücke unterstützen?

Das geschieht durch eine sehr qualifizierte Gestaltung der Gottesdienste. In den Predigten werden die Themen Krieg und Frieden, die Erfahrung von Hass und Feindseligkeit direkt aufgenommen. Dabei spenden wir den Soldaten Zuspruch und stärken sie in ihrem Einsatz für die Gerechtigkeit.

Der Militärseelsorger ist zugleich ständige Anlaufstelle für alle Soldaten - unabhängig von deren Konfession oder Glaubensbekenntnis. Der Militärpfarrer ist kein Dienstvorgesetzter. Er ist Vertrauensperson und zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet. Deshalb ist er ein viel gesuchter und qualitätsvoller Gesprächspartner für die Ängste und Sorgen der Soldaten.

Welche Sorgen sind das im Besonderen?

Ganz konkret die, um ihr eigenes Leben. Ein Einsatz ist ja nicht ungefährlich. Es geht aber auch um die Familien, die Verbindung zu Angehörigen und guten Freunden. Werden sie der Zeit des Auslandseinsatzes Stand halten oder werden da Brüche oder Krisen auftreten? Über diese inneren Ängste und Sorgen sprechen die Soldaten vielfach nicht mit den Kameraden. Da gibt es einen gewissen soldatischen Stolz. Mit Ängsten und Sorgen geht man zum Pfarrer.

Wie stellt sich die katholische Militärseelsorge auf die Multinationalität der neuen Einsätze ein? Gibt es eine multinationale Militärseelsorge?

Es gibt schon eine Zusammenarbeit der Militärseelsorgen verschiedener Nationen in der Weise, dass Militärpfarrer Engländern oder Amerikanern mit Gottesdiensten aushelfen und auch umgekehrt. Das geschieht in den Feldlagern wie bei der Flotte.

Der islamische Glaube spielt nicht nur in den Einsatzgebieten eine große Rolle, es treten auch immer mehr andersgläubige Soldaten in die Bundeswehr ein. Wie kann die Militärseelsorge darauf reagieren?

Die Militärseelsorge reagiert da meines Erachtens sehr umsichtig. Unsere Soldaten werden im Rahmen der Inneren Führung und im Lebenskundlichen Unterricht auf den Auslandseinsatz intensiv vorbereitet. Dabei geht es nicht nur darum, wie man verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen hat. Vielmehr sollen die Soldaten die Lebensgewohnheit des dortigen Volkes, dessen religiöse Anschauung und die sich daraus ergebende Kultur kennen lernen.
Dass viele Soldaten in der Bundeswehr islamischen Glaubens oder auch jüdischen Bekenntnisses in der Bundeswehr sind, dass kann man nicht sagen. Es sind verhältnismäßig wenige Soldaten und die Seelsorge geht auf sie rücksichtsvoll und offen zu.

Die Einsätze und der Transformationsprozess insgesamt belasten auch die Familien der Bundeswehrangehörigen. Welche Unterstützung leistet die Militärseelsorge für sie?
Das ist eine sehr schwierige Situation, mit der ich immer wieder konfrontiert werde: Ein Standort galt lange Zeit als sicher, die Familie hat ein kleines Haus und die Kinder gehen dort zur Schule. Ganz unerwartet wird dieser Standort nun geschlossen und verlegt. Inzwischen geben die wenigsten betroffenen Familien ihr Haus auf. Sie bleiben dort wohnen und die Kinder gehen dort weiter zur Schule. Damit entsteht natürlich eine neue Lebenssituation. Wir bezeichnen dies als Leben in Fernbeziehungen.

Das gilt ebenso für die Soldaten im Auslandseinsatz. Da sind wir von der Militärseelsorge ganz stark herausgefordert. Wir bieten regelmäßig Werkwochen und Wochenenden in der Familienseelsorge an und unsere Militärpfarrer sorgen dafür, dass die Soldaten mit zu Hause Kontakt halten können. Das Risiko, dass es in solchen Situationen zu Krisen kommt, ist natürlich größer, als wenn man jeden Abend nach Hause kommt.
Wir unterstützen auch die Mütter, die mit den heranwachsenden Kindern alleine zurecht kommen müssen. Da alles ist eine wichtige Aufgabe der Militärseelsorge.

Zum Schluss ihr persönlicher Ausblick: Welches sind für Sie die wichtigsten anstehenden Aufgaben? Mit welchem Blick in die Zukunft begehen Sie dieses Jubiläum?

Das Wichtigste ist, dass wir mit einer sachkundigen und helfenden Bereitschaft unseren Soldatinnen und Soldaten, unseren Bürgerinnen und Bürgern in Uniform, nahe bleiben. Wohin sie auch gehen, wir werden mitgehen und menschlich sowie geistlich Beistand leisten. Wir müssen zudem die Familienseelsorge weiter stärken. Dazu gehört es auch, bei Todesfällen den Angehörigen Beistand und Hilfe aus der Kraft des Glaubens zu geben. Nicht das Böse, auch nicht das Hasserfüllte und der Tod sind das Letzte und Endgültige, sondern das Zeigen auf den gekreuzigten und auferstandenen Christus.
Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer Militärseelsorge unseren Dienst an den Soldaten, der notwendig und erforderlich ist, weiterhin wirksam tun können.


Quelle: www.radiovaticana.org
Radio Vatikan, 01.02.2006

Lob für Militärseelsorge

Der Vatikan hat die katholische Militärseelsorge in Deutschland anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens gewürdigt. Sie verkünde den Soldatinnen und Soldaten Christus als "den Urheber und Garanten des wahren Friedens", schreibt der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Giovanni Battista Re, in einem in Berlin veröffentlichten Grußwort. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, lobt das Wirken der Militärseelsorge als ertragreich.




KNA, 01.02.2006

Vatikan und Lehmann loben Militärseelsorge in der Bundeswehr

Berlin (KNA) Der Vatikan hat die katholische Militärseelsorge in Deutschland anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens gewürdigt. Sie verkünde den Soldatinnen und Soldaten Christus als "den Urheber und Garanten des wahren Friedens", schreibt der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Giovanni Battista Re, in einem in Berlin veröffentlichten Grußwort. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, lobt das Wirken der Militärseelsorge als ertragreich.
Am 4. Februar 1956 hatte der Vatikan den damaligen Erzbischof von München und Freising, Kardinal Joseph Wendel, zum ersten Militärbischof für die Bundeswehr ernannt. Dieser Termin ist der offizielle Anfang der katholischen Soldatenseelsorge nach dem Zweiten Weltkrieg. Als fünfter Militärbischof seit 1956 hat der Augsburger Oberhirte Walter Mixa dieses Amt seit 2000 inne. Zum Jubiläum stehen am Montag in Berlin ein Gottesdienst und ein Festakt an. Re und Lehmann äußern sich in Grußworten in einem zum Jahrestag vom Katholischen Militärbischofsamt herausgegebenen Buch "Kirche unter Soldaten. 50 Jahre Katholische Militärseelsorge in der Deutschen Bundeswehr".
Seit 1956 habe sich die katholische Militärseelsorge in Deutschland zahlreichen Herausforderungen stellen müssen, betont Re. Als Beispiel führt der Kardinal den Aufbau der Militärseelsorge in den neuen Bundesländern und die Begleitung von Soldaten bei Auslandseinsätzen an. Lehmann hebt unter Verweis auf den Beitrag der Kirche zum Lebenskundlichen Unterricht und zum Gedanken der Inneren Führung hervor, die Militärseelsorge habe entscheidenden Anteil daran, "dass der Geist einer Verantwortung, die im Gewissen gründet, der Geist von Freiheit und Demokratie das Leitbild der Soldaten bestimmt". Geduldiges Bemühen der Seelsorger und ihre persönliche Nähe zu den Soldaten helfe auch mit, extremistischen Tendenzen zu begegnen. Der Kardinal ruft dazu auf, die sittlichen Grundlagen des soldatischen Dienstes und die bewährten Prinzipien der Menschenführung nicht zur Disposition zu stellen. Sie müssten gerade unter den neuen sicherheitspolitischen und militärischen Umständen in ihrer Bedeutung "neu erkannt und zur Geltung gebracht werden".
Die Militärgeistlichen beider Kirchen, auf katholischer Seite überwiegend Priester, aber auch Pastoralreferentinnen und -referenten, arbeiten im kirchlichen Auftrag unabhängig von staatlicher Weisung. Dafür gibt es nach einer festen Vereinbarung 80 Seelsorgestellen. Die Seelsorger sind auch beim Lebenskundlichen Unterricht beteiligt. Seit August 1990, im Zusammenhang mit dem ersten Golfkrieg, begleiten Seelsorger Bundeswehrsoldaten auch bei den Auslandseinsätzen.

