Frieden für den Kongo? Expertendiskussion am Institut für Theologie und Frieden

Heinz-Gerd Justenhoven, Direktor des gastgebenden Instituts für Theologie und Frieden (ithf), hier im Gespräch mit Botschafter Albrecht Conze und dem kongolesischen Professor Paulin Manwelo
Hamburg, 01.03.2007. Das vom Katholischen Miltärbischof getragene Institut für Theologie und Frieden führte am 24. Februar 2007 gemeinsam mit dem Institut für Friedens-und Sicherheitspolitik Hamburg eine international besetzte Expertentagung durch. Im Mittelpunkt stand als Thema die EUFOR-Mission im Kongo.

Pünktlich zum Weihnachtsfest sind die letzten der 780 Bundeswehr-Soldaten nach gut viermonatigem Einsatz im Kongo nach Hause zurückgekehrt. Die Bundesregierung zeigte sich damals hochzufrieden mit dem Verlauf der Mission, in der Presse meldeten sich aber auch skeptische Stimmen zu Wort. Wie fällt heute die Bilanz des Einsatzes aus? Hat sich das Engagement der Soldaten gelohnt? Ist es gelungen, durch diese "Befriedung von außen" die Sicherheitslage im Kongo zu verbessern? Kurzum: War es richtig, die Soldaten in den Kongo zu schicken?

Fragen wie diese standen im Mittelpunkt einer international besetzten Expertentagung, die das vom Katholischen Militärbischof getragene Institut für Theologie und Frieden (IThF) am 24. Februar gemeinsam mit dem Institut für Friedens- und Sicherheitspolitik Hamburg (IFSH) durchführte. Experten aus dem In- und Ausland sowie aus Politik, Militär, Wissenschaft und Kirche waren dazu eingeladen, ihre Kenntnisse und Erfahrungen in die Diskussion einzubringen.

Der Journalist Dominic Johnson bezeichnete den Konflikt im Kongo in seinem Impulsreferat zu Beginn der Tagung als "Afrikas ersten Weltkrieg". Auch der politische Berater der EUFOR, Quentin Laurent aus Frankreich, und der ehemalige stellvertretende Leiter der UN-Mission im Kongo, Botschafter Albrecht Conze, machten deutlich, wie stark Nachbarländer des Kongo (Ruanda, Burundi, Angola) und einflussreiche andere Staaten (etwa Frankreich, Belgien, USA, und China) auf den Konflikt einwirkten. Für den Botschafter bedeuten die Wahlen im Kongo eine große Chance für das Land, eine Struktur aufzubauen, die es dauerhaft vor Gewalt schützen und Frieden sichern kann. Dominic Johnson gab jedoch zu bedenken, dass die Kongolesen ihrem Staat derzeit noch ein großes Misstrauen entgegenbringen.

Karin Müller vom Ökumenischen Netz Zentralafrika nutzt die Kaffeepause zum Gespräch mit Oberstleutnant Rudolf. Beide konnten ihre Erfahrungen im Kongo in die Tagung einbringen
Die Rahmenbedingungen für eine Stabilisierung des Landes zu schaffen war die Aufgabe der Befriedungsmission von UNO und EU, die im zweiten Teil der Tagung diskutiert wurde. Dr. Hans-Georg Erhard vom IFSH in Hamburg bemerkte, es sei der EUFOR gut gelungen, die Durchführung der Wahlen zu unterstützen und Gewalt zwischen den rivalisierenden Gruppen zu verhindern. Die EU habe unter Beweis gestellt, dass sie ihr Ziel, Frieden, Demokratie und Menschenrechte in den Ländern Afrikas zu fördern, auch aktiv verfolgt. Auch Ingo Badoreck vom Afrika-Verein bilanzierte, das Militär habe die großen Herausforderungen vor Ort überraschend gut bewältigt, wobei er zwischen den Divisionen deutliche Unterschiede wahrnahm. Als Wahlhelfer vor Ort berichtete Prof. Rolf Hofmeier vom Afrika-Institut hingegen von seinem Eindruck, dass die Bevölkerung von der Mission bisher wenig profitiert habe und mehr wirtschaftliche Aufbauhilfe notwendig sein wird.

Diese unterschiedlichen Beobachtungen fasste der Schweizer Ethiker Prof. Wolfgang Lienemann so zusammen: "Mit Militär allein kann man keinen Wiederaufbau betreiben, aber ohne Polizei und Militär kann ein stabiler Friedensprozess nicht gelingen." Im zivilen Wiederaufbau müsse aber der Schwerpunkt liegen, wobei Lienemann die Notwendigkeit einer Institution unterstrich, die zu einer gerechten Regelung und Verteilung von Rohstoffen beiträgt. Auch der aus Nairobi in Kenia angereiste kongolesische Jesuit und Universitätsprofessor Paulin Manwelo betonte die Notwendigkeit umfassender Befriedungskonzepte, die das Danach der Mission mit berücksichtigen. Zudem sollten die Konzepte nicht für sondern mit den Bevölkerungen vor Ort entwickelt werden.

In der weiteren Diskussion mit Botschafter Conze und Prof. Peter Schmidt von der Stiftung Wissenschaft und Politik wurde die Schwierigkeit thematisiert, solche ambitionierten Ziele angesichts der bestehenden Herausforderungen umzusetzen. Oberstleutnant Rudolf aus dem Einsatzstab der EUFOR stellte fest, die EUFOR habe im Kongo einen Bürgerkrieg verhindert. Die Koordinatorin des Ökumenischen Netzes Zentralafrika Karin Müller verwies aus eigener Anschauung auf den Wunsch der Kongolesen nach Wahlen und auf den wichtigen Beitrag der europäischen Einsatzkräfte zu deren Gelingen. Allerdings dürften die sozialen Projekte nicht in Vergessenheit geraten. Andere Diskutanten machten deutlich, dass sich der Erfolg und die Nachhaltigkeit der Mission erst zeige, wenn die zivile Aufbauhilfe vor Ort gut verlaufe. Die Schwierigkeiten und Ressourcenprobleme, die hierbei zu erwarten sind, wurden ebenfalls kritisch diskutiert: Angesichts der großen Zahl von Krisenherden warf Dr. Hans-Georg Ehrhard etwa die Frage auf, ob man eher einige Staaten voll und nachhaltig und andere gar nicht, oder aber alle ein bisschen unterstützen solle, wobei bei Letzterem die Gefahr bestehe, dass alles zusammenbricht. Ein konfliktreicher Diskussionspunkt im zivilen Wiederaufbau war schließlich, ob einflussreiche Kriegsherren in den Aufbauprozess einbezogen werden sollen oder nicht. Auch wenn an der guten Arbeit der EUFOR-Soldaten im Kongo niemand zweifelte, so war doch einige Skepsis zu erkennen, ob die Mission schließlich dauerhaft zum gewünschten Erfolg führen kann und was in der Zukunft in ähnlichen Situationen geleistet werden kann oder sollte.

PD Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven
Institut für Theologie und Frieden, Direktor

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