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Zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt … | Pater Jonathan
A. Göllner OSB,
Katholisches
Militärpfarramt
Hannover | Oft genug kommt einem das Leben wohl eher wie eine Achterbahn als wie eine gut ausgebaute, gerade Schnellstraße vor. Von einem Augenblick auf den anderen kann es einen aus der Bahn werfen, gerade noch oben auf, schon findet man sich unten wieder.
Oft genug, Gott sei dank, sind die Erlebnisse und Ereignisse dann nicht immer so schlimm, wie sie uns im ersten Moment erscheinen und oft genug sind es "nur" unsere Gefühle, die da mit uns Achterbahn fahren. Es gibt Tage, die kennt wohl jeder, da genügt schon eine Kleinigkeit, das berühmte Haar in der Suppe, die Fliege an der Wand, ein falsches Wort, um unsere Stimmung kippen zu lassen. Der eine fährt dann aus der Haut, der andere zieht sich völlig in sich zurück. Das mag dann nicht unbedingt in jeder Situation als "professionelles" Verhalten gewertet werden, aber wir sind nun einmal keine Maschinen, die immer und rund um die Uhr gleich gut funktionieren, sondern sind Menschen mit unserer ganz unterschiedlichen Tagesform.
Aber was ist, wenn die Achterbahn des Lebens einen nun wirklich aus der Spur wirft, wenn Lebensentwürfe, Lebensträume zerbrechen und man sich auf einmal dort wiederfindet, wo man nun wirklich nicht hinwollte? Wenn Lebenspläne durchkreuzt werden? Eines ist klar, dann geht es nicht weiter wie vorher, dann kann man nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre. Sich persönliches Scheitern, eine Niederlage eingestehen müssen ist bitter, tut weh. Dann braucht man Zeit und Raum zum Trauern, zum Abstandgewinnen, zur Neuorientierung. Aber haben wir überhaupt diese Zeit, diesen Raum, oder geben wir Menschen dann diesen Raum und diese Zeit, wenn sie sie brauchen? Verlangen nicht vielmehr der Alltag, der Dienst, die Umstände, dass reibungslos weiter funktioniert wird, als wäre nichts geschehen? Jung, dynamisch, erfolgreich, gesund - das ist doch das Glaubensbekenntnis, die Zielformulierung unserer Zeit. Scheitern und Pannen sind da nicht vorgesehen.
Da finde ich es gut, dass es zumindest einmal im Jahr in der Kirche eine Woche gibt, in der es gerade um diese Achterbahnfahrten des Lebens geht - die Karwoche. Diese Woche vor Ostern, in der, wie in einem Brennglas verdichtet, noch einmal das Leben, die Geschichte des Jesus von Nazareth in den Blick genommen werden. Denn da braucht man sich nichts vorzumachen, die Sache Jesu war äußerlich betrachtet keine Erfolgsgeschichte. Dubiose Geburt im Stall, zwielichtige Freunde aus dem Milieu, unter anderem Prostituierte, Steuereintreiber und andere Randexistenzen der damaligen Gesellschaft, kurzzeitig wird er als Retter des Volkes gefeiert, am Ende von seinen eigenen Leute verraten und durch die römische Besatzungsmacht am Kreuz hingerichtet. Ende - aus. So weit die Fakten.
Aber das Leben hält sich eben nicht an Fakten. Anscheinend gibt es da immer mehr. Irgendwie war der Mann nicht totzukriegen. Seine Botschaft, sein Beispiel, sein Leben, er selbst - es ging weiter, bis heute. Das ist das, was wir "Auferstehung" - "Ostern" nennen und feiern. Die Erfahrung, dass es immer wieder eine neue Chance gibt, dass das Leben sich neue Bahn brechen will und es auch tut, wenn auch auf unerwartete und manchmal ungewohnte Weise, wenn man ihm nur Zeit und Raum gibt. Die Kar- und Ostertage sind für mich jedenfalls eine Ermutigung auf meiner persönlichen Achterbahn des Lebens.Ach ja und noch etwas zum Schluss: Das Originalzitat "Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt" stammt von Johann Wolfgang von Goethe aus seinem Schauspiel "Egmont", und es hat noch eine zweite Hälfte: "Glücklich allein ist die Seele, die liebt."
Pater Jonathan A. Göllner OSB
Katholisches Militärpfarramt Hannover
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