Quelle: www.kna.de
KNA, 01.02.2006

50 Jahre Militärseelsorge: Neue Herausforderungen

Im vergangenen Jahr feierte die Bundeswehr ihr 50-jähriges Bestehen - jetzt zieht die Katholische Militärseelsorge nach. Am Montag feiert sie ihr Jubiläum mit einem Festakt in Berlin. Als ihr offizielles Gründungsdatum gilt der 4. Februar 1956 - an diesem Tag wurde der damalige Erzbischof von München und Freising, Kardinal Joseph Wendel, zusätzlich zum Katholischen Militärbischof für die Bundeswehr ernannt. Erster Generalvikar der Militärseelsorge wurde Georg Werthmann (bis zu seiner Pensionierung 1962), der dieses Amt bereits seit 1936 für die Wehrmachtsseelsorge ausgeübt hatte.
Ein wesentlicher Unterschied zur Wehrmachtseelsorge besteht darin, dass die Militärseelsorge heute nicht einseitig vom Staat bestimmt ist, sondern auf der Basis freier Vereinbarungen mit den Kirchen erfolgt. Die kirchenrechtliche Grundlage auf katholischer Seite bilden die "Statuten für den Jurisdiktionsbereich des katholischen Militärbischofs für die deutsche Bundeswehr" von 1989. Für die Beziehung der Militärseelsorge zum Staat gilt unverändert das Gesetz über die Militärseelsorge von 1957. Das Grundgesetz gewährleistet in Artikel 4 Abs. 2 die ungestörte Religionsausübung; daran knüpft Paragraf 36 Soldatengesetz an:
"Der Soldat hat einen Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Die Teilnahme am Gottesdienst ist freiwillig."

Grundlage für die Unabhängigkeit der Militärseelsorge vom Staat ist nicht zuletzt die Stellung des Militärbischofs, der in Deutschland immer ein residierender Diözesanbischof ist. Dazu trägt auch der zivile Status der Militärgeistlichen und die zeitliche Begrenzung ihres Dienstes in der Militärseelsorge auf 6 bis 12 Jahre bei. In einer zum Jubiläum vorgelegten umfangreichen Festschrift betont Militärbischof Walter Mixa (Augsburg) denn auch: "Militärseelsorge, an der Schnittstelle von Kirche und Staat tätig, ist mit ihrer spezifischen Ausrichtung auf den Lebens- und Arbeitsbereich der Soldaten und ihrer Familien Teil des gesamtkirchlichen Seelsorgeauftrags."

Militärgeneralvikar Walter Wakenhut zog bereits bei der 50. Gesamtkonferenz der Militärseelsorger in Potsdam im vergangenen Oktober eine positive Bilanz des deutschen Militärseelsorge-Systems (ID Nr. 815 v. 26.10.2005). Es sei ein "im internationalen Vergleich vorbildhaftes Modell einer von staatlicher Weisung unabhängigen Militärseelsorge, die nicht in die militärische Hierarchie eingegliedert ist". Nach Angaben des Katholischen Militärbischofsamts (KMBA) gibt es bundesweit 61 haupt- und 27 nebenamtliche Militärpfarrer, 6 Leitende Militärdekane und 4 Militärdekane im KMBA, 25 Pastoralreferenten, 1 Gemeindereferent und 87 Pfarrhelfer. Als Zusammenschluss von Vertretern des organisierten Laienapostolates in der Militärseelsorge - vergleichbar mit einem Diözesan-/Katholikenrat - existiert die so genannte Zentrale Versammlung (ZV).

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands hat sich die Arbeit der Militärseelsorger stark verändert. Wichtiger als die Ausdehnung auf Ostdeutschland mit seiner überwiegend konfessionslos aufgewachsenen Bevölkerung sind dabei die Auslandseinsätze mit der Bundeswehr. Dabei werden die Geistlichen für die Soldaten in schwierigen persönlichen Situationen zu wichtigen Ansprechpartnern, wie der neue Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in einem KNA-Interview betonte. Gerade bei Auslandeinsätzen beginne oft ein Nachdenken der Soldatinnen und Soldaten über Werte, über Sinn und über den Zweck des Lebens. Das führe nicht selten zur Auseinandersetzung mit und zur Hinwendung zum Glauben.

Nicht nur der Militärbischof und die ihm unterstehenden Einrichtungen, auch die Deutsche Bischofskonferenz befasst sich regelmäßig mit friedensethischen Fragen, aber auch mit der Praxis des Soldatendienstes. Ihre jüngste, bisher noch kaum beachtete Erklärung datiert vom vergangenen Herbst und befasst sich unter dem Titel "Soldaten als Diener des Friedens" mit Stellung und Aufgabe der Bundeswehr (http://dbk.de/schriften/DBK1a.Bischoefe/DB82.pdf).

Ausgehend von den neuen Herausforderungen der Bundeswehr in einer "gravierend veränderten friedens- und sicherheitspolitischen Situation" kommt sie zu der Kernaussage: "Die lebendige Weiterentwicklung des Konzepts der Inneren Führung ist eine der entscheidenden Voraussetzungen für die friedensethische Legitimität der Streitkräfte." Aus Sicht der Bischöfe besteht die Gefahr, dass die Grundsätze der Inneren Führung nivelliert würden: Zum einen durch das veränderte Aufgabenprofil der Bundeswehr mit ihren Auslandseinsätzen und dem damit verbundenen Bestreben, die Entscheidungsabläufe innerhalb der multinationalen Verbände zu harmonisieren, aber auch durch Rationalisierung und Ökonomisierung des soldatischen Alltags. Zum anderen konstatieren die Bischöfe ein verändertes Verhältnis der Gesellschaft zur Bundeswehr, wie es etwa in der Wehrpflichtdebatte zum Ausdruck komme. Dabei vermeidet die Erklärung ein Votum pro oder contra Wehrpflicht, fordert aber eine Diskussion "in der gebotenen Differenzierung und Konsequenz". Dabei sei jede Wehrform auch daraufhin zu befragen, ob sie der Integration der Streitkräfte in Staat und Gesellschaft sowie der Entwicklung eines ethisch reflektierten soldatischen Selbstverständnisses diene. Auch müsse die Wehrform darauf angelegt sein, die Realisierungsbedingungen für die Grundsätze der Inneren Führung nicht zu verschlechtern, sondern tendenziell zu verbessern.




