9 
           

Allein die Liebe

Pastoralreferent Michael Veldboer, Katholisches Militärpfarramt Plön
Ein Schriftgelehrter fragte Jesus nach dem wichtigsten Gebot (vgl. Mt 22,34-40). Die Antwort hätte ein guter Jude aus 613 Lehrsätzen auswählen müssen: Jüdische Theologen hatten das Gesetz in 365 ausdrückliche Verbote und in 248 Gebote unterteilt.

Die Antwort Jesu ist verblüffend: Aus Hunderten von Vorschriften komprimiert Jesus das Hauptgebot der Liebe!
Auf diesem Doppelgebot der Liebe basiert die christliche Ethik. Gottesliebe und Nächstenliebe sind der Inbegriff der sittlichen Forderung! Sie sagt, der Mensch schulde Gott und dem Nächsten Liebe und zwar Gott wegen dessen absoluter Güte und dem Nächsten um dessen Personenwürde willen. Die "Grundgesetzväter" haben diese Würde des Menschen als unantastbar erachtet (GG Art. 1).

Zweidimensionales Handeln

Christliches Handeln hat somit zwei Dimensionen: Es richtet sich auf Gott und auf den Mitmenschen. Keines lässt sich vom anderen trennen. Wird Gott ausgeschaltet, muss automatisch der Nächste dran glauben. Wird der Nächste ausgeschaltet, wird der Glaube an Gott Fassade. In jeder menschlichen Gesellschaft, sei es Partnerschaft oder gar Familie, Dorf oder Staat, hängen Ordnung, Leben, Gesetz und Frieden an diesen beiden Grundregeln. Leider haben sich mit der Zeit Menschen daran gewöhnt, Gott nicht mehr einzubeziehen. Das Ergebnis können dann beispielsweise sehr abstruse Äußerungen zum Fortbestand oder Aufkündigen von Partnerschaften bzw. Eheverträgen sein, wie jüngst zu lesen oder zu hören war. Handeln Menschen gottlos, sind sie Gott los!

Wahrer Bestimmungsgrad für die sittliche Richtigkeit aller Handlungen ist die Liebe! Die Liebe des Menschen hat ihren verbindlichen Maßstab an der Gutheit oder am Wert dessen, worauf sie sich jeweils bezieht.

Selbst ein Abschuss von Zivilflugzeugen zur Terrorabwehr kann unter Umständen sittlich geboten sein: In der Extremsituation, wenn solch ein Flugzeug auf einen Atommeiler zusteuert, gibt es keine Abwägung mehr von Leben gegen Leben.

Verdaulicher scheint das Beispiel der Falschaussage: Die Sprache hat etwas wie Instrumentalcharakter. Nur in der wahrhaftigen Rede wird die Sprache naturgemäß gebraucht und somit auch gemäß dem Willen des Schöpfers. Er hat die Gabe der Sprache verliehen. So wäre also die Falschaussage als Missbrauch der Sprache abzulehnen ohne Rücksicht auf die Folgen.

Diese Einstellung ist absurd, wenn gerade die Folgen dieser Handlung besonders hart sind, indem man beispielsweise mit dem Streben nach Wahrheit anderes Leben in Gefahr bringt. Unzählige Menschen haben durch bewusste Falschaussage unzählige Menschenleben im Dritten Reich gerettet, weil Prinzipien wie Wahrhaftigkeit, Redlichkeit, Ehrlichkeit auf ein letztes zurückzuführen sind: das Urprinzip der Liebe! An dieser Liebe ist alles zu messen, aber auch wirklich alles!

Das Urprinzip der Liebe

Diese Liebe ist langmütig und freundlich, sie ereifert sich nicht, sie bläht sich nicht auf und verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht ihren Vorteil und rechnet das Böse nicht zu; ferner freut sie sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Diese Liebe hört niemals auf! (1 Kor 13,4-8)

Pastoralreferent Michael Veldboer,
Katholisches Militärpfarramt Plön