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Manchmal auch Winterromantik: Weihnachtszeit am Wetterstein

Beim Katholischen Militärpfarramt Mittenwald (Teil 1)

Frühmesse im Kerzenschein in der Standortkirche Mittenwald
Wer die Namen der vier Standorte hört, die zum Einzugsgebiet eines der südlichsten Militärpfarrämter in Deutschland gehören, denkt wahrscheinlich meist mehr an Urlaub und andere Dinge als die, mit denen sich der katholische Militärpfarrer Klaus-Peter Lehner und Pfarrhelfer Martin Mylius in ihrem Dienstalltag hauptsächlich beschäftigen: Bei Mittenwald könnte man sich eher an Geigenbauer erinnern als an die Karwendel- und Edelweiß-Kaserne, bei Garmisch-Partenkirchen eher an Wintersport als an das Gebirgsmusikkorps, bei Oberammergau eher an Passionsspiele als an die NATO-Schule und bei Murnau eher an Bergsteigen als an die Feldjäger und ihre Hundestaffel.

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem vielfältigen Arbeitsbereich, der sich südlich von München bis an die österreichische Grenze erstreckt. In zwei Abschnitten wollen wir mit Kompass. Soldat in Welt und Kirche einen Eindruck vermitteln, was sich aktuell in der Militärseelsorge im "katholischeren Teil" Deutschlands und der Bundeswehr tut. Hier im 1. Teil geht es um "Highlights" und Alltägliches aus Advents- und Weihnachtszeit, im 2. Teil (Februar) um weitere Aktivitäten und die Zusammenarbeit vor allem mit Zivilisten und ehemaligen Angehörigen der Streitkräfte.

Oberstleutnant Kötter mit Militärpfarrer Lehner in den weihnachtlich geschmückten Räumen des Gebirgsmusikkorps Garmisch-Partenkirchen
Einen Höhepunkt der Vorweihnachtszeit bildet für Pfarrer Lehner der 6. Dezember, nicht nur, weil es einer seiner beiden Namenstage ist: An diesem Tag kann er dem Heiligen Nikolaus mitsamt "Krampus" und Engel begegnen, aber auch selbst in die Rolle des beliebten Bischofs schlüpfen und so behinderte Menschen aus den Werdenfelser Werkstätten erfreuen und beschenken. Klar ist, dass selbst bei der ganz "zivilen" Nikolausfeier der Unteroffizierskameradschaft Mittenwald unter Leitung von Hauptfeldwebel Ehrlich (stimmungsvoll im Schnee und bei einbrechender Dunkelheit) "militärische Anteile" wie Feldküche und Y-Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Nicht selbstverständlich ist hingegen, dass der örtliche Hotelier Zunterer seine Kutsche mit zwei prachtvollen Pferden zur Verfügung stellt und höchstpersönlich den Nikolaus samt Gefolge und Geschenken zu dem Platz im Wald über den Kasernen kutschiert. Zuvor nutzt jedoch Pfarrer Lehner die Ruhe nach dem Fassen von warmen Speisen und Getränken dazu, den zahlreich anwesenden Kindern, darunter auch der Nachwuchs seines Pfarrhelfers, am Fuß der kleinen Kapelle von seinem Namenspatron vorzulesen.

Allerdings gehört auch frühes Aufstehen zum Advent von Militärpfarrer Lehner, Pfarrhelfer Mylius und dem "Geschäftszimmer-Soldaten" Gefreiter Daniel Müller: In Mittenwald gehören zur Tradition eben auch Gottesdienste am Morgen - nicht nur die "Engelämter" in der reich verzierten Pfarrkirche im Zentrum von Mittenwald, bei denen Lehner den örtlichen Pfarrer, Dekan Thomas Gröner, und den Kaplan und (hoffentlich!) angehenden Militärseelsorger Andreas Vogelmaier unterstützt. Jedes Jahr gibt es auch in der vergleichsweise schlichten Standortkapelle, die vor über 50 Jahren aus einer Fahrzeughalle umgebaut wurde, eine Rorate-Messe (nur mit Kerzenlicht), in der - typisch bayerisch - die vier Blasinstrument-Spieler der "Hirtbichl-Musi" den so früh noch unsicheren Gesang der Soldaten und anderen Mitglieder der Militärgemeinde unterstützt. Hier ist auch der Vorgänger von Herrn Mylius mit seiner Frau präsent, Otto Geisenberger, der über 30 Jahre als Pfarrhelfer mit mehreren Standortpfarrern zusammen gearbeitet und zahllose Kommandeure und auch Militärbischöfe "überdauert" hat.