KNA, 02.02.06

"Nahe beim Soldaten"
50 Jahre katholische Militärseelsorge


Am 4. Februar 1956 begann die katholische Militärseelsorge in der Bundeswehr. Zum 50. Jahrestag äußerte sich Militärbischof Walter Mixa am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.

KNA: Herr Bischof Mixa, wo sehen Sie heute die dringenden Aufgaben der Militärseelsorge?

Mixa: Wir sind immer nahe bei den Soldaten. Dabei werden zwei Schwerpunkte immer wichtiger. Erstens: Wir gehen mit unseren Soldaten in den Auslandseinsatz, wo immer das ist. Voraussetzung ist, dass ein Beschluss des Deutschen Bundestages vorliegt. Zweitens: Wir betreuen an den Standorten die Familien und Angehörigen oder Freunde der Soldaten, besonders jener, die im Auslandseinsatz sind. Eine vernünftige Familien- und Angehörigenseelsorge ist wichtig, damit die Verbundenheit zwischen den Soldaten im Auslandseinsatz und ihren Familien nicht abreißt. Oft sind sie erst wenige Jahre verheiratet oder liiert und haben kleine Kinder. Da ist diese Zeit für die Familien nicht leicht.

KNA: Wie sehr bedeuten die Auslandseinsätze eine Herausforderung für die Militärseelsorge?

Mixa: Natürlich sind die neuen Einsätze eine große Herausforderung. Damit verbunden ist eine andere Qualität der Risiken bis hin zur eigenen Gefährdung, ebenso die grundsätzliche Auseinandersetzung mit anderen Kulturen oder Wertesystemen. Bis jetzt hat es keine Schwierigkeiten gegeben. So sind die Militärseelsorger stets bereit, ihre Soldaten, die zum Auslandseinsatz bestimmt sind, zu begleiten.

KNA: Manchmal ist nur ein Militärseelsorger einer Konfession an einem Standort im Ausland. Wie problematisch ist das, zum Beispiel mit Blick auf Sonntagsgottesdienste?

Mixa: Die Probleme sollten nicht groß sein oder am besten überhaupt nicht auftreten. Es gehört zu den Grundvoraussetzungen, dass sich die Militärpfarrer mit ihren evangelischen Kollegen vor dem Auslandseinsatz absprechen und klären, welche Gottesdienste zu welchen Zeiten angeboten werden können. Wenn an einem Sonntag keine Messfeier stattfinden kann, sollte eben zumindest am Samstagabend ein Wortgottesdienst angeboten werden. Gerade zu solchen gut gestalteten Gottesdiensten kommen nach meiner Erfahrung auch nicht getaufte Soldaten aus Interesse gern dazu.

KNA: Wie sehr werden Sie bei Ihrem Engagement für die Militärseelsorge von den anderen Bischöfen unterstützt?

Mixa: Gut. In regelmäßigen Abständen kann ich die Vorgehensweise und Notwendigkeit der Militärseelsorge in der Bischofskonferenz darstellen, so dass wir in der Militärseelsorge einen großen Personalmangel haben. Es melden sich immer wieder freiwillig Priester aus den Diözesen, die Interesse an der Militärseelsorge haben und diese Aufgabe gewissenhaft und gut wahrnehmen. Gleiches gilt für die beteiligten Pastoralreferentinnen und -referenten.

KNA: Die Zahl der Soldaten, die keiner Konfession oder Religion angehören, steigt. Was bedeutet das für die Militärseelsorge?

Mixa: Das ist eine neue Herausforderung. Ein Beispiel: Bei einem Standortbesuch in Mecklenburg-Vorpommern berichtete mir der Militärgeistliche von seiner Arbeit. Wenn er am Standort ist, dann hat er jeden Tag mindestens 10 bis 15 Gespräche - Einzelgespräche bis in die Nacht hinein. Das sind vielfach nicht getaufte Leute. Die Soldaten, ob katholisch oder evangelisch oder ohne Konfession, suchen den Militärpfarrer als qualifizierten und auch zum Schweigen verpflichteten Gesprächspartner.

KNA: Das ist kirchliche Arbeit jenseits kirchlicher Strukturen?

Mixa: Unsere Militärgeistlichen und Pastoralreferenten halten den Lebenskundlichen Unterricht, der ein wichtiger Beitrag für die Persönlichkeitsbildung der Soldaten ist. Auch wegen dieses Angebots hat die Militärseelsorge hohes Ansehen. Mir hat selber einmal ein Soldat gesagt: Gott brauche ich nicht, aber Militärseelsorge brauchen wir dringend. Das lässt uns zunächst erschrecken. Aber damit war eben auch - neben der seelsorgerlichen Begleitung-der Lebenskundliche Unterricht gemeint. Er wird von den Soldaten gern wahr genommen,
und es wird akzeptiert, wenn die Seelsorger diesen Unterricht halten. Sie thematisieren Fragen der Personenwürde oder ethische Fragen des soldatischen Dienstes. Die Frage nach Gott mag dann in einem anderem Kontext kommen.

KNA: Wie wichtig bewerten Sie als Militärbischof in diesem Zusammenhang die Wehrpflicht?

Mixa: Es gibt durchaus gute Gründe für die Beibehaltung der Wehrpflicht in dem Sinn, dass junge Leute sich für das Wohl ihres Vaterlandes, für Friedensstiftung und humanitäre Hilfestellung einsetzen müssen. Aber sie ist durch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen durchlöchert, die die Wehrgerechtigkeit in Frage stellen.

KNA: Kürzlich hat die Bischofskonferenz sich grundsätzlich zur Stellung und Aufgabe der Bundeswehr geäußert und dabei vor einer Schwächung der Inneren Führung gewarnt...

Mixa: Die Innere Führung muss immer auf einem gewissen Standard stehen. Dazu ist die Schulung und Bildung der Offiziere notwendig, die immer wieder überprüft werden muss. Sie hat gerade angesichts der Auslandseinsätze und der Beteiligung an multinationalen Einsätzen hohe Bedeutung und darf nicht relativiert werden. Deshalb mahnen wir Bischöfe verstärkte Bildungsbemühungen in diesem Bereich an. Und es wäre zu prüfen, ob die Grundsätze der Inneren Führung nicht durch die Verankerung in einem Bundesgesetz gestärkt werden könnten.

