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Die erste Kirche im afghanischen Feyzabad

Vor dem Haus der Stille: Beim Festgottesdienst zur Einweihung werden Kreuz, Kerzen, Bibel und Taufbecken feierlich in den Kirchenraum hineingetragen.
Eine Kirche im afghanischen Feyzabad. Das gab es in der Geschichte der Christenheit wohl noch nie.
Gebaut wurde sie im kleinsten PRT (Provincial Reconstruction Team) der Deutschen Bundeswehr nahe der chinesischen und pakistanischen Grenze. Dort steht sie den Soldaten zur Verfügung. "Für uns ist dieses Haus ganz wichtig", sagt Hauptfeldwebel Andreas Möller. "Wir leben während unseres Einsatzes hier zu dritt in einem Container und arbeiten auf engstem Raum mit den Kameraden zusammen. Und wenn wir Patrouille fahren, kommen wir auch nicht zur Ruhe." Andreas Möller geht manchmal in die Kirche, um in der Gebetsecke eine Kerze anzuzünden. "Für meine Familie und für meine Freundin", sagt er. "Ich hoffe, dass unsere Beziehung diese Zeit übersteht."

Die Kirche heißt offiziell "Haus der Stille" und konnte jetzt nach viermonatiger Bauzeit mit einem Festgottesdienst eingeweiht werden. Zur Einweihung schickten die beiden Militärbischöfe Grußworte, die im Gottesdienst verlesen wurden. Während das Gebäude von außen fast wie eine Turnhalle aussieht, stößt man im Inneren sofort auf einen sakralen Raum mit Altar und Taufbecken. Die Afghanen, die mit den Deutschen zusammen im PRT arbeiten, haben keine Berührungsängste mit dem Haus. Manchmal knien sie sogar vor der Eingangstür und beten zu Allah. "Ihr habt ja auch ein heiliges Buch", sagen sie, "und ihr betet auch zu Gott."

Im "Haus der Stille" liegt auf dem Altar immer die große Bibel. Besucher des Hauses dürfen gerne in ihr blättern. Sie ist auch ein Zeichen dafür, dass die Soldaten, die am Aufbau Afghanistans mithelfen, mit ihrer Situation nicht allein sind. Es gibt Möglichkeiten zum Krafttanken, zum Luftholen, zum Durchhalten. Im "Haus der Stille" ist Platz dafür. In dem Buch auf dem Altar sind die Worte dafür. "Ich suche mir meistens die Stelle aus, wo Jesus auf dem Berg steht", berichtet Hauptfeldwebel Möller. "Da redet Jesus davon, dass alles gut wird. Und das tröstet mich."

Bei den Gottesdiensten ist das "Haus der Stille" immer gut gefüllt. Mit der Kollekte wird ein Waisenhaus in Feyzabad unterstützt. Dort sind die Kinder auf Almosen angewiesen, weil es weder Nahrung noch Kleidung für sie gibt. Nach dem Gottesdienst steht man noch beim Kirchencocktail zusammen und kommt mitei-nander ins Gespräch.

Alle wissen, dass das "Haus der Stille" auch für traurige Anlässe zur Verfügung steht. Als vor einigen Monaten ein tschechischer Soldat bei einem Erdrutsch ums Leben kam, erschütterte dieses alle Soldaten bis ins Mark. Keiner mag es sich vorstellen wie es ist, einen deutschen Kameraden zu verlieren. Aber wenn es passiert, wird das "Haus der Stille" ein Rückzugsort und ein Ort der Trauer für alle sein.

Bernd Johannes Goede