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Wir können zu Recht sagen, dass Weihnachten "globalisierend" gefeiert wird

Kompass: Herr Militärbischof. Sofern Sie Gelegenheit haben und in der vorweihnachtlichen Adventszeit durch Einkaufsstraßen unserer Städte gehen - was fällt Ihnen auf? Was finden Sie dabei erfreulich? Was stört Sie? Was ärgert Sie vielleicht sogar?

Militärbischof Dr. Walter Mixa: Die Adventszeit kommt kaum noch zur Geltung, da Schaufenstergestaltung und Straßenschmuck fast ausnahmslos auf Weihnachten ausgerichtet sind und dadurch das Weihnachtsfest schon wochenlang vorweggenommen wird.
Andererseits ist es erfreulich, dass Weihnachten in unseren Städten in dieser Weise noch eine Rolle spielt und auch durch den äußeren Glanz und durch viele "Ablenkungsmanöver" der eigentliche Kern des Weihnachtsgeschehens, nämlich die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, nicht vergessen ist. Dies wird besonders deutlich durch die vielen Sterne, die auf den Stern von Betlehem hinweisen.

Kompass: Zunehmend geraten der tiefere Sinn und die Bedeutung der Adventszeit in den Hintergrund. Nun nehmen wir an, ein Soldat oder eine Soldatin stellt Ihnen die Frage nach Sinn und Bedeutung der Adventszeit. Was wäre Ihre Antwort für den fragenden Soldaten oder die fragende Soldatin?

Militärbischof Dr. Walter Mixa: Es wäre sehr wünschenswert, wenn wir die Bedeutung des Advents neu entdecken könnten. Der "Advent" mit seinen vier Sonntagen ist eine Vorbereitungszeit auf die Ankunft (=adventus) unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus in seiner Geburt. In erster Linie kommt diese Vorbereitung durch die Mitfeier der Heiligen Messe an den einzelnen Sonntagen, nicht zuletzt durch die Texte der Lesungen und des Evangeliums, zur Geltung. Eine Vorbereitungszeit, die auch den Einzelnen helfen will, eine persönliche "Standortüberprüfung" vorzunehmen, mit einem aufmerksameren Herzen nach dem Wert und Sinn des eigenen Lebens zu fragen und auch eine größere Aufmerksamkeit für den Nächsten zu erübrigen.

Kompass: Weihnachten - das Fest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus - wird weltweit gefeiert. Beim Stichwort "weltweit" fällt einem neuerdings auch das Stichwort "globalisiert" ein. Welche Chancen, welche Risiken sehen Sie in der Globalisierung? Welches sind aus Ihrer Sicht dabei zwingende ethische Kriterien, die unter den Bedingungen der Globalisierung zu beachten sind?

Militärbischof Dr. Walter Mixa: Zu Recht können wir sagen, dass Weihnachten "globalisierend" gefeiert wird. Jesus hat ja den Aposteln den Auftrag gegeben, die Botschaft von der Liebe Gottes in der Menschwerdung, im Kreuz und in der Auferstehung seines Sohnes bis an die Grenzen der Erde zu tragen. Vor und nach Jesus Christus hatte für die damalige Zeit das römische Weltreich globalisierende Ausmaße. Damals wie auch bei der heute umfassenden weltweiten Globalisierung muss aber angestrebt werden, dass nicht das Kapital, die Steigerung des Profits, im Vordergrund steht, sondern der Mensch. Die heutige Globalisierung ist weitgehend von einer Ökonomie gekennzeichnet, die sich mehr und mehr inhuman, das heißt unmenschlich, gestaltet. Deutlich ausgesprochen könnte von einer zunehmenden kriminellen Kapitalisierung die Rede sein. Gerade das Weihnachtsfest will uns alle einladen, die Menschlichkeit und die Achtsamkeit für den Nächsten über alles kapitalistische Profitdenken zu stellen.

Kompass: Als Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr tragen Sie mit dafür Sorge, dass "Kirche unter den Soldatinnen und Soldaten" wirken kann. Mit Blick auf die erheblichen Veränderungen gerade in der konfessionellen Zugehörigkeit unter den Soldatinnen und Soldaten - haben Sie dabei Sorgen? Stellen Sie sich als Katholischer Militärbischof darauf ein?

Militärbischof Dr. Walter Mixa: Sorgen zu haben ist hier nicht negativ zu verstehen, sondern zeugt von einer wirklichkeitsgetreuen Einschätzung unserer Lebensverhältnisse. Ein großer Teil unserer Soldaten und Soldatinnen ist konfessionell nicht gebunden, eine Tatsache, die nicht Anlass zum Jammern sein darf, sondern uns gerade in der Militärseelsorge zum recht verstandenen Bekenntnis und zur wahren Missionsarbeit herausfordert. Besonders die Feier des Weihnachtsfestes ist ein glaubwürdiger Anlass, von der Liebe und Herzlichkeit des Schöpfergottes Zeugnis abzulegen, der einem jeden von uns in der Menschwerdung seines Sohnes seine ganze Herzlichkeit schenken will. Aus dieser Tatsache sind das christliche Menschenbild mit seinem Verständnis der Personenwürde jedes Einzelnen und damit die Menschenrechte hervorgegangen. Eine größere Wertschätzung des Einzelnen kann es nicht mehr geben, da wir alle Schwestern und Brüder unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus sind und dadurch auch Geliebte des einen und wahren Gottes!

Mit diesem Zeugnis wünsche ich allen ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest!

Das Interview führte Josef König