Interviewer: Christoph Strack (KNA)




KNA, 02.02.2006

Minister Jung gegen Votum der Bischöfe zur Inneren Führung

Berlin (KNA) Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat sich gegen Überlegungen der katholischen Bischöfe gewandt, Grundzüge der so genannten Inneren Führung gesetzlich festzuschreiben. Jung plädierte am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) dafür, sich stets neu auf die Grundsätze der Inneren Führung zu verständigen. Zugleich lobte der Minister nachdrücklich die seit 50 Jahren existierende Militärseelsorge in der Bundeswehr. Sie sei "ein sehr positiver Dienst" und werde in jüngerer Zeit stärker nachgefragt.
Die Bischofskonferenz hatte sich im Herbst in einer Erklärung zur "Stellung und Aufgabe der Bundeswehr" geäußert. Nun sagte der katholische Militärbischof Walter Mixa ebenfalls in einem KNA-Interview, zu prüfen sei, "ob die Grundsätze der Inneren Führung nicht durch die Verankerung in einem Bundesgesetz gestärkt werden könnten". Die Innere Führung müsse immer auf einem gewissen Standard stehen und dürfe auch durch Auslandseinsätze und die Beteiligung an multinationalen Einsätzen nicht relativiert werden.
Am 4. Februar 1956 ernannte der Vatikan den damaligen Erzbischof von München und Freising, Kardinal Joseph Wendel, zum ersten Militärbischof für die Bundeswehr. Dieser Termin gilt als offizieller Anfang der katholischen Soldatenseelsorge nach dem Zweiten Weltkrieg. Als fünfter Militärbischof seit 1956 hat Mixa, seit kurzem Bischof von Augsburg, dieses Amt seit 2000 inne. Zum Jubiläum stehen am Montag in Berlin ein Gottesdienst und ein Festakt an.

"Sinnvoll und gut"

Jung nannte die Militärseelsorge eine sinnvolle Einrichtung für die Bundeswehr. Er habe bei seinen Besuchen an Auslandsstandorten gespürt, welche wichtige Rolle Seelsorger für Soldaten in schwierigen persönlichen Situationen spielten. Sie wendeten sich nicht zuerst an die Psychologen, sondern an die Geistlichen. Zum Teil komme es bei Soldaten im Auslandseinsatz sogar zu einer neuen Hinwendung zum Religiösen. Die Militärseelsorger hätten größere Verantwortung, weil die Soldaten auch vor größeren Herausforderungen stünden.
Jung lehnte es ab, dass Geistliche bei Einsätzen in Krisengebieten wie Afghanistan zu ihrem Schutz selbst Waffen tragen. "Das wäre das falsche Signal", mahnte er. Wer diese Aufgabe glaubwürdig für die christliche Botschaft und für Versöhnung eintrete, sollte geschützt sein und nicht selbst eine Waffe tragen.
Der Minister bekräftigte die Wehrpflicht. Sie gewährleiste die Verwurzelung in der Gesellschaft und die demokratische Entwicklung der Armee. Auch Bischof Mixa sprach von guten Gründen für die Beibehaltung der Wehrpflicht. "Aber sie ist durch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen durchlöchert, die die Wehrgerechtigkeit in Frage stellen", kritisierte er. Mixa nannte als zentrale Aufgabenfelder der Militärseelsorge die Begleitung bei Auslandseinsätzen und die Sorge um Familien und Angehörige an den Heimatstandorten. Als neue Herausforderung bezeichnete er die steigende Zahl der Soldaten, die keiner Konfession oder Religion angehören. Auch Soldaten ohne Bekenntnis suchten den Militärpfarrer als "qualifizierten und auch zum Schweigen verpflichteten Gesprächspartner".




KNA, 02.02.2006

"Ein sehr positiver Dienst"

Verteidigungsminister Jung betont Rolle der Militärseelsorge Seit 50 Jahren gibt es in der Bundeswehr die Katholische Militärseelsorge. Am 6. Februar steht dazu in Berlin ein Festakt an. Im Vorfeld äußerte sich Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Donnerstag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin zur Bedeutung der Militärseelsorge und zu aktuellen Herausforderungen. Skeptisch bewertete der Minister Vorschläge der katholischen deutschen Bischöfe zur so genannten Inneren Führung.

KNA: Herr Minister, Sie waren als junger Mann selber Soldat. Haben Sie von Militärseelsorge etwas mitbekommen?

Jung: Ja selbstverständlich. In Feldgottesdiensten oder auf andere Art und Weise habe ich Militärseelsorge erlebt. Und ich habe das immer als sinnvolle und gute Einrichtung für die
Bundeswehr empfunden.

KNA: 37 Jahre später sind die Herausforderungen fundamental anders, die Einsätze vielfältig. Wie bewerten Sie die Militärseelsorge heute?

Jung: Es ist ein sehr positiver Dienst für die Soldatinnen und Soldaten. Militärseelsorge leistet eine ganz wichtige Aufgabe. Bei meinen ersten Besuchen im Kosovo, in Djibuti und Kabul habe ich unmittelbar gespürt, welche wichtige Rolle die Militärseelsorge spielt. So wenden sich Soldaten in schwierigen persönlichen Situationen nicht zuerst an die Psychologen, sondern eben an die Geistlichen. Und gerade in den Auslandseinsätzen beginnt oft ein Nachdenken der Soldatinnen und Soldaten über Werte, über Sinn und Zweck des Lebens. Das weckt sogar wieder eine Hinwendung zum religiösen, zum kirchlichen Bereich.

KNA: Damit wird der Aufwand für Seelsorger größer?

Jung: Die Militärseelsorger sind tatsächlich stärker gefragt. Sie haben größere Verantwortung, weil natürlich die Soldaten auch vor einer größeren Herausforderung stehen. Deshalb wächst tatsächlich die Rolle der Militärseelsorge. Im Rahmenvertrag der Katholischen Militärseelsorge haben wir uns auf 90 Seelsorge-Stellen verständigt. Mit dieser Anzahl sind diese Aufgaben gut zu bewältigen.

KNA: Unter Militärseelsorgern gibt es ein Nachdenken darüber, ob sie in extremen Krisengebieten selber eine Waffe tragen sollten, um sich schützen zu können.

Jung: Das wäre das falsche Signal, auch im Hinblick auf die Seelsorge. Wer diese Aufgabe wahrnimmt und glaubwürdig für die christliche Botschaft und für Versöhnung eintritt, der sollte geschützt sein, aber er sollte nicht selbst mit einer Waffe ausgestattet sein.

KNA: Welche Bedeutung hat die Sorge um die Familien am Standort, die wegen der Auslandseinsätze über Monate um ihre Angehörigen bangen und unter der langen Trennung zu leiden haben.

Jung: Es ist gut, dass sich die Geistlichen schon seit vielen Jahren auch in diesem Bereich engagieren. Aber ich habe den Eindruck, dass sie besonders in der unmittelbaren Herausforderung der Auslandseinsätze gefordert und gefragt sind - wenn man beispielsweise unmittelbar mitbekommt, wie ein Kamerad bei einem terroristischen Anschlag getötet wird.

KNA: Mit Blick auf die Militärseelsorge in Ostdeutschland steht immer mal wieder zur Debatte, ob dieser Dienst nicht arg schwierig sei, da doch viele Soldaten dort gar nicht mehr konfessionell gebunden sind.

Jung: Das lässt sich so nicht sagen. Sie dürfen nicht vergessen, wie viele Soldaten in Auslandseinsätze gehen. Dort gibt es bei vielen, die eigentlich überhaupt keine Beziehung zur Kirche hatten oder eine frühere Bindung verloren haben, wieder eine Hinwendung zum Religiösen. Das habe ich in meiner noch kurzen Amtszeit schon unmittelbar erfahren. Als ich im Dezember auf der Fregatte Lübeck vor Djibuti war, bereitete sich dort eine junge Soldatin gerade auf die Taufe an Weihnachten vor. Und das ist kein Einzelfall. Es steht aber exemplarisch für die Hinwendung, für die Auseinandersetzung mit dem Glauben.

