8 |
Die Weltkirche und die Vereinten Nationen (UN) | Privatdozent
Dr. Heinz-Gerhard
Justenhoven,
Direktor des
Instituts für
Theologie und
Frieden, Hamburg | In Sydney hat sich die katholische Kirche einmal mehr als Weltkirche präsentiert: Junge Menschen aus allen Himmelsrichtungen sind dem Aufruf des Papstes in die australische Metropole gefolgt. Junge Weltkirche erlebt sich in Vielfalt und Gemeinsamkeit. Zu der Gemeinsamkeit gehört auch wieder das Gebet für den Frieden. Seit jeher ist es für Christen selbstverständlich, dass das Gebet für den Frieden auch den tätigen Einsatz für den Frieden unter den Völkern einschließt. Auf vielen Ebenen engagieren sich Christen für ein friedliches Zusammenleben und für die Überwindung von Hass und Gewalt. Die Päpste des 20. Jahrhunderts haben sich mit großem Nachdruck für die Vereinten Nationen engagiert. Warum dies?
Kriege zwischen den Völkern und Staaten, so die Grundeinsicht, müssen überwunden werden. Die Vereinten Nationen bieten als gemeinsame Organisation fast aller Staaten mit einer Art Weltparlament die Möglichkeit, dass alle Völker miteinander das Gespräch und nach einem Ausgleich der unterschiedlich Interessen suchen können. Weit entfernt von diesem Ideal, sind die Vereinten Nationen doch ein Anfang und eine politische Herausforderung. So mahnten alle Päpste seit Pauls VI. historischer Rede vor der UN-Generalversammlung am 4. Oktober 1965, dass die Staaten diese Organisation weiterentwickeln müssen. Sie sollten sich an den Grundprinzipien der UN orientieren, so Benedikt XVI. im April in New York: dem Streben nach Frieden, dem Sinn für Gerechtigkeit, der Achtung der Menschenwürde und der humanitären Zusammenarbeit.
Während die UN häufig zu Recht für ihre Defizite kritisiert werden, gilt es auch, das Erreichte ernst zu nehmen: Im Rahmen der Vereinten Nationen hat die Staatengemeinschaft Regeln für das Zusammenleben der Völker und Staaten aufgestellt, die als allgemein anerkanntes Völkerrecht kodifiziert sind. War es vor gut 100 Jahren kaum denkbar, dass sich souveräne Staaten freiwillig dem Völkerrecht unterwerfen, so ist dies heute im Prinzip unumstritten. Umstritten ist, wie wirkliche Rechtssicherheit hergestellt werden kann. Kleine Staaten können durch die Macht großer Staaten zur Einhaltung des Völkerrechts gezwungen werden. Große Staaten nehmen sich den Rechtsbruch heraus. Gerade Papst Johannes Paul II. hat diese Ungerechtigkeit immer wieder angeprangert: Gerechtigkeit und Frieden bedürften eines Völkerrechts, an das sich alle, Große wie Kleine, unterschiedslos halten müssten. Solange dies nicht gelingt, wird der Krieg auf der Tagesordnung der Völker bleiben - mit allen grausamen Folgen für die Betroffenen. Die Gretchenfrage lautet nun, wie eine internationale Ordnung aussieht, in der dieses Problem gelöst ist.
Das II. Vatikanische Konzil hat diesen Zusammenhang 1965 prägnant formuliert: "Es ist also deutlich, dass wir mit all unseren Kräften jene Zeit vorbereiten müssen, in der auf der Basis einer Übereinkunft zwischen allen Nationen jeglicher Krieg absolut geächtet werden kann. Das erfordert freilich, dass eine von allen anerkannte öffentliche Weltautorität eingesetzt wird, die über wirksame Macht verfügt, um für alle Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte zu gewährleisten" (GS 82). Eine Weltkirche, die sich dem Wohl aller Menschen verpflichtet weiß, muss den langen Atem aufbringen, das große Ziel einer wirklichen Friedensordnung immer wieder auf die Agenda der Weltpolitik zusetzen. Dann lässt sich verhindern, dass nationale Egoismen und Interessen die Weltpolitik dominieren.
PD Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, Direktor des Instituts
|
|
|