Korn-Akademie 2009 – Die Personwürde des Menschen als Soldat in seinem Auftrag als glaubender Christ

Interview mit Oberst a. D. Karl-Jürgen Klein, Ehrenbundesvorsitzender der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) und Leiter der Akademie

Kompass: Worin besteht das Ziel Ihrer Akademie-Veranstaltungen?

Oberst a. D. Klein: Bei den bisher durchgeführten „Akademien Oberst Dr. Helmut Korn“ – elf Akademien konnten im Bonifatiushaus in Fulda mit hoher Anerkennung der teilnehmenden Soldaten ver­anstaltet werden – ging es im Wesentlichen gemäß dem Grundsatzprogramm der GKS „Gemeinsam in die Zukunft! Ziele und Wege“ darum, in den Bereichen Sicherheit, Frieden und Gerechtigkeit sowie Innere Führung deutlich Position auf der Grundlage der Sozial- und Friedenslehre der Katholischen Kirche zu beziehen. Grundsätzlich will die GKS auf Politik, Bundeswehr, Kirche und Gesellschaft Einfluss nehmen, die Öffentlichkeit über die ethischen Aspekte und den Friedensbezug des soldatischen Dienstes informieren und zur Bildung einer möglichst fundierten Meinung beitragen. Als höchste Bildungseinrichtung will diese Akademie, die alle zwei Jahre stattfindet, ihren Mitgliedern und denen, die uns im Denken nahe stehen, ein breites Podium zur Auseinandersetzung anbieten, um sich hier persönlich weiter- und fortzubilden.

Kompass: Wie kam es zum diesjährigen Thema?

Oberst a. D. Klein: Nach intensiven Diskussionen in den unterschiedlichen Gremien haben wir uns dieses Mal dafür entschieden, für die Thematik der Korn-Akademie 2009 erstmals ein Glaubensthema auszuwählen gemäß dem Leitsatz 1 der GKS, wo es heißt: „im Glauben verwurzelt“, was für uns heißt, dass wir uns bemühen um ein Leben aus dem Glauben an Jesus Christus, uns zu Seiner Kirche bekennen und dazu beitragen, Kirche unter Soldaten zu verwirklichen.

Kompass: Was bedeutet es für Sie, dass es erstmals um ein Glaubensthema geht?

Oberst a. D. Klein: Während wir uns in den vergangenen Jahren im Schwerpunkt intensiv mit ethischen Fragen bezogen auf den Beruf des Soldaten beschäftigt haben und damit auch zu einer positiven Gewissensbildung beitragen konnten, möchten wir in diesem Jahr den Teilnehmern die Gelegenheit geben, sich mit Fragen des persönlichen Glaubens auseinanderzusetzen. Dabei werden die einzelnen Vorträge und die sich daran anschließenden Diskussionen unsere Thematik aus ganz unterschiedlichen Aspekten beleuchten und bearbeiten. Diese sollen als Grundlage für weitergehende persönliche Gespräche in kleineren Arbeitsgruppen dienen, in denen der einzelne die Gelegenheit haben soll, seine persönlichen Erfahrungen sowohl in positiver wie in kritischer Sicht einbringen zu können. Persönliche Glaubenszweifel sind hierbei ebenso zugelassen wie die Erfahrungen zur Freude am Glauben mitteilen zu dürfen.

Kompass: Wie soll das konkret gestaltet werden?

Oberst a. D. Klein: In den Vorträgen und persönlichen Beiträgen der Teilnehmer dieser Akademie werden folge­richtig immer wieder die Fragen aufgeworfen werden müssen, ob als Christ dieser persönliche Glaube irgendwie einen Einfluss auf unseren Dienst als Soldaten hat, wie sich dieser Glaube im täglichen Leben in der Kaserne oder gerade auch im Auslandseinsatz auswirkt, bis hin zu der Fragestellung, ob er (der feste Glaube an einen Schöpfergott) hilfreich erlebt werden kann oder im täglichen Dienst bisweilen auch als hinderlich erscheinen oder sogar Soldaten in ihrer Pflicht- und Auftragserfüllung unfrei machen kann. In diesem Zusammenhang werden wir nicht umhin können, uns mit dem Begriff der Freiheit und der Selbstbestimmung des Menschen zu beschäftigen, zumal heute der Begriff der Freiheit in seiner Bedeutung ganz unterschiedlich besetzt ist und häufig missverstanden wird.