KNA: Wenn sich die katholischen Bischöfe mit der Situation der Bundeswehr befassen, ist die konkrete Seelsorge immer nur eine von mehreren Themen. Sie äußern sich auch zur Inneren Führung oder zum Lebenskundlichen Unterricht. Besonders vor einer Nivellierung der Inneren Führung warnen die Bischöfe verstärkt.
Haben Sie dafür Verständnis?

Jung: Ich habe darüber bereits mit den Militärbischöfen gesprochen. Und ich glaube, es ist auch richtig, dass wir das Konzept der Inneren Führung ständig weiterentwickeln. Wenn die junge Generation gottlob wieder verstärkt nach Orientierung sucht, muss Innere Führung darauf reagieren.

KNA: Die Bischöfe sehen das Konzept der Inneren Führung durch wiederholte Beteiligung an multinationalen Verbänden gefährdet. Schließlich ist das Modell der Inneren Führung ja nicht einmal europaweit bekannt.

Jung: Diese Gefährdung sehe ich bisher nicht, ganz im Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass bei multinationalen Verbänden hervorragend kooperiert wird, in der Führung wie auch vor Ort.

KNA: Wie bewerten Sie dann den Vorschlag der Bischöfe, den Gedanken der Inneren Führung durch ein Bundesgesetz festzuschreiben.

Jung: Man sollte zunächst zurückhaltend sein, wenn es darum geht, neue Gesetze zu etablieren. Wir reden doch ständig von Entbürokratisierung. Natürlich stellt das Thema "Innere Führung" eine wichtige Grundsatzfrage dar. Die Innere Führung entwickelt sich fort, sie verändert sich. Aber ein Gesetz sollte man nicht permanent ändern müssen. Deshalb plädiere ich eher dafür, dass man sich stets neu auf die Grundsätze verständigt und entsprechend die Innere Führung ausgestaltet, auch im Einvernehmen mit den Militärbischöfen.

KNA: Grundsätzlich gefragt: Gelegentliche Foltervorwürfe, ethische Dilemmata, die Notwendigkeit schneller Entscheidungen - wie wichtig ist heute die Vermittlung ethischer Grundsätze in der Bundeswehr?

Jung: Die Bundeswehr hat sich sehr positiv entwickelt, auch mit Blick auf diese Fragen. Dafür kann ihr Charakter als Wehrpflichtarmee nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dies gewährleistet die Verwurzelung in der Gesellschaft und die demokratische Entwicklung der Armee. Deshalb haben wir eben nicht mit Foltervorwürfen zu kämpfen und können auf die verantwortete Autorität unserer militärischen Führung vertrauen. Ich bin froh und dankbar, dass wir uns in der Koalition gemeinsam verständigt haben, auch in Zukunft an der Wehrpflichtarmee festhalten zu wollen. Das sorgt in sinnvoller Weise für die Verwurzelung in der Gesellschaft und baut möglichen Fehlentwicklungen vor.

Interview: Christoph Strack (KNA)




KNA, 06.02.2006

50 Jahre katholische Militärseelsorge in Berlin gefeiert

Berlin (dpa) - Der katholische Militärbischof Walter Mixa hat die internationalen Einsätze der Bundeswehr in Krisenregionen als wichtigen Beitrag für den Frieden gewürdigt. "Unsere Soldaten treten für mehr Frieden und Gerechtigkeit in diesen Ländern ein", sagte Mixa am Montag in Berlin in einem Gottesdienst zum 50-jährigen Bestehen der katholischen Militärseelsorge in der Bundeswehr.
Unter den mehreren hundert Gästen des Pontifikalamtes in der St. Johannes Basilika in Kreuzberg waren der Apostolische Nuntius Erwin Josef Ender, der Berliner Erzbischof Georg Sterzinsky und Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU).
Vor einem halben Jahrhundert habe es "enorme Auseinandersetzungen" um den Aufbau der Bundeswehr gegeben, erinnerte der Militärbischof in seiner Predigt. Viele Menschen hätten nach dem Untergang des menschenverachtenden Nationalsozialismus nur noch Frieden gewollt.
Auch die Einführung der Militärseelsorge sei bei evangelischen wie katholischen Christen umstritten gewesen. Doch angesichts des Kalten Krieges seien die Entscheidungen damals richtig gewesen.
Es sei auch richtig, dass die Militärseelsorger in der Bundeswehr im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern keine Soldaten, sondern Zivilbeamte sind, betonte Mixa. Militärgeistliche seien für die Soldaten "Gesprächspartner erster Klasse".
Im Anschluss gab es einen Festakt in der Katholischen Akademie.
Den Festvortrag sollte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und frühere Verteidigungsminister Peter Struck halten.




KNA, 06.02.2006

Struck fordert breite Debatte über neue Rolle der Bundeswehr

Berlin (KNA) SPD-Fraktionschef Peter Struck hat eine breite gesellschaftliche Debatte über Deutschlands gewachsene internationale Verantwortung und die neue Rolle der Bundeswehr gefordert. Der frühere Verteidigungsminister beklagte am Montag in Berlin, diese Herausforderungen seien den Menschen in Deutschland nicht ausreichend bewusst. Struck äußerte sich bei einem Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Katholischen Militärseelsorge in der Bundeswehr. Dabei lobte er ebenso wie sein Nachfolger im Ministeramt, Franz Josef Jung (CDU), das Engagement der Militärseelsorger, die einen unschätzbaren Dienst leisteten.
Jung sagte unter Verweis auf die Auslandseinsätze, die Militärseelsorge sei gerade in heutiger Zeit von besonderer Bedeutung. Er danke ausdrücklich den Seelsorgern, die zur inneren Stärke der Soldaten beitrügen. Struck sprach in einer herzlich-launigen Rede von einer seit 1955 andauernden Erfolgsgeschichte der Bundeswehr, die in dieser Form ohne die Militärseelsorge nicht möglich gewesen wäre. Die Unterstützung des entstehenden Projekts Bundeswehr durch die katholische Kirche trotz gesellschaftlicher Anfeindungen bezeichnete der SPD-Politiker als "Segen für die Bundeswehr nach innen". Auf verschiedenen Wegen hätten sich die Kirchen um geistig-moralische Orientierung der Soldatinnen und Soldaten verdient gemacht. Es waren die ersten Ausführungen Strucks zur Bundeswehr nach dem Ausscheiden aus dem Amt des Verteidigungsministers.

