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Die Auferstehung Jesu bestätigt die Hoffnung auf eine Überwindung von Hass, Streit und Krieg | Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff,
Theologische Fakultät der Universität
Freiburg i. Br., Institut für Systematische Theologie, Arbeitsbereich Moraltheologie Foto: © Universität Freiburg i. Br. | Kompass: Das Bekenntnis zur Auferstehung des gekreuzigten Jesus mag historisch umstritten sein, für Glaube und Theologie jedoch bedeutsam. Sind "Tod und Auferstehung" für eine moraltheologische und letztendlich auch friedensethische Konzeption von Bedeutung? Worin besteht ihre Bedeutung?
Professor Schockenhoff: Das Christentum ist in seinem Kern nicht nur eine in Glaubenssätze gefasste Lehre, sondern eine generationenübergreifende Lebensbewegung, die im Leben, im Tod und in der Auferstehung des Jesus von Nazareth ihren Ursprung hat. Ohne dieses österliche Fundament wäre das Christentum undenkbar; Paulus bringt dies drastisch zum Ausdruck, wenn er sagt: "Wäre Christus nicht auferstanden, wären wir Christen nur betrogene Betrüger."
Die Bedeutung des Osterglaubens für die Ethik der Christen im Allgemeinen und den Einsatz für den Frieden im Besonderen liegt darin, dass die Auferstehung Jesu die Hoffnung auf eine Überwindung von Hass, Streit und Krieg endgültig bestätigt. Seit Jesus von den Toten auferstanden ist, kann diese Hoffnung nicht mehr durch einen negativen Ausgang der Geschichte widerlegt werden. Christen müssen auf dem Weg der Versöhnung und des praktischen Friedensdienstes zwar Rückschläge und Niederlagen hinnehmen, aber die österliche Zuversicht, die aus dem Sieg Christi über den Tod entspringt, gibt ihnen auch angesichts enttäuschender Erfahrungen Kraft und Ausdauer.
| Foto: © KNA-Bild | Kompass: Im Lichte der österlichen Botschaft - worin könnte diese für den Dienst als Soldat bedeutsam sein? Oder anders gefragt: Hat Ostern etwas mit dem Dienst als Soldat zu tun?
Professor Schockenhoff: Das erste Wort, das der auferstandene Christus nach der Überlieferung der Bibel zu seinen Jüngern spricht, lautet: "Der Friede sei mit euch."
Der Friede Gottes und der Friede der Welt dürfen nicht gegeneinander ausgespielt oder nur so aufeinander bezogen werden, dass sie nichts miteinander zu tun haben. Der Friede als österliche Gabe des auferstandenen Herrn beginnt überall dort, wo es Menschen gelingt, Egoismus, Hass und Lieblosigkeit zu überwinden und im anderen nicht den Feind oder den Gegner, sondern den Mitmenschen zu sehen, dessen Leben genauso unsicher wie das eigene ist. Diese Entdeckung, die im Feind mehr als nur den Feind sieht, lässt etwas vom Licht der Auferstehung in die Welt des Todes und der Gewalt fallen. Der Sieg über den Tod, den wir in der Auferstehung Jesu feiern, beginnt schon in diesem Leben, in dem die Menschen ihre todbringenden Gegensätze überwinden und eine Beziehung der Versöhnung, des Ausgleichs der Interessen und der Solidarität beginnen.
| Foto: © Bundeswehr / Kovacev | Der Umstand, dass Soldaten u. U. auch mit der Waffe für einen dauerhaften Frieden kämpfen müssen, macht Ernst damit, dass die Botschaft der Versöhnung diese reale Welt mit ihren politischen, wirtschaftlichen und religiösen Gegensätzen umformen möchte zu einer dauerhaften, auf Gerechtigkeit zwischen den Völkern gegründeten Friedensordnung. Dazu muss man dem Bösen nicht nur im eigenen Inneren, sondern, wo es unvermeidlich ist, auch in den äußeren Strukturen dieser Welt widerstehen, notfalls eben auch in der paradoxen Weise, dass man der zerstörerischen Gewalt vorübergehend die gewaltbereite Abwehr des Rechts entgegensetzt.
Kompass: Öfters finden wir auch in der Literatur neben den Begriffen "Kreuzestod" auch den Begriff "Opfertod". Was immer sich dahinter verbergen mag - konkret gefragt: Dürfen Staat, Politik und Gesellschaft von Soldaten in der Erfüllung ihrer Pflicht ein Opfer abverlangen, welches letztendlich mit dem eigenem Tod oder mit dem Töten anderer verbunden ist?
Professor Schockenhoff: Der militärische Missbrauch des religiösen Begriffs "Opfertod" hat eine lange Geschichte in der nationalen und kirchlichen Kriegsrhetorik. Im Christentum ist das einzige Opfer, das Gott, um den biblischen Ausdruck zu verwenden, "gefällt", die Übernahme der Haltung Jesu, die Verbindung des eigenen Lebens mit seiner Gesinnung der Hingabe für die Menschen.
Wenn ein Soldat seinen Friedensdienst so versteht und bereit ist, im Einsatz für den Frieden auch das eigene Leben zu riskieren, darf er darauf vertrauen, dass dieser Einsatz bei allem Schmerz über die gefallenen Soldaten - auch die des militärischen Gegners - nicht umsonst ist.
Das Interview führte Josef König
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