Muli-Denkmal und Gebirgsjäger auf Haflinger – ein Stück Traditionspflege in Mittenwald
Auch evangelische Militärgeistliche hat er kommen und gehen sehen - zuletzt Militärpfarrer Wolfgang Scheel (Pöcking), der mit seiner Nebenstelle direkt neben den Büro- und Besprechungsräumen der katholischen Dienststelle sitzt und eine "kirchliche Zelle" mitten in der Karwendel-Kaserne bildet. Zu den gemeinsamen Aktivitäten gehören eine Terminübersicht mit ökumenischen Familiengottesdiensten, Absprachen bei den wöchentlichen Krankenbesuchen (hauptsächlich im benachbarten SanZentrum), nötigenfalls gegenseitige Vertretung bei dringenden persönlichen Anliegen und konfessionell unabhängigen Beratungsgesprächen sowie nicht zuletzt ein offener Gesprächskreis, der sich schon seit etlichen Jahren monatlich trifft, auch wenn er eine natürliche Teilnehmerfluktuation aufweist und immer wieder mal vom Eingehen bedroht war. Hier werden im kleinen Kreis von etwa 5 bis 15 Personen aktuelle und allgemein interessierende Themen wie die Ökumene selbst, aber auch Leid, Tod und im Dezember eben auch Advent diskutiert.

Wie Pfarrer Scheel versichert, "funktioniert" die ökumenische Zusammenarbeit hervorragend, auch wenn der unterschiedliche Zuschnitt der Pfarrbezirke und Mentalitätsabweichungen zwischen den beiden großen Konfessionen sie manchmal erschweren. Ein konkretes Beispiel aus dem nichtkirchlichen Alltag: Während die katholische Seite ein ortsübliches "Schafkopf"-Turnier anbietet, verstehen sich die oft eher "norddeutsch geprägten" evangelischen Christen besser auf das Skat-Spiel. Hingegen ist im positiven Sinn bezeichnend, dass sich ein evangelisch-freikirchlicher Wehrdienstleistender von sich aus als ständiger Helfer bei praktischen und organisatorischen Aufgaben bei der katholischen Dienststelle angeboten hat. Und natürlich gibt es neben den gemeinsamen Gottesdiensten immer auch katholische (Werktags-) Eucharistiefeiern und parallele Gottesdienste aus Anlass von Gelöbnissen oder Feiertagen. Verbindend ist jedenfalls das Anliegen beider Pfarrer, zu "öffnen und verdichten", also Offenheit bei den oft der Religion fernstehenden Soldaten für kirchliche Themen zu erreichen und nach und nach vom Oberflächlichen in die Tiefe zu gehen und eine "menschliche Dichte" zu erreichen.

Ökumenischer Gesprächskreis mit Militärpfarrer Lehner (links), Pfarrhelfer Mylius (3. v. li.) und dem ev. Militärpfarrer Scheel (rechts)
Ein ähnliches - wenn auch nicht religiöses - Anliegen und Angebot vertreten die Mitarbeiter des Sozialdienstes beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum, Servicestelle Mittenwald, Frau Neumann und Herr Theiß. Auch Sie sind nicht nur darauf angewiesen, dass die Soldaten und Zivilangestellten bei persönlichen oder finanziellen Problemen rechtzeitig von ihren Hilfestellungen erfahren, sondern auch, dass die Betroffenen ihre Hemmschwellen überwinden und offen werden für die Möglichkeiten, die ihnen hier zu ihrem Wohl angeboten werden. Hier liegt ein weiteres, häufiges Feld der Zusammenarbeit von katholischer Militärseelsorge mit anderen Stellen, die ebenfalls "für die Menschen da sind". Zum Beispiel bei Versetzungswünschen, familiären Problemen und finanziellen Engpässen verweisen Sozialarbeiter, Militärseelsorger und Truppenpsychologen gerne an die "Kollegen" innerhalb des psychosozialen Netzwerks, oder in schwierigen Fällen auch an die Krisen-Interventions-Teams. Nicht, um sich vor der Zuständigkeit zu drücken, sondern um Menschen in der Not, die die Vielzahl an Hilfsangeboten vielleicht eher als "bürokratischen Dschungel" empfinden, einen Weg zu weisen, von wem die Hilfe am effektivsten geleistet werden kann und ob es eher um christliche oder allgemein-soziale Anliegen geht. Neben den offiziellen Kontakten zwischen den verschiedenen Dienststellen nutzt Lehner auch den gelegentlichen "Behördenleiter-Stammtisch", bei dem sich Kommandeure, Polizeichef, Angehörige der Wehrbereichsverwaltung, Bürgermeister u. a. ganz formlos über Dinge wie Notfallseelsorge und lokale Themen verständigen. Hier kommt Militärpfarrer Lehner sicher auch seine Erfahrung aus der vorigen Seelsorgearbeit in "normalen" Gemeinden und der Gefangenen-Seelsorge zugute.

Jörg Volpers

Fortsetzung im nächsten Heft