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Liebe Leserinnen und Leser, | Der Leitgedanke des diesjährigen Weltfriedensgebetes, „Die Armut bekämpfen, den Frieden aufbauen“, gewinnt im Lichte der Krise des Finanz- und Bankensystems und der zu erwartenden Auswirkungen ungewollte Aktualität. | die Initiative, für den Frieden in der Welt, zwischen den Völkern und unter den Menschen zu beten, geht zurück auf das Pontifikat des Heiligen Vaters Papst Pauls VI. Seit 1968 lädt die Weltkirche zu Beginn eines jeden neuen Jahres die Gläubigen und alle Menschen guten Willens ein, das Anliegen einer friedlichen und gerechten Welt in den Mittelpunkt zu stellen. In diesem Jahr wird am 1. Januar 2009 auf Wunsch des Heiligen Vaters Papst Benedikts XVI. zum 42. Mal in der gesamten Kirche der jährliche Welttag des Friedens begangen.
Nicht immer wird der erste Tag des Jahres dafür gewählt. Trotzdem gilt: In zahlreichen Gemeinden, in den Bistümern, in katholischen Verbänden, Jugend- wie Erwachsenengruppen und oftmals auch in ökumenischer Verbundenheit mit anderen Christinnen und Christen stehen die Botschaft des Evangeliums und das Ethos des Friedens im Vordergrund der eigenen Bemühungen. Soldatinnen und Soldaten und deren Familienangehörige haben ebenfalls Gelegenheit dazu, denn die weltkirchlichen Anliegen, für den Frieden zu beten und das eigene Entscheiden und Handeln daran zu orientieren, bilden die Grundlage für die Seelsorge in der Bundeswehr. Bischöfe in den deutschen Diözesen und die Militärseelsorge in den Militärdekanaten laden zum Gebet für den Frieden ein und bekunden damit, dass der Dienst der Soldatinnen und Soldaten in einem engen inneren Zusammenhang mit dem steht, was die Förderung und Sicherung des Friedens ausmacht.
Die Botschaft des Heiligen Vaters an die Repräsentanten der Staaten und an alle Menschen guten Willens orientiert sich an einem Leitgedanken, der oft über seine grundsätzliche Bedeutung hinausweist und gesellschaftspolitische Bezüge zulässt. Dies geschieht in der Absicht, das gewählte Thema nicht nur abstrakt und theoretisch zu reflektieren, sondern es mit der eigenen Lebenswirklichkeit zu erden: Der Leitgedanke des diesjährigen Weltfriedensgebetes, „Die Armut bekämpfen, den Frieden aufbauen“, gewinnt im Lichte der Krise des Finanz- und Bankensystems und zu erwartenden Auswirkungen ungewollte Aktualität. Vielfach werden nun, nachdem das Ausmaß und die Folgen der Finanz- und Bankenkrise die bestimmenden Themen in allen Medien geworden sind, Fragen nach den möglichen Ursachen gestellt: Wie konnte es so weit kommen? Warum verwandelte sich die Welt- und Finanzwirtschaft in ein Spielcasino, in dem es kaum mehr um Verantwortung ging, sondern nur noch darum, so schnell und so hoch wie möglich abzuzocken? Warum galt es als fraglos risikofrei, Renditen von 25 Prozent und mehr in einem Quartal nach dem anderen zu erzielen?
Natürlich funktioniert kein Wirtschaftssystem, erst recht keine Marktwirtschaft, ohne Eigeninteresse. Eigeninteresse ist legitim und bildet oftmals den Motor für Innovation und Wettbewerb. Doch wie verhält es sich mit einem übersteigerten Eigeninteresse, welches um eines kurzfristigen Markterfolges willen zur allein bestimmenden Entscheidungsgröße wird? Möglicherweise liegt der Fehler darin. Eine der Ursachen dafür, dass es zu dieser Krise kommen musste, dürfte das Folgende sein: Orientierte sich nicht zu lange die Struktur der Bezahlung von Spitzenmanagern am kurzfristigen Erfolg, der in Prämien und Boni vergütet worden ist? Schnelle Rekordrenditen, kurzfristig steigende Quartalszahlen statt langfristiger Erträge – mag es sein, dass deshalb das Finanz- und Bankensystem seine Grenzen erreicht und überschritten hat?
Inzwischen geht es jedoch nicht mehr um Renditen. Es zeichnet sich ab, dass es ums Überleben des gesamten Finanzsektors geht, der ohne spektakuläre staatliche Bürgschaften und damit auch staatliche Verantwortung – zumindest vorläufig – nicht existieren kann. Es hat aber den Anschein, dass es dafür Zustimmung und Akzeptanz auch bei denjenigen gibt, die staatlichen Regelungsnotwendigkeiten eine Abfuhr erteilten.
Josef König,
Chefredakteur
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