Prominente Gäste

Vertreter von Kirche und Politik erinnerten mit einem Gottesdienst und dem Festakt an die vatikanische Ernennung des damaligen Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Joseph Wendel, zum ersten Militärbischof für die Bundeswehr am 4.Februar 1956. Dieser Termin gilt als offizieller Anfang der katholischen Soldatenseelsorge nach dem Zweiten Weltkrieg. An den Feiern nahmen unter anderen zahlreiche Verteidigungspolitiker des Parlaments, Generäle, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, teil. Neben mehreren Militärbischöfen aus dem Ausland waren auch Berlins Kardinal Georg Sterzinsky, der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, und der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, gekommen.
Beim Gottesdienst in der Johannes-Basilika in Berlin-Kreuzberg bezeichnete Militärbischof Walter Mixa die Militärseelsorge als Kirche unter den Soldaten. Sie müsse stets zu Veränderungen und Anpassungen an neue Herausforderungen bereit sein, mahnte Mixa, der als fünfter Militärbischof seit 1956 dieses Amt seit 2000 inne hat. Der Dienst der Bundeswehrsoldaten sei Dienst am Frieden, betonte er beim anschließenden Empfang. In der Botschaft Jesu sei nirgendwo eine negative Aussage über den Dienst des Soldaten zu finden.
Der Apostolischer Nuntius in Deutschland, Erzbischof Erwin Josef Ender, verwies auf besondere Leistungen der Militärseelsorge nach der deutschen Wiedervereinigung und bei länger dauernden Auslandseinsätzen. Er betonte die Sorge um die Familien der Soldaten. Er hoffe, allen Sparzwängen zum Trotz würden diese Möglichkeiten auch in Zukunft uneingeschränkt bestehen bleiben.
Der Nuntius überbrachte auch Segenswünsche von Papst Benedikt XVI.
Der evangelische Militärbischof Peter Krug betonte in einem Grußwort die ökumenische Ausrichtung der Seelsorge bei der Bundeswehr. Beide Kirchen säßen im selben Boot. Der Vorsitzende der Zentralen Versammlung der katholischen Soldaten, Oberst Richard Schmitt, verwies besonders auf die ethische Reflexion des soldatischen Dienstes. Damit habe die Militärseelsorge Mitverantwortung für das innere Gefüge der Streitkräfte übernommen.



Quelle: aktuell - Zeitung für die Bundeswehr
Aktuell, 06.02.2006

"Kirche unter Soldaten"
Jubiläum 50 Jahre Katholische Militärseelsorge im Zeichen von Kontinuität und Wandel.


von Susanne Lichte

Die Katholische Militärseelsorge feiert in dieser Woche ihr 50. Jubiläum. Militärbischof Walter Mixa, Bischof von Augsburg, lädt heute zum Pontifikalamt in die Sankt Johannes-Basilika in Berlin-Kreuzberg. Auf einem anschließenden Empfang spricht Verteidigungsminister Franz Josef Jung ein Grußwort, sein Amtsvorgänger Peter Struck hält die Festrede.
Ein Blick zurück: Am 4. Februar 1956 wird der Erzbischof von München und Freising, Joseph Kardinal Wendel, per päpstlichem Dekret zum ersten katholischen Militärbischof ernannt. Acht Monate zuvor war der erste Verteidigungsminister, Theodor Blank, vereidigt und nur einen Monat vorher waren die ersten freiwilligen Soldaten einberufen worden. Die Militärseelsorge war von Anfang an in das Konzept der Bundeswehr eingebunden. Sie entsprach der Philosophie der Inneren Führung und dem Leitbild des Bürgers in Uniform.
Etwa 100 Militärgeistliche sind derzeit haupt- oder nebenamtlich für die Seelsorge der Soldaten und ihrer Familien im Einsatz.

Unterstützt werden sie von Pastoralreferenten und Pfarrhelfern. Ergänzt werden ihre Dienste durch die Laienorganisation der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) und die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e.V. (KAS). Letztere ist im Auftrag der Katholischen Militärseelsorge zuständig für die Betreuung der Soldaten in ihrer Freizeit - auch in den Einsatzländern.

Die Militärseelsorge versteht sich als "Kirche unter Soldaten". Dieses Selbstverständnis ist in den päpstlichen Statuten und im Militärseelsorgevertrag zu Grunde gelegt. "Die Militärseelsorge ist ihrem Auftrag, den Soldaten nahe zu sein, in all den Jahren treu geblieben", schreibt Militärbischof Walter Mixa in seinem Geleitwort zur Jubiläums-Festschrift.

Dabei haben sich die Voraussetzungen inzwischen enorm geändert. Neben der Wiedervereinigung Deutschlands haben auch die politischen Umbrüche weltweit die Aufgaben und das Einsatzgebiet der Bundeswehr neu definiert. Heute sind die Streitkräfte eine Armee im Einsatz. Dafür brauchen die Soldatinnen und Soldaten mehr denn je ethische Grundsätze, soziale Betreuung und geistlichen Beistand.
"Wir benötigen heute und in Zukunft klare Orientierungen und eine tief verwurzelte innere Stärke, um den Bedrohungen unserer Existenz mit Festigkeit begegnen zu können," beschrieb es Verteidigungsminister Franz Josef Jung anlässlich des Internationalen Soldatengottesdienstes vor wenigen Wochen im Kölner Dom.

Zu ihrer Jubiläumsfeier richtet die Militärseelsorge den Blick auch in die Zukunft. "Jubiläen sind nicht nur zum Jubilieren, sondern auch zum Nachdenken da", so Generalvikar Prälat Walter Wakenhut, der auch dazu einlädt, den "guten Spuren zu folgen, die in der Geschichte der Militärseelsorge zu finden sind".




Kontinuität und Wandel

J u b i l ä u m
Auf mehr als 650 Seiten wird die vielfältige Bedeutung
der Militärseelsorge und ihre Wirkung auf Soldaten zusammengefasst.

von Sebastian Wegner

Die katholische Militärseelsorge leistete in den vergangenen 50 Jahren einen unverzichtbaren Dienst für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Sie ist nicht nur für die Soldaten Seelsorge, sondern engagiert sich auch in besonderen Lebenssituationen bei der Betreuung der Familien und Angehörigen. Eine adäquate Form des Zusammenwirkens zwischen Staat und Kirche zum Wohle der Menschen ist ihr in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten trotz einiger zu bestehender Bewährungsproben immer gelungen.
Das Katholische Militärbischofsamt Berlin als Herausgeber zeigt in dem Buch "Kirche unter Soldaten" eine Reflexion auf Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges. Abgehandelt werden die Anfänge der Militärseelsorge in der Bundeswehr, ihre Arbeit und Aufgaben bis in die Jetztzeit. Die umfassende Analyse der Veränderungen von Kirche, Politik und Gesellschaft stellt ein zentrales Motiv in diesem Werk. Die facettenreiche Festschrift "Kirche unter Soldaten" ist beim Verlag F.W. Cordier Heiligenstadt erschienen und steht ab heute in den Regalen der Buchhandlungen.
Das Sammelband schildert detailliert die Bedeutung und Wirksamkeit der Seelsorge unter Soldatinnen und Soldaten vom elementaren Neubeginn in der Bundeswehr bis heute. Es werden Grundlagen und Entwicklung der Militärseelsorge erörtert sowie Staatskirchenrecht und ethische Hintergründe beleuchtet. Zudem werden Einzelfragen des Pastorals und des lebenskundlichen Unterrichts beantwortet. Eine Auseinandersetzung mit der Auslandsseelsorge und der internationalen Zusammenarbeit findet sich ebenso wie eine Chronologie und ein umfangreiches Bildarchiv.
Staatliche Unabhängigkeit der Bundeswehrseelsorge, im Gegensatz zur Wehrmachtsseelsorge, war das Konzept des ersten katholischen Militärbischofs Joseph Kardinal Wendel, der das Amt am 4. Februar 1956 antrat. "Im Dienste der Wahrheit und Nächstenliebe" galt als sein Wahlspruch. Der Militärgeneralvikar Georg Werthmann hatte maßgeblichen Anteil an der heutigen Organisationsstruktur der Militärseelsorge. Er v verdeutlichtedie Doppelnatur der staatlichen und kirchlichen Einrichtungen und setzte Impulse für den "Lebenskundlichen Unterricht" bei der Bundeswehr.
Eine neue Aufgabe für die Militärseelsorge war die Wiedervereinigung Deutschlands. Eine besondere Herausforderung war dabei die Eingliederung der NVA Soldaten in die Bundeswehr, weil die Mehrheit den Umgang mit Gott und Kirche nicht kannte.
Heute bietet die Militärseelsorge Hilfe bei Auslandseinsätzen und steht den Soldaten in schwierigen und belastenden Situationen bei.
Die vergangenen 50 Jahre Arbeit der Militärseelsorge sind geprägt durch Veränderungen, die immer wieder neue gesellschaftliche, politische und ethische Herausforderungen mit sich brachten. Doch die sachliche und kritische Auseinandersetzung mit den Problemen hat dazu beigetragen, dass die Militärseelsorge immer nahe am Puls der Zeit blieb.

