Gemeinschaft Katholischer Soldaten feiert Weltfriedenstag

Festakt in Bonn mit dem Militärbischof

(v.l.n.r.) Die Veranstalter mit dem Militärbischof: OTL Brochhagen, MilDekan Porovne, MilBischof Dr. Mixa, LtdMilDekan Schnettker, SFw Lensch
Bonn, 26.02.2008. Gerechtigkeit, Tapferkeit, Klugheit und das rechte Maß - was schon der altgriechische Philosoph Aristoteles 340 vor Christus als die vier Grund- oder Kardinaltugenden (cardo (lateinisch) = Voraussetzung, "Türöffner") bezeichnete, ist auch für die heutige Bundeswehr aktueller denn je. Für den katholischen Militärbischof Dr. Walter Mixa bilden sie den Kern der soldatischen Berufsethik, wie er am 26. Februar 2008 in einem Vortrag während des zentralen Festaktes zum Welttag des Friedens im Bonner Collegium Josephinum vor rund 350 Gästen ausführte. Eingeladen hatte die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) am Standort Bonn.

Die Grundidee von Aristoteles bestehe darin, dass Menschen nicht immer und überall in der gleichen Weise in der Lage seien, bestimmte Dinge zu leisten, so Dr. Mixa: "Sobald es darum geht, etwas Anspruchsvolles auf den Weg zu bringen, müssen Dinge erlernt werden." Als Beispiel nannte der katholische Militärbischof unter anderem die Freundschaft. Für sie müssen Treue, Einfühlungsvermögen, Empathie und die Bereitschaft, für einander einzustehen, erlernt werden. Diese ungeheure Anzahl an im Leben notwendigen Tugenden - von Fairness, Toleranz und Respekt bis hin zu Pünktlichkeit oder Zärtlichkeit - lasse sich jedoch stets auf eine Mischung der vier Kardinaltugenden zurückführen. "In einer guten Handlung finden immer verschiedene Tugenden zusammen: So schließt Gerechtigkeit immer auch Barmherzigkeit mit ein", erläuterte der Militärbischof. Wer einem wirklich Notleidenden helfe, gäbe ihm etwa nur, worauf er einen Anspruch habe, sei also gerecht, so der Geistliche weiter.

Militärbischof Dr. Mixa beim Festvortrag
Tapferkeit bedeutet auch Gewissensentscheidung des Einzelnen

Was im Zivilleben schon nicht immer einfach ist, wird im militärischen Bereich noch schwieriger und benötigt innere Standfestigkeit: "Tapferkeit im recht verstandenen Sinne verlangt, dass der Soldat gerecht handelt und Maß halten kann." So dürfe keine militärische Aktion durchgeführt werden, wenn vorauszusehen sei, dass sie unverhältnismäßig vielen Menschen das Leben kosten werde, sagte Dr. Mixa, wobei er aber einräumte, dass die entsprechende Bewertung manchmal gar nicht so einfach sei: "Es ist immer eine Gewissensentscheidung des Einzelnen." Er erinnerte an den inneren Konflikt von Soldaten im Einsatz, dass sie schwerstes Unrecht nur dadurch verhindern könnten, dass sie einem anderen ein schweres Übel zufügen müssten. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Bedeutung der Militärseelsorger, die die Soldaten bei ihren Einsätzen begleiten.

Gerade im Kampf gegen den internationalen Terrorismus verwies der Militärbischof auf die Bedeutung der Grundtugenden. Unschuldige Menschen mit den Tod zu reißen, sei in höchstem Maße ungerecht, so Dr. Mixa, der Selbstmordattentäter als nicht tapfer und sittlich disqualifiziert bezeichnete: "Die Gerechtigkeit erlaubt nur, Gewalt gegen diejenigen Menschen zu richten, die ihrerseits Gewalt anwenden oder den Frieden bedrohen." Auch die vierte Kardinaltugend - das rechte Maß - ist beim Kampf gegen den Terror von Bedeutung. Dr. Mixa warnte vor einer sich in Hass und Feindseligkeit nach oben entwickelnden Spirale: "Man kann nicht mit dem gleichen Ausmaß zurückschlagen", und er räumte ein: "Der Kampf gegen den Terrorismus stellt uns vor moralische Fragen, deren Beantwortung noch längst nicht abgeschlossen ist."

