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Einsatz und Innere Führung

Die Bundeswehr wird eindeutig zu den Einsatzaufgaben hingeführt

Rolf Clement Journalist, Leiter der Abteilung Hintergrund im Deutschlandfunk; Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung
Knapp 8.000 Soldaten der Bundeswehr sind gegenwärtig im Auslandseinsatz. Angesichts einer Gesamtstärke der Bundeswehr von rund 250.00 Mann verstehen manche kaum, warum dies eine Armee überdehnen kann. Die Antwort ist ebenso einfach wie für den Zivilisten „draußen“ schwer verständlich: Im Einsatz werden immer wieder die gleichen Truppenteile gebraucht. Diese sind dann bis an die Grenze zum Unerträglichen überlastet. Die anderen schieben ihren Dienst noch wie bisher.

Allerdings benötigen die rund 8.000 im Einsatz befindlichen Soldaten immens viel modernes Gerät. Es ist klar, dass sie das Beste bekommen müssen. Schließlich riskieren sie bei diesen Einsätzen ihr Leben. Immer mehr ist zu hören, dass selbst das Beste nicht mehr lieferbar ist – wegen des fehlenden Geldes. Während in den Einsatzgebieten nicht mehr nur neue Geräte vorhanden sind, reichen sie zu Hause nicht mehr aus, um die Einsatzkräfte an diesen auszubilden. Nicht vor einem Einsatz stehende Verbände bekommen das moderne Gerät nur noch im Katalog zu Gesicht.

Die Bundeswehr hat, so scheint es, in der Breite manchmal noch immer ein Mentalitätsproblem mit diesen mittlerweile gar nicht mehr neuen Einsatzoptionen. Vor allem die in Deutschland dienenden diskutieren viel über Urlaube, die Belastungen, die durch die Entfernung von Familie und Freundeskreis entstehen, und dann auch manchmal über den Sinn manches Einsatzes. Wer im Einsatz ist, hat oft wenig Zeit für solche Gedanken, denn dort ist die Arbeit in aller Regel fordernd und ausfüllend.

Trotzdem muss die Bundeswehr dem Rechnung tragen. In einem sehr wichtigen Bereich geschieht dies zurzeit: Die neue Vorschrift für die Innere Führung ist in den letzten Bearbeitungsrunden vor dem Erlassen. Darin wird die Bundeswehr eindeutig zu den Einsatzaufgaben hingeführt. Die neue Vorschrift macht deutlich, dass Einsatz und Innere Führung keine Widersprüche sind. Wir müssen im Auge haben, dass die Bundeswehr die ganze Bandbreite der möglichen Einsätze noch gar nicht abgedeckt hat. Sie ist meistens in Friedenssicherungseinsätzen, die zwar gefährlich sind, aber weit weg von den militärischen und psychischen Anforderungen eines Bodenkrieges. Das berücksichtigt die neue Vorschrift schon, so weit das ohne eigene Erfahrungen geht.

Die Bundeswehr kann aus der Inneren Führung das Menschenbild ableiten, mit dem sie selbst in den Einsatzgebieten an die Arbeit geht – im internen gegenüber den Kameradinnen und Kameraden, aber auch nach außen gegenüber den Menschen, denen sie ja helfen soll. Die Soldaten der Bundeswehr begegnen diesen Menschen mit einem anderen Respekt als die Soldaten vieler anderer Länder. Und sie haben über die Innere Führung das Verständnis erworben, mit dem sie sich auch in die politischen und kulturellen Gegebenheiten des Einsatzlandes einfühlen können. Diese beiden Elemente sind entscheidendfür den guten Erfolg, den die Bundeswehr innerhalb der Missionen immer wieder hat.

Aber manchmal entlädt sich der Einsatzdruck der auf den Soldaten liegt. Es gibt immer wieder Ausreißer – nicht übermäßig viel, aber doch erkennbar. Soldaten, die im Ausland ihre Muskeln spielen lassen, die dort im Einsatz ihre Macht, die sie in Uniform und mit Waffe zweifellos haben, auch leben, stellen ein Risiko für den Einsatz dar. Zumeist reagieren die Vorgesetzten sehr sensibel auf solche Entwicklungen.

Dennoch gilt: Die Innere Führung als Lebensphilosophie der Soldaten muss täglich neu vermittelt, täglich neu ge- und erlebt werden muss. Fehler fallen im Einsatz besonders auf. Deswegen steht dort auch die Innere Führung besonders auf dem Prüfstand.

Die Gesamtbilanz bis jetzt ist auch für das Innenleben der Bundeswehr gut. Nur dürfen die
Verantwortlichen auf allen Ebenen nicht nachlassen, dies immer wieder vorzuleben und einzufordern. Auch in diesem Bereich wäre Routine gefährlich.