Oberst a. D. Karl-Jürgen Klein (rechts) bei einer früheren Veranstaltung im Gespräch mit Stabsfeldwebel Ralf Eisenhardt, dem Vorsitzenden des Katholikenrats beim Katholischen Militärbischof. Neben den GKS-Mitgliedern sind auch Teilnehmer aus dem Bereich der Räte und andere Interessierte zur Akademie Oberst Korn eingeladen.
© Bundeswehr / Willi Mayer
Kompass: Woran machen Sie das fest?

Oberst a. D. Klein: In unmittelbarem Zusammenhang mit Fragen nach dem Glauben steht auch die Frage: Kann Glaube ohne Vertrauen gelebt werden? Am Beispiel von Menschenführung und dem Umgang mit den Menschen für uns Soldaten gibt es ein sehr bekanntes Phänomen: Führung von Menschen ohne gegenseitiges Vertrauen ist nicht möglich, hier stimmen sicherlich alle, die mit Menschenführung zu tun haben, uneingeschränkt zu. Gilt das wohl auch für Glaubens­fragen? Glaube ist ein Akt des Vertrauens.

Kompass: Und was heißt „Glaube“ in diesem Zusammenhang?

Oberst a. D. Klein: „Glaube“ ist ein Grundbegriff der Religion; „glauben“ ist dagegen ein Allerweltswort. Für deren Verhältnis zueinander ist in der Regel die Vorstellung leitend, „glauben“ heiße jeden­falls, nichts oder nichts Sicheres zu wissen. Und wer das, was er nicht weiß, für wahr hält, oder andere dazu auffordert, es für wahr zu halten, muss leicht um seinen persönlichen und intellektuellen Ruf fürchten.

Kompass: Noch einmal zurück zum Stichwort „Vertrauen“ …

Oberst a. D. Klein: Ein völlig anderes Bild ergibt sich, wenn der einzelne sich bewusst macht, dass „glauben“ nach jüdisch-christlichem Verständnis „vertrauen“ bedeutet. Dann zeigt sich folgerichtig nicht nur eine Verbindung zu Grundfragen der Entwicklungspsychologie, sondern ganz grundsätzlich zur menschlichen Orientierung in der Welt. Gerade deshalb lohnt es sich, diesen Fragen in Verbindung mit Glaubensfragen genauer nachzugehen, was Vertrauen eigentlich ist, wie es entsteht und welche Bedeutung, aber auch welches Gefährdungspotenzial es für die menschliche Existenz besitzen kann.
In dieser Woche werden wir deshalb nicht nur die spezifisch religiöse Bedeutung von Glauben und Vertrauen, sondern auch zugleich deren umfassende Bedeutung für das individuelle und soziale Menschsein reflektieren.

Kompass: Worin liegt bei der Akademie das Spezifische eines Soldatenverbandes?

Oberst a. D. Klein: Gerade die Auslandseinsätze haben in der Vergangenheit bewiesen, dass religiös motivierte Menschen / Soldaten mit Grenzerfahrungen besser umzugehen in der Lage sind. Hierbei muss es sich nicht zwangsläufig ausschließlich um christlich sozialisiert aufgewachsene Menschen handeln, sondern jene Menschen, für die ein Leben nach dem irdischen Tod eine Bedeutung haben könnte. Dieser gleiche Personenkreis geht auch ganz anders und wesentlich gelassener mit den Fragen um, die Tod und Verwundung im Einsatz berühren. Das zumindest konnte in der vorbereitenden Einsatzausbildung deutlich beobachtet werden.

Kompass: Und was ist abschließend Ihr Wunsch für die Akademie im November 2009?

Oberst a. D. Klein: Sicherlich verspricht auch dieses Mal wieder bei diesen Fragestellungen die Woche der Korn-Akademie im Bonifatiushaus in Fulda nicht langweilig zu werden, vielmehr eine Heraus­forderung für alle teilnehmenden Soldaten und Referenten. Vorrangiges Ziel der Veranstalter dabei ist es, für alle Teilnehmer ohne Unterschied des jeweiligen Dienstgrades ein breites Podium für Auseinandersetzung und Diskussion zu bieten, wo auch das persönliche Miteinander und das ganz persönliche Gespräch ihren Platz finden können.

Die Fragen stellte Jörg Volpers.

Die Einladung zur Korn-Akademie 2009 finden Sie hier (pdf).

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