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Menschliche Zuwendung

von Reinhold Robbe

Fotos (2): © Normann Plaster
Meine letzte Inspektionsreise nach Afghanistan führte mich in alle Stützpunkte unserer Bundeswehr im Norden des Landes. Mit unglaublich vielen bewegenden und zum Teil emotional berührenden Eindrücken bin ich dieses Mal zurückgekehrt.

Seit einigen Monaten hat sich die Sicherheitslage zugespitzt. Nun sind auch unsere Soldaten im Norden stundenlangen Gefechten ausgesetzt. Ich konnte es den ernsten Gesichtern der zum Teil noch sehr jungen Männer ansehen, was sie in jüngster Zeit durchgemacht haben. Sie berichteten mir von gefährlichen Situationen, von schwer verwundeten Kameraden und von der Unbarmherzigkeit der Terroristen.

Bei diesen Schilderungen wurde mir einmal mehr vor Augen geführt, was es für unsere Soldaten bedeutet, der gnadenlosen Gewalt des terroristischen Gegners ausgesetzt zu sein. Ein Gegner, der keine Regeln kennt und vor nichts zurückschreckt. Ein Gegner, der nicht einmal die Genfer Konvention respektiert und offensichtlich ganz bewusst gerade jene Fahrzeuge ins Visier nimmt, die das ‚Rote Kreuz’ tragen.

Auch in Afghanistan liegt alles in der Gnade Gottes („Omnia gratia dei“).
Vor diesem Hintergrund kann ich verstehen, dass den Soldaten kein anderes Wort als „Krieg“ einfällt, wenn sie mir das in langen Feuergefechten Erlebte schildern. Und ebenso gut kann ich es verstehen, wenn die Soldaten mich bitten, alles dafür zu tun, dass die Truppe endlich mehr „moralische Unterstützung“ von unserer Gesellschaft bekommt. Damit meinen die Soldatinnen und Soldaten im Grunde mehr menschliche Zuwendung, mehr Solidarität – wir Christen sprechen auch von Nächstenliebe –, die sie bei ihren Mitbürgern in der fernen Heimat vermissen.

Das Gefühl, im Stich gelassen zu werden, macht sich ganz besonders dann breit, wenn Kameraden schwer verwundet werden, wie es leider auch während meines Besuchs in Kunduz wieder geschah. Ich saß gerade erst fünf Minuten im Büro des Kommandeurs, als eine Patrouille dem Oberst meldete, von Taliban-Kämpfern angegriffen worden zu sein. Die Bilanz am Ende des Tages: zwei Verwundete, einer davon schwer, in den eigenen Reihen und vermutlich mehrere Tote und Verwundete auf der Seite der Aufständischