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Faszination Lourdes

Pater Andreas (Ludger Meyer), Katholisches Militärpfarramt Ulm II am Bundeswehr-Krankenhaus
Foto: © Sanitätskommando IV
Gerade ist die Wallfahrt nach Lourdes zu Ende gegangen. „Wie oft warst du eigentlich schon in Lourdes?“, wurde ich von vielen Teilnehmern gefragt. Dabei ging es nicht um den Rekord der Teilnahme, denn den könnte ich mit meinen 6 Wallfahrten eh nicht in Anspruch nehmen. Ich habe hinter der Frage eine andere gehört: „Warum fährst du so oft dahin?“ Stimmt: Warum bin ich nun schon zum sechsten Mal dabei gewesen? Sicherlich nicht aus dienstlicher Verpflichtung. Es gibt etwas, das mich anzieht, und ich versuche jedes Mal, dem auf die Spur zu kommen.

Rückblende: Als ich 2003 zum ersten Mal als Militärpfarrer mitfuhr, trieb mich eine Mischung aus Neugier und der Hoffnung, Vorurteile bestätigt zu bekommen, um.

Lourdes – damit verband ich alte Frauen, die besonders fromm sind und jedes Jahr einmal dahin fahren. War nicht meine Welt. Außerdem haben Wallfahrtsorte mit ihrem Rummel mich stets mehr abgestoßen als angezogen. Also versuchte ich, möglichst offen nach Lourdes zu fahren und eigene Erfahrungen zu machen. Und da ich „gewarnt“ worden war, habe ich mich beim ersten Mal im Hotel einquartiert. Sollte bequemer sein, besseres Essen und eine warme Dusche.

Was ich dann erlebte, war etwas ganz anderes. Das erste war Lourdes selbst. Den erwarteten Rummel gab es natürlich: Souvenirläden mit Gegenständen, die einfach grausig sind. Nepp an jeder Ecke. Aber dann die strikte Trennung. Nach Betreten des Heiligen Bezirks mit der Erscheinungsgrotte, den Kirchen, der Beichtkapelle ist Schluss damit. Da gibt es keine Läden oder Kioske. Dafür viele Orte, an denen ich mich niederlassen, ausruhen und sammeln kann. Zwar herrscht auch hier ein Geschubse und Geschiebe, weil sehr viele Menschen unterwegs sind, aber trotzdem gehen die Menschen achtsam miteinander um. Vor allem aber haben die Kranken überall Vorfahrt. Für sie gibt es eigens ausgerüstete Hotels. Zahllose Ehrenamtliche kümmern sich um sie. Sie werden in besonderen Wagen, einer Rikscha ähnlich, gefahren. Schwerkranke können liegend transportiert werden. Und in der Stadt gibt es eigene Fahrspuren für die Wagen der Kranken. Sie sollen vor allem zu den heiligen Stätten gelangen können. Die Gottesdienste und Gebetszeiten sind ganz besonders auf sie abgestimmt.

Foto: © Kompass / Volpers
Zu den besonderen Orten in Lourdes gehört die Grotte. Hier ist vor mehr als 150 Jahren Bernadette Soubirous, ein 14-jähriges Mädchen, das in ärmlichen Verhältnissen lebte, der Gottesmutter begegnet. In diesen Begegnungen gab die Gottesmutter Botschaften mit auf den Weg: in der Erde zu graben – und es entsprang eine Quelle. Menschen sollten zum Gebet hierher an diesen Ort kommen – heute sind es mehr als sieben Millionen jedes Jahr. Und eine Kirche sollte gebaut werden – mittlerweile sind es drei große und zahllose kleine, die den Pilgern als Gottesdiensträume zur Verfügung stehen. Aber das sind für mich alles Äußerlichkeiten.

Immer mehr fasziniert mich, dass die Wallfahrt nach Lourdes Menschen bewegt. Ich habe so viele persönliche Begegnungen erlebt, bei denen ungeheuer viel passiert: Trauer zulassen und annehmen; das eigene Leben ehrlich anschauen und Veränderungen angehen, weil Vergebung geschenkt wird; offen werden für das Geschenk einer Partnerschaft; andere junge Leute im Gebet und im Gottesdienst erleben und merken: Ich bin nicht der einzige. Manchmal konnte ich hilfreich sein, das beschenkt mich.

Menschen finden den Mut aufzubrechen und ihren Weg zu gehen. Das ist das wichtigste.

Pater Andreas (Ludger Meyer)
Katholisches Militärpfarramt Ulm II