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Menschenrechte | Klaus Ebeling,
Projektleiter Ethik,
Sozialwissenschaftliches
Institut der
Bundeswehr | Recht ist nicht gleich Recht und schon gar nicht immer gerecht. Als Ordnungsmittel wirkt es, wie alles Menschenwerk, geradezu verlässlich unzulänglich. Wo es nicht lediglich menschenverachtenden Herrschaftsverhältnissen dienstbar, also eigentlich Un-Recht ist, gehören deshalb öffentliche Rechtskritik und fortlaufende Rechtskorrektur wesentlich zu seinem Begriff. Doch - was hält diesen Prozess in der "richtigen Spur"? Die zumindest deklaratorisch heute best-akzeptierte Antwort lautet: eine verbindliche Rahmensetzung in Gestalt von rechtlich-institutionell verbürgten Grundrechten mit einem moralisch gehaltvollen Zentrum, den Menschenrechten.
Moralische Rechte
Die rechtliche Auslegung der moralischen Basisintuition Menschenwürde (s. Kompass. Soldat in Welt und Kirche 07-08/07: 20) ist ein wesentliches Moment westlich-neuzeitlichen Denkens. Sie markiert einen sozialethisch entscheidenden Perspektivwechsel: Gerechte Verhältnisse werden nicht mehr als "von oben gewährt" verstanden, sondern als individuelle Rechtsansprüche; das jedem Menschen als Menschen ureigene "Recht, Rechte zu haben", konkretisiert sich in "unverletzlichen", "unverlierbaren" Menschenrechten. Adressaten der Pflichtaufgabe, sie zu achten und zu schützen, sind (zumindest primär) staatliche, in zunehmendem Maße auch regionale und globale internationale Institutionen bzw. die für sie (mit)verantwortlichen Funktionsträger. Letzteres spiegelt sich u. a. in den völkerrechtlichen Kontroversen über menschenrechtliche Relativierungen staatlicher Souveränitätsrechte wider.
Universale Rechte
Die Geschichte der Menschenrechtsentwicklung lässt sich gewiss nicht exklusiv, aber doch mit guten Gründen auch als Folge von Antworten auf elementare Leid- und Unrechtserfahrungen rekonstruieren. Das gilt für die "negativen" Freiheitsrechte (Abwehrrechte gegen herrschaftliche Übergriffe, Schutz vor willkürlicher Gewalt) wie für die "positiven" politischen Teilnahme- und sozialen Teilhaberechte (Mitbestimmung öffentlicher Angelegenheiten bzw. Sicherung wirtschaftlicher, kultureller Existenzbedingungen) - und in ähnlicher Weise auch für die in menschenrechtlicher Form auf Kollektive bezogenen Forderungen nach Frieden, Entwicklung und Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen.
Vor diesem Hintergrund und im Blick darauf, wie Menschen immer wieder, über alle Kulturgrenzen hinweg, auf extreme Menschenrechtsverletzungen mit Abscheu und Empörung reagieren, wird man das pragmatisch-beharrliche, an gegebenen Lebensverhältnissen anknüpfende Engagement für die schrittweise Verbesserung und Universalisierung konkreter menschenrechtlicher Standards keineswegs aussichtslos schelten dürfen. Umfassende Konsense über das "wahre" Menschenbild, über das "richtige" Menschenrechtskonzept (einschließlich "letzter" Begründungen) werden dagegen kaum je zu erreichen sein. Zu vielfältig verschieden sind dafür die in der Menschheitsfamilie produzierten Lebens- und Reflexionsgeschichten.
Säkulare Rechte
Es gibt gewiss viele, allerdings nicht gleichverteilte Möglichkeiten, im Menschenrechtsdialog an humane Gehalte der großen religiösen bzw. kulturellen Traditionen anzuknüpfen. Das wahrscheinlich wichtigste Kriterium für Verständigungschancen ist aber wohl die Bereitschaft bzw. Weigerung, den säkularen, d. h. weltlichen Charakter der Menschenrechte anzuerkennen. Hier wäre übrigens von christlichen Lernprozessen einiges zu lernen: Vor allem die katholische Kirche reagierte an hoher Stelle zunächst ablehnend, befürchtete gar eine zügellose Vergötzung des Menschen. Dann aber wurden menschenrechtliche Forderungen doch, Zug um Zug deutlicher, in die kirchliche Sozialverkündigung integriert. Nicht zuletzt auch die lange umstrittene Religionsfreiheit, die jene Sphäre der Säkularität mitdefiniert, welche als Schutzraum ein öffentliches Leben aus dem Glauben selbst unter Ohnmachtsbedingungen ermöglicht.
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass der christliche Glaube an die Menschwerdung Gottes für die Macht der Ohnmacht - auf die auch die Menschenrechtsarbeit so sehr setzen muss - besonders sensibel ist.
Klaus Ebeling
Projektleiter Ethik, Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
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