Militärgeneral Wakenhut zum Lebenskundlichen Unterricht und zum Ehrenmal im Bendlerblock | Katholische Militärseelsorge: Militärgeneralvikar Walter Wakenhut. | Berlin, 07.09.2009. Die Bundeswehr-Zeitschrift "aktuell" interviewte Militärgeneralvikar Walter Wakenhut und den evangelischen Leitenden Militärdekan Matthias Heimer zu aktuellen Themen der Militärseelsorge.
Veränderungen im Lebenskundlichen Unterricht (LKU) und Militärpfarrer in Auslandseinsätzen: zwei Themen rund um die Militärseelsorge. Aber auch das Ehrenmal der Bundeswehr, das morgen eingeweiht wird, ist für die Seelsorge bedeutsam. aktuell sprach mit dem katholischen Militärgeneralvikar Walter Wakenhut und dem evangelischen Leitenden Militärdekan Matthias Heimer.
Zu Beginn des Jahres wurde der Lebenskundliche Unterricht für alle Soldaten verpflichtend. Wie sehen die ersten Erfahrungen aus?
Wakenhut: Natürlich dauert es eine gewisse Zeit, bis eine Dienstvorschrift in der Truppe rezipiert ist. Aber wir stellen in den vergangenen Monaten eine verstärkte Nachfrage nach der Durchführung lebenskundlicher Seminare fest.
Heimer: Die zu behandelnden Themenfelder sind jetzt besser auf die Ziele der Inneren Führung abgestimmt. Der LKU gibt den Soldaten Gelegenheit, die neuen Herausforderungen zu reflektieren, ihr Urteilsvermögen weiterzuentwickeln und ihr Gewissen zu schärfen. Dieses Angebot nehmen sie gerne an. Wie viele Militärpfarrer gibt es derzeit?
Wakenhut: Der Katholischen Militärseelsorge stehen 91 Planstellen für Militärseelsorger zur Verfügung, die mit Militärpfarrern, Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten besetzt sind. Die Zahl der Vakanzen hält sich in Grenzen.
Heimer: Der Stellenplan für die Evangelische Militärseelsorge sieht 100 Stellen für Militärpfarrer und Militärpfarrerinnen vor. Zur Zeit sind acht Pfarrerinnen bei uns. Und gelingt es, diese immer rechtzeitig nachzubesetzen?
Wakenhut: Nein, es ist nicht immer möglich, frei werdende Dienstposten von Militärseelsorgern zeitnah nachzubesetzen. Wir haben immer einige Vakanzen, aber in einem überschaubaren und deshalb vertretbaren Rahmen.
Heimer: Derzeit gelingt die Nachbesetzung meistens reibungslos. Allerdings sehe ich für die Zukunft Vakanzen, da der Nachwuchs weniger wird und die Landeskirchen verstärkt eigenen Personalbedarf haben. Die Militärseelsorge spielt insbesondere bei den Auslandseinsätzen eine wichtige Rolle. Melden sich die Militärpfarrer dazu freiwillig?
Wakenhut: Jeder Seelsorger, der in die Militärseelsorge kommt, wird darüber informiert, dass die Begleitung der Truppe bei Auslandseinsätzen, zu seinen beruflichen Pflichten gehört.
Heimer: Die Begleitung wird von allen als selbstverständliche Aufgabe angenommen. Welche Aufgaben übernehmen die Militärpfarrer bei einem Einsatz und wie ist das Verhältnis der Soldaten zu den Seelsorgern im Vergleich zu deren Heimatstandorten?
Wakenhut: Unsere Militärseelsorger begleiten bei Auslandseinsätzen die Soldaten in nicht alltäglichen, schwierigen und oft gefährlichen Situationen. Auf der Grundlage unseres christlichen Glaubens leisten sie Beiträge zur Orientierung und Sinnfindung, stehen als Gesprächspartner bei Gewissensfragen zur Verfügung und versuchen bei einsatzbedingten Problemen zu helfen oder Hilfe zu vermitteln. Gerade in der Situation des Einsatzes kann es hier zur sehr intensiven Begegnungen kommen.
| Evangelische Militärseelsorge: Leitender Militärdekan Matthias Heimer. | Heimer: Das sind die gleichen Aufgaben wie am Heimatstandort. Sie halten Gottesdienst und je nach Möglichkeit LKU, sind Seelsorger, begleiten Kranke, gestalten auch die Trauerfeier, wenn Angehörige des Kontingents zu Tode gekommen sind, und stehen den Trauernden und Fragenden bei. Alles geschieht konzentrierter durch den engeren Raum und die hohe Belastung. In Folge der Auslandseinsätze muss sich die Bundeswehr verstärkt mit dem Thema "Tod und Verwundung" auseinander setzen. Welchen Beitrag können hier die Militärseelsorger leisten?
Wakenhut: Die Auseinandersetzung mit der Problematik "Tod und Verwundung" ist vorgeschriebenes Thema im LKU. Wenn ein Soldat ums Leben gekommen ist, begleiten die Seelsorger in der Regel die militärischen Vorgesetzten zu den Angehörigen. Ein Dienst, der gut angenommen wird. Wir stehen zur Verfügung, Soldaten, die um einen Kameraden trauern und natürlich die Angehörigen eines Toten in ihrer Trauer zu begleiten.
Heimer: Es ist mehr als nur ein Thema. Soldaten kommen ums Leben, werden so stark verletzt, dass sie ein Leben lang gezeichnet sind. Wir begleiten sie – auch auf ihrem letzten Weg. Wir sprechen mit den Angehörigen, sprechen Trost zu. Wir bieten Trauerseminare an. Und: Wir fordern in der Öffentlichkeit mehr Unterstützung für den schweren Dienst, den die Soldaten für uns alle tun.
Morgen wird das Ehrenmal der Bundeswehr eingeweiht. Welche Bedeutung hat diese Stätte für die Trauer und das Andenken an die in Folge der Ausübung ihrer Dienstpflichten ums Leben gekommenen Angehörigen der Bundeswehr?
Wakenhut: Das Ehrenmal ist wichtig. Die Soldaten, die im Einsatz für unsere Grundwerte, für Frieden, Freiheit und Menschenwürde ums Leben gekommen sind, bekommen damit einen Platz des Erinnerns und des ehrenvollen Gedenkens. Der Bendlerblock als Ort des Widerstandes gegen ein Unrechtregime ist der geeignete Ort dafür. Unser Staat erweist damit dem Staatsbürger in Uniform seinen Respekt.
Heimer: Das Ehrenmal soll sehen helfen. Bürger sollen das künstlerisch gestaltete Bauwerk betrachten und die Namen lesen. Aus dem von Bundespräsident Horst Köhler diagnostizierten "freundlichen Desinteresse" der Gesellschaft an der Bundeswehr soll im wörtlichen Sinn ein "inter-esse" werden, ein Dabeisein. Die verstorbenen und die lebenden Mitglieder unserer Streitkräfte haben einen Anspruch darauf, durch die Gesellschaft wahrgenommen und begleitet zu werden.
Die Fragen stellten Jörg Briedigkeit und Frank Pflüger.
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