Katholisches Militärbischofsamt Berlin:
Kirche unter Soldaten. 50 Jahre Katholische
Militärseelsorge in der Deutschen Bundeswehr;
F. W. Cordier Heiligenstadt Verlag;
Heiligenstadt 2006; 655 Seiten; 74 Abbildungen;
19,90 Euro; ISBN: 3-929413-94-9.




bundeswehr.de, 08.02.2006

Festschrift: Kirche unter Soldaten - 50 Jahre Katholische Militärseelsorge

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Katholischen Militärseelsorge hat das Militärbischofsamt Berlin eine Festschrift herausgegeben. Militärseelsorge im Wandel ist das zentrale Thema.

"Kirche unter Soldaten" beschreibt den Leitgedanken der Katholischen Militärseelsorge. Seit ihrer Gründung im Februar 1956 sind die Militärgeistlichen als Seelsorger für die Soldaten und deren Familien im Einsatz. "Die Militärseelsorge ist ihrem Auftrag, den Soldaten nahe zu sein, in all den Jahren treu geblieben", schreibt Militärbischof Dr. Walter Mixa in seinem Geleitwort.
30 Autoren beleuchten das Wirken der Militärseelsorger aus unterschiedlichsten Perspektiven. Sie veranschaulichen damit zugleich deren vielfältige Aufgaben. Zeitzeugen, zivile und militärische Begleiter, Wissenschaftler und Theologen setzen sich mit der Geschichte und Entwicklung der Katholischen Militärseelsorge auseinander und beschreiben deren Grundlagen, Aufgaben und Herausforderungen.

Ethik für die Bundeswehr

Konsens herrscht über den Befund, dass durch die wachsende Anzahl der Auslandseinsätze die Arbeit der Militärseelsorger an Bedeutung gewonnen hat. "In dieser Situation brauchen unsere Soldatinnen und Soldaten mehr denn je ethische Orientierung, soziale Betreuung und geistlichen Beistand", schreibt Alice Greyer-Wieninger, die Abteilungsleiterin Wehrverwaltung im Bundesministerium der Verwaltung. Der Militärseelsorger begleite die Truppe und sensibilisiere Soldaten und Vorgesetzte für die moralische Verantwortung des militärischen Dienstes, heißt es im Beitrag von Oberstleutnant a. D., Helmut Jermer, langjähriges Mitglied der Gemeinschaft Katholischer Soldaten und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Aber auch kritische Fragen werden nicht ausgeblendet. Inwieweit muss sich die Militärseelsorge auf die Umstrukturierungen innerhalb der Bundeswehr einstellen? Braucht sie mehr oder weniger Personal? In welcher Weise muss sich die Militärseelsorge dem wachsenden religiösen und kulturellen Pluralismus stellen? Und nicht zuletzt: Ist sie in Zeiten knapper Kassen hinreichend ausgestattet, ihre Aufgaben zu erfüllen und die Soldaten zu erreichen?
Ergänzt werden die Ausführungen durch Chroniken und Übersichten sowie einer Bildergalerie mit Aufnahmen zahlreicher zentraler Ereignisse der 50-jährigen Geschichte der Katholischen Militärseelsorge.

Hrsg. Katholisches Militärbischofsamt Berlin,
Verlag F.W. Cordier, 2006, ISBN- 3-929413-94-9


Quelle: www.dpa.de

DPA, 02.02.2006

Hintergrund: Kirchen / Bundeswehr, Stichwort: Katholische Militärseelsorge

Berlin (dpa) - Das katholische Militärbischofsamt und die Kurie des Katholischen Militärbischofs haben seit dem Umzug von Bonn nach Berlin im Jahr 2000 ihr Domizil im Stadtteil Mitte Am Weidendamm an der Spreeuferseite. Militärbischof Walter Mixa steht bei der Leitung seines Jurisdiktionsbereiches Generalvikar Walter Wakenhut zur Seite, der zugleich Leiter des Militärbischofsamtes ist, einer dem Bundesverteidigungsminister unmittelbar nachgeordneten Bundesoberbehörde. Wakenhut ist Disziplinarvorgesetzter der Militärgeistlichen in allen beamtenrechtlichen Angelegenheiten. Walter Mixa, Bischof von Augsburg, wurde im August 2000 von Papst Johannes Paul II. das zusätzliche Amt des Militärbischofs übertragen. Durch zahlreiche Truppenbesuche im Inland sowie in den
Einsatzgebieten in Afghanistan, im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina weiß er um die Belastungen, die mit diesem Beruf für die Soldaten, ihre Familien und Angehörigen verbunden sind. Deshalb veranlasste der Militärbischof eine Kooperation der katholischen Militärseelsorge mit dem Zentralinstitut für Ehe und Familie an der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.
63 hauptamtliche Militärgeistliche und 27 Militärpfarrer im Nebenamt belegen die 90 Planstellen für die Orts-Ebene in der KatholischenMilitärseelsorge. Des weiteren begleiten 26 Pastoralreferenten, 1 Gemeindereferent sowie 87 Pfarrhelfer die Soldaten im alltäglichen Dienstbetrieb und in den Auslandseinsätzen. Zusätzlich gibt es 4 Katholische Leitende Militärdekane in den Dienstaufsichtsbezirken. 65 500 Soldaten der Bundeswehr (26 %) sind katholischen Glaubens, davon 62 200 in den alten und 2200 in den neuen Bundesländern sowie 1100 im Ausland. 81 400 Soldaten (32,3 %) sind evangelischen Glaubens, davon 74 750 in den alten Bundesländern, 5300 in den neuen Ländern sowie 1350 im Ausland.




DPA, 02.02.2006

Zum 6. Februar, 50 Jahre katholische Militärseelsorge:
Das ethische Problem bleibt


Von Thomas Kunze

Berlin (dpa) - Als in den frühen 50er Jahren die Vorbereitungen für den Aufbau der Bundeswehr beginnen, wird auch über die Rückkehr der Seelsorger in die Kasernen nachgedacht. Damals war durchaus umstritten, ob die Kirche Pfarrer als Beamte in die neue Armee entsenden oder ob sie die Seelsorge nicht in der Verantwortung der Diözesen lassen soll;, sagt Generalvikar Walter Wakenhut. Denn die Erfahrungen im Nationalsozialismus - die Militärpfarrer unterstanden als Offiziere direkt der Befehlsgewalt - liegen zu der Zeit erst wenige Jahre zurück.

Schließlich wird doch der Beamtenstatus für die Militärpfarrer durchgesetzt. Eingedenk der Lehren aus dem Dritten Reich wird aber festgeschrieben, dass die Kirche unabhängig von staatlicher Weisung agiert. Zudem bleiben die Militärgeistlichen Zivilbeamte, und ihr Dienst in der Militärseelsorge wird auf sechs bis höchstens zwölf Jahre begrenzt.

