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Liebe Leserinnen und Leser,

„Manchmal könnte einen dies an die ,Ohne-mich-Bewegung’ der 50er Jahre erinnern, obwohl doch der Bedarf und die Notwendigkeit eher gestiegen sein dürften.“
Foto: privat
es kommt nicht häufig vor und wird wohl eher die Ausnahme bleiben, dass sich der Katholische Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift selbst zu Wort meldet. Doch die Dringlichkeit des Themas „Verdrängung oder Desinteresse?“ und die damit verbundenen Fragestellungen legen es nahe, dass er sich im Interesse der Soldatinnen und Soldaten öffentlich äußert.

Militärbischof Dr. Walter Mixa tut es in dieser Ausgabe in grundsätzlicher Hinsicht mit einem eigenen Beitrag, auch um zu verdeutlichen, dass es nicht im kirchlichen Interesse liegen kann, wenn friedensethische und sicherheitspolitische Aspekte, die oftmals unmittelbare Auswirkungen auf den Dienst der Soldatinnen und Soldaten haben, in Deutschland eher randständige Beachtung finden. Ein Kerngedanke, der sich hinter dieser Sorge verbirgt, hängt mit einer Annahme zusammen, die nicht von der Hand zu weisen ist:

Grundsätzlich gilt, dass die Politik über deutsche Streitkräfte, deren Auftrag und Einsatz, deren Strukturen und Ausrüstung sowie die soldatenrechtliche Verfassung und die Wehrform bestimmt und dies verantwortet. Das war in der Wiederbewaffungsdebatte der 50er Jahre im Nachkriegsdeutschland zwischen den großen Parteien so gewollt und ist Konsens. Von wenigen Ausnahmen abgesehen – und hier kann die Nachrüstungsdebatte um den Nato-Doppelbeschluss in der 80er Jahren durchaus genannt werden – gilt dies bis heute.

Allerdings: das hohe Maß an Übereinstimmung unter den Parteien in den Grundfragen der nationalen Sicherheits- und Verteidigungspolitik allein dürfte gerade in Kenntnis der Folgen gewandelter außen- und sicherheitspolitischer Rahmenbedingungen nicht mehr ausreichend sein. Es genügt nicht, allein darauf zu verweisen, dass der Deutsche Bundestag mit großer Mehrheit einem Einsatz deutscher Streitkräfte zustimmt. Es bedarf vielmehr der Diskussion und letztendlich auch einer gesellschaftlichen Akzeptanz, die über den Deutschen Bundestag hinausgehen muss.

Doch hierbei ist innerhalb unserer bundesdeutschen Gesellschaft und der sie tragenden Gruppen, Einrichtungen, Institutionen und sozialen Bewegungen eine gewisse Ambivalenz zu registrieren. Manchmal könnte einen dies an die „Ohne-mich-Bewegung“ der 50er Jahre erinnern, obwohl doch der Bedarf und die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Diskussion über Ziele, Interessen und Instrumente deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, die über Parlaments- und Ausschussberatungen hinausgeht, eher gestiegen sein dürften.

Spätestens seit dem Weißbuch zur Sicherheitspolitik (2006) und den realen Erfahrungen der Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen sind die Auswirkungen und Folgen der veränderten Rolle und Verantwortung Deutschlands evident. Im Vorfeld der Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009 besteht also hinreichend Gelegenheit, nicht nur die Wahlprogramme der einzelnen Parteien mit Blick auf ihre programmatischen Aussagen zu friedens- und sicherheitspolitischen Politikfeldern zu analysieren, sondern insbesondere mögliche Wahlprüfsteine aus dem vorparlamentarischen Raum daraufhin zu befragen, ob dieser Politikbereich aufgegriffen wird.
Es ist natürlich in der gegenwärtigen Situation naheliegend und verständlich, dass finanz-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Forderungen und Empfehlungen den Wahlkampf bestimmen werden. Trotzdem kann erwartet werden, dass zumindest zu einem Zeitpunkt, an dem die Wählerinnen und Wähler darüber entscheiden, wer mit welcher programmatischen Position in den nächsten vier Jahren in Deutschland Politik zu verantworten hat, ein Interesse an dem postuliert wird, was Soldatinnen und Soldaten sehr direkt betrifft. Und dieses Interesse verfolgt die Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs. Ziel bleibt also weiterhin, Hintergründe aufzuzeigen und Antworten auf die Frage zu geben: „Verdrängung oder Desinteresse?“

Josef König,
Chefredakteur