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Die österliche Botschaft

Bedeutung und Relevanz in einer sich postchristlich verstehenden Gesellschaft

PD Dr. theol. habil. Thomas R. Elßner, Pastoralreferent, Katholisches Militärpfarramt Koblenz III
Foto: © André Klevenow
Bismarcks autobiographisches Werk "Gedanken und Erinnerungen" beginnt mit dem Satz: "Als normales Produkt unseres staatlichen Unterrichts verließ ich Ostern 1832 die Schule als Pantheist …" Heute würde wohl ein Politiker sagen, dass er "als normales Produkt unseres staatlichen Unterrichts" die Schule als einer verließ, für den alles relativ sei.

Alles ist irgendwie richtig - anything goes. Dabei wird christlicher Glaube von nicht wenigen unter dem Aspekt der Nützlichkeit bewertet. Das unverzichtbare und nötige Engagement von Christinnen und Christen in Caritas und Diakonie wird gesellschaftlich akzeptiert, aber zentrale christliche Glaubensüberzeugungen werden dem rein Privaten zugeordnet.

Freilich ist es durchaus schwierig und intellektuell geistlich anspruchsvoll zugleich, das Sterben, den Tod und die Auferstehung Jesu des Christus auch mit Bezug auf (m)ein Leben im 21. Jahrhundert in einer postchristlichen Gesellschaft zur Sprache zu bringen. Jedoch geschieht dies mitunter auf zwei Weisen, wobei jede für sich allein problembehaftet ist:

Die eine ist die fundamentalistisch-biblizistische Engführung. Sie folgt der Argumentationslinie, alles über Leben, Tod und Auferstehung Jesu stehe ja in der Bibel, man brauche es nur nachzulesen und wortwörtlich zu glauben; alles andere sei bereits Abfall und Unglaube. Sieht man einmal von der Schwierigkeit ab, dass Texte, die über 1.500 Jahre alt sind, sich vor allem einem unvorbereiteten Leser nur sehr schwer erschließen, so wird meist übersehen, dass viele, die einer biblizistisch-wortwörtlichen Methode anhängen, einen editierten griechischen Urtext des Neuen Testaments gar nicht lesen können.

Die andere Weise ist geistig anspruchsvoller und kann sich durchaus auch bei den Gebildeten unter den Verächtern des Christentums Gehör verschaffen. Aber manche Hörer merken sogleich, dass hier irgendetwas nicht stimmt, beispielsweise wenn es etwa heißt, dass Christi Botschaft in seinen Gemeinden lebendig bleibe und er auf diese Weise auferstanden sei. So wichtig es ist, dass Jesus Christus in Wort und Werk in seiner Kirche lebendig bleibt, so setzt dies aber existenziell voraus, dass der Christus, der Herr, wirklich auferstanden ist (vgl. Lukas 24,34).

Die Schwierigkeit beileibe ist, dass diese Botschaft gebrochen durch das Zeugnis von Menschen mitgeteilt wird. Somit sieht man sich mit der Frage konfrontiert, ob man diesem Zeugnis auch Glauben schenken kann. Nicht wenige Menschen, darunter auch Soldaten, wollen wissen, woran die Glaubhaftigkeit dieses Zeugnisses sich heute noch erkennen lasse?

Eine Antwort ist möglich, aber sie ist nicht anspruchslos zu haben: Christlicher Glaube ist ein Beziehungsgeschehen. Wie in einer innigen menschlichen Beziehung muss ich mich ganz auf diesen Glauben einlassen. Denn ich glaube nicht an eine Sache, sondern ich glaube einer Person, Jesus Christus. Er hat sich für mich ganz hingegeben, und Gott hat ihn nicht im Tod gelassen, sondern aus dem Grab auferstehen lassen.

Auch in meinem Alltag gerate ich bisweilen unentrinnbar in Situationen, die ich leidend und sterbend an Körper und Geist durchschreiten muss, aus denen ich aber am Ende, nicht selten anders als gedacht, von naiven Vorstellungen gereinigt und in meiner Persönlichkeit gereift zu einem erneuerten Leben geführt werde. Ebenso wird mir im Nachhinein bewusst, dass der Herr auch hier wirklich an meine Seite getreten ist, ich ihn aber nicht erkannt habe, wie es schon den Emmausjüngern, den Zeitzeugen (!), erging.

All diese Erfahrungen dürfen als eine Vorschussgabe auf die Auferstehung als ein Leben bei Gott gedeutet werden. Ich muss mich aber auf das Glaubenszeugnis und auf den Weggefährten, den Herrn, ganz einlassen. Vielleicht ist die Krise der österlichen Botschaft heute auch eine Krise der Bindungswilligkeit, angefangen an und bei sich selbst.