Eigentliches Gründungsdatum der Militärseelsorge in der Bundeswehr ist der 4. Februar 1956. An dem Tag wurde der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Joseph Wendel, vom Papst zum ersten katholischen Militärbischof der gerade erst gegründeten Bundeswehr ernannt.

Am Montag (6.2.) wird in Berlin das 50-jährige Bestehen der katholischen Militärseelsorge mit einem Pontifikalamt und einem Festakt gefeiert. Den Festvortrag hält der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und frühere Verteidigungsminister Peter Struck.

Die Militärseelsorge war in den 50er Jahren noch im Aufbau, als sich die Pfarrer schon zu bewähren hatten - nach Flugzeugabstürzen und anderen tödlichen Unfällen von Bundeswehrsoldaten. "Sie mussten den Kameraden der Umgekommenen beistehen und den Hinterbliebenen die Todesnachrichten überbringen", sagt der Generalvikar.
Die Gefahrenlage habe sich in jüngster Zeit durch die zahlreichen Auslandseinsätze der Bundeswehr verstärkt. Derzeit sind fünf katholische Militärpfarrer im Ausland, zwei in Afghanistan und drei auf dem Balkan. "Die Anforderungen an die Geistlichen haben sich dadurch stark erhöht", betont Wakenhut. Sie müssen so wie die Soldaten enorm mobil und körperlich fit sein, Fremdsprachen beherrschen, - auch wenn sie keine Waffen tragen - sich in umkämpften Gebieten richtig verhalten sowie mit posttraumatischem Stress umgehen können. Auch das enorme ethische Grundproblem kann man nicht wegdiskutieren: Der Soldat kann als Waffenträger im Extremfall gezwungen werden zu töten. Diesen Zwiespalt muss der Militärgeistliche mittragen und aushalten, sagt der Generalvikar.

Von der Bundeswehr hieß es dazu, Militärgeistliche begleiteten die Soldaten seit 50 Jahren ohne Wenn und Aber. Sie sind verlässliche Weggefährten im weltweiten Einsatz der Armee für den Frieden.

Die Zahl der katholischen Militärseelsorger stieg von anfangs 30 auf etwa 125. Heute werden 90 Stellen vom Bund finanziert. Diese Zahl hängt mit den Einsparungen bei der Bundeswehr zusammen, erläutert Militärbischof Walter Mixa. Gemessen an unseren wachsenden Aufgaben könnten wir deutlich mehr Stellen gebrauchen.

Christian Weissner von der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" sagt: "Es ist gut, dass die Kirche bei den Menschen ist, auch wenn diese Soldaten sind. Die Militärpfarrer machen gute Arbeit. Dennoch besteht ein großes Spannungsfeld zwischen dem Friedensauftrag des
Evangeliums und der Militärseelsorge." Gerechte Kriege könne es heute nicht mehr geben, gerade die Kirche müsse sich für den gerechten Frieden einsetzen. "Das muss auch für die Militärseelsorger Vorrang haben. Sie sollten sich verstärkt der Bewusstseinsbildung der
Soldaten in diesem Sinne widmen."

Der Geschichte der Militärseelsorge seit dem 19. Jahrhundert ist eine Dauerausstellung im Haus des Katholischen Militärbischofs in Berlin gewidmet. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der Seelsorge in der Wehrmacht und in der Kriegsgefangenschaft nach dem Zweiten
Weltkrieg.




dpa-Interview: Drei Fragen, Drei Antworten, Kirchen / Bundeswehr

Militärbischof Mixa: "Wir lassen unsere Soldaten nicht im Stich"

Augsburg (dpa) - Die katholische Militärseelsorge in der Bundeswehr feiert am Montag (6.2.) ihr 50-jähriges Bestehen. Im dpa-Gespräch betont Militärbischof Bischof Walter Mixa, dass die seelsorgerlichen Aufgaben durch die Zusammenlegung von Standorten und durch gefährliche Auslandseinsätze noch gewachsen sind.

Frage: Ist die Militärseelsorge heute noch zeitgemäß?

Mixa: "Die Militärseelsorge ist nie in Frage gestellt worden, weder in Zeiten, als die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee war noch heute in der Einsatzarmee. Selbst Soldaten, die keiner Konfession angehören, sagen: Die Militärseelsorge brauchen wir unbedingt. Der Beistand und die Hilfe unserer Seelsorger ist gefragt. Diese sind zwar in die Truppe eingebunden, aber keine Militärs und keine Dienstvorgesetzten. Sie sind kompetente und vertrauenswürdige Gesprächspartner in allen Lebenslagen und zudem amtlich zum Schweigen verpflichtet. Im lebenskundlichen Unterricht setzen sich unsere Militärseelsorger dafür ein, bei den Bundeswehrangehörigen humanitäres Verhalten zu entwickeln."

Frage: Wie haben sich die Aufgaben der Militärseelsorger durch die Bundeswehrreform und die Ausweitung der internationalen Einsätze verändert?

Mixa: "Bei Besuchen in Truppenteilen werde ich oft auf die Schließung von Standorten angesprochen. Viele Berufssoldaten mussten in den vergangenen Jahren an andere Orte wechseln und ihre Familien zurücklassen. Fernbeziehungen sind inzwischen leider zur Normalität geworden. Bei ehelichen oder familiären Krisen werden unsere Pfarrer, Pastoralreferenten, Pastoralreferentinnen und Pfarrhelfer/innen häufig als Gesprächspartner und Helfer gebraucht. Die Seelsorge für die Familien zu Hause ist inzwischen zu einem unserer Schwerpunkte geworden. Eine große Herausforderung für unsere Pfarrer sind die Auslandseinsätze. Bisher sind unsere Militärgeistlichen immer selbstverständlich mit ihren Einheiten mitgegangen. Was das für sie bedeutet, kann ich durch die Besuche bei unseren Soldaten unter anderem in Kabul ermessen. Schlafen in Sieben-Mann-Zelten, extreme Hitze oder Kälte sind normal, gar nicht zu reden von den Gefahren.
Unsere Geistlichen werden übrigens bei Auslandseinsätzen gerade von konfessionslosen Soldaten angesprochen, die sich in psychischen Lebenskrisen befinden."

Frage: Wo ist für die Militärseelsorger die Grenze? Ist es für die dem Frieden verpflichtete Kirche nicht ein ständiger Zwiespalt, in einem Apparat tätig zu sein, dessen Angehörige unter Umständen auch töten müssen?

Mixa: "Aus moraltheologischer Sicht darf ich zum Gewehr greifen, wenn ich oder Menschen in meiner Nähe angegriffen werden. Angreifer unschädlich zu machen, ist verantwortbar. Allerdings ist heute etwa durch die Anschläge von Terroristen und Selbstmordattentätern die
Lage oft unberechenbar. Über diese Probleme diskutieren wir häufig im Priesterrat. Trotz allem lautet unsere Losung: Wir lassen unsere Soldaten, die Bürger in Uniform, nicht im Stich. Wenn wir den Auftrag der Militärseelsorge ernst nehmen, können wir uns nicht drücken. Ich setze dabei natürlich voraus, dass der Bundestag, wenn er einen Auslandseinsatz beschließt, sich kundig macht, ob die Aktion notwendig und berechtigt ist."

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