Der Nachfolger des Petrus als Pilger im Land des Herrn

Eine schwierige Mission war die 12. Pastoralreise Benedikts XVI. ins krisengeschüttelte Heilige Land

Mit diesem Plakat wurde überall das Willkommen des Papstes bekundet
Jerusalem, 15.05.2009. Wenn auch das Medienecho in Deutschland gemischt und für viele Interessierte in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten Deutschlands eher dürftig war, so war diese Pilgerreise des Papstes im Mai 2009 doch ein höchst beachtenswertes Unterfangen. Der Heilige Vater wollte als Pilger und Beter den Frieden im Nahen Osten als großes Anliegen unserer Zeit in Erinnerung rufen und zugleich seine Brüder und Schwestern im Glauben, die in dieser Region vielen Schwierigkeiten ausgesetzt sind, ermutigen und durch sein persönliches Kommen stärken.

Den einen Kommentatoren war es zu wenig Schuldbekenntnis des deutschen Papstes im Bezug auf die Shoa, den anderen fehlte die erneute und klarere Zurückweisung antisemitischer Tendenzen, etwa bei den Pius-Brüdern. Der Papst, der von den allermeisten in Jordanien, Israel und Palästina freudig begrüßt wurde, auch von Vertretern anderer Religionen, konnte es – das war vorher klar – nicht allen recht machen.

Aber die Zeichen, die er gesetzt hat, sollte man nicht übersehen. Immerhin wies der israelische Botschafter Mordechai Lewy, der sonst nicht als zurückhaltend gilt, manche Kritik am Papst zurück und warb um Verständnis für dessen Chancenlosigkeit, alle Erwartungen an seine Pilgerfahrt zu erfüllen. In Yad Vashem unterstrich Benedikt XVI. die Unmöglichkeit, Worte für die Tragödie der Judenvernichtung zu finden, und er lud ein zur Stille, allerdings „einer Stille der Erinnerung, einer Stille des Gebets, einer Stille der Hoffnung“.

In Jerusalem

Wer nun noch mehr Selbstanklage von Benedikt XVI. erwartet hatte, muss sich allerdings vor Augen halten, dass der bedeutsame Entschuldigungsbrief, den sein Vorgänger im Jahr 2000 in der Klagemauer hinterlassen hatte, seit Jahren im Archiv von Yad Vashem verschlossen gehalten wird. Vor der Klagemauer verharrte der Pontifex überraschend lang im Gebet, nachdem er, uralter Tradition an diesem Ort folgend, einen Gebetszettel in einer Mauerritze niedergelegt hatte. Beim Besuch der Moschee auf dem Berg Moriah, dem sogenannten Tempelberg, hat er, jenseits des Protokolls, seine Schuhe tatsächlich ausgezogen, um seinen Respekt vor muslimischen Bräuchen zum Ausdruck zu bringen, und am Ende seiner Pilgerfahrt hat sich Papst Benedikt, wie an manchen heiligen Stätten zuvor, im Heiligen Grab demütig niedergekniet, um mehrere Minuten in tiefer Sammlung und Stille zu beten, ganz privat, aber doch in den Anliegen aller Menschen.

Während der Messe in Betlehem
Von Jordanien bis Palästina

Viel Nähe zu den Menschen erfuhr der Papst zu Beginn seiner Pilgerreise in Jordanien, wo er vom König und seiner Gemahlin herzlich begrüßt und auch begleitet wurde, etwa beim Besuch der Taufstelle Jesu. Auf dem Berg Nebo, der Stelle, an der der Tradition nach das Grab des Mose verehrt wird, führte ihn der Generalminister des Franziskanerordens, P. José Rodriguez Carballo OFM, und genoss mit ihm den herrlichen Ausblick Richtung Jerusalem,
In Jordanien besuchte der Papst ein großes Behindertenzentrum, wie er auch später in Betlehem eigens dem Caritas Baby Hospital, seinen Mitarbeitern und Patienten seine Aufwartung machte.

Mit den großen Gottesdiensten in Jerusalem, Betlehem und Nazaret hatte Papst Benedikt XVI. die Nähe zu den Christen an den Orten, wo von den Franziskanern noch die größeren Pfarreien des Heiligen Landes betreut werden, gesucht. Leider waren die Sicherheitsmaßnahmen – nicht immer ganz nachvollziehbar – drastisch. Von den Christen aus Gaza, für die 200 Einreiseerlaubnisse nach Betlehem beantragt worden waren, kamen schließlich nur 48 zur Feier mit dem Papst nach Betlehem.

Fazit

Alles in allem ist der Heilige Vater vielen Menschen sehr offenherzig begegnet und hat den Dialog der Vernunft mit dem Islam ebenso bekräftigt wie die gemeinsamen Wurzeln von Judentum und Christentum. Er hat Israelis und Palästinensern seine Option für die gerechtere Zweistaatenlösung mahnend in Erinnerung gerufen. Er hat die hier sehr vielgestaltig in Erscheinung tretende Kirche zum brüderlichen Zeugnis der Einheit in Christus aufgerufen und den Ordensleuten, nicht zuletzt der seit 1342 im Auftrag der Weltkirche tätigen Franziskaner-Kustodie des Heiligen Landes, wiederholt gedankt.

Nach herzlichen Abschiedsworten vor dem Abflug vom Flughafen in Tel Aviv, bestieg der 82-jährige Papst nach einem anstrengenden Besuchsprogramm in bewundernswerter Frische das Flugzeug, das ihn nach Rom zurückbrachte. Neben vielen Hoffnungen bleibt auch die, dass die Vertragsverhandlungen zwischen Israel und dem Vatikan, die sich seit 15 Jahren hinziehen, recht bald zu einem guten Abschluss kommen werden.

P. Robert Jauch OFM, Franziskaner und ehemaliger Militärpfarrer

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Weitere Bilder
Der Papst bei der Feier der Eucharistie
Frohe Mitfeier der Gläubigen bei der Messfeier in Betlehem
Zelebranten und Altardiener im Altarraum
Benedikt XVI. beim Besuch der Franziskaner in der Katharinenkirche in Betlehem
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