"Tapfer kann also nur eine Persönlichkeit sein, die über Gerechtigkeit, Maßhaltung und Klugheit verfügt", fasste der katholische Militärbischof die Vernetzung der Kardinaltugenden zusammen, wobei für ihn darüber hinaus aber auch ein innerer Zusammenhang zwischen Tapferkeit und der Beherrschung tief liegender menschlicher Triebe und Instinkte besteht: "Nur wer es versteht, seine Triebhaftigkeit im täglichen Leben unter Kontrolle zu halten und jedes exzessive Maß zu vermeiden, der erfüllt die Voraussetzungen, auch unter den extremen Bedingungen des Kämpfens in Lebensgefahr dem Sog übermäßiger Gewaltanwendung zu widerstehen." Neben Charakter und Moral müsse eine solch gefestigte Person auch Respekt für die allgemeinen Menschenrechte sowie interkulturelle Kenntnisse mitbringen.

Militärbischof Dr. Mixa beim lebhaften Pressegespräch
Kardinaltugenden sind auch Friedenstugenden

Deshalb ist die Vermittlung und Förderung dieser Tugenden in der Ausbildung grundlegend für die soldatische Berufsethik. "Es sind diese Tugenden, die den militärischen Führer erst befähigen, auch unter Belastung und Stress, Angst und Gefahr den militärischen Auftrag moralisch verantwortlich zu erfüllen", unterstrich Dr. Mixa, der die Bundeswehr dafür lobte, dass in ihr - im Unterschied zu anderen Nationen - von Anfang an das Gesetz der Inneren Führung gegolten habe. Für den obersten katholischen Militärgeistlichen in Deutschland sind die vier Kardinaltugenden daher auch Friedenstugenden: "Ohne ihre Beachtung ist kein Konsens, kein sinnvolles Zusammenleben innerhalb einer Gesellschaft und zwischen den Staaten möglich."

Nicht nur das reine militärische Handwerk muss durch Ausbildung erlernt werden, auch Werte und Tugenden müssen eingeübt und - insbesondere von den Vorgesetzten - praktisch vorgelebt werden. Für Dr. Mixa ruht die charakterliche Stärke des Einzelnen aber auf einer noch tieferen Ebene der Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung, die nicht erlernt werden können. Deren Verbindung verglich der Militärbischof mit dem Begriff des Grundvertrauens: "Nur wenn wir diese Welt und vor allem die Menschen in ihr bejahen und lieben, werden wir auf Dauer in der Lage sein, einem jeden Menschen auch unter Gefahren, also tapfer, das zukommen zu lassen, was wir ihm schulden." Er beendete seinen Vortrag mit dem Appell: "Es scheint mir für Sie, gerade wenn Sie Menschen zu führen haben, wesentlich, dass Sie sich dieser Brisanz Ihres Berufes bewusst bleiben."

Der Festakt der "Gemeinschaft Katholischer Soldaten am Standort Bonn" zum Welttag des Friedens hat mittlerweile eine lange Tradition, ebenso wie der Feiertag selbst. Vor 40 Jahren bestimmte der damalige Papst Paul VI. den 1. Januar zum Weltfriedenstag. Zwölf Jahre später, am 13. Januar 1977, begründete die GKS zunächst die Tradition, diesen Tag immer mit einem internationalen Soldatengottesdienst im Kölner Dom zu begehen - lediglich das erste Mal fand er in der Kirche St. Aposteln statt. Schon bald wurde zudem in Bonn - als Dienstsitz des Bundesministers der Verteidigung von besonderer Bedeutung für die Bundeswehr - ein Festakt abgehalten. "Aus unserer Sicht gehören die beiden Veranstaltungen zusammen, wie die beiden Seiten einer Medaille", unterstrich der Bundesvorsitzende der GKS, Oberstleutnant Paul Brochhagen, in seinem Grußwort die Bedeutung der Veranstaltung im Collegium Josephinum. Welchen Wert viele Soldaten in der Bundeswehr ihrem Glauben beimessen hatte zuvor der Vorsitzende des Bonner GKS-Kreises, Stabsfeldwebel Joachim Lensch, auf den Punkt gebracht: "Wir Soldaten sind nicht nur Global Player, sondern auch Global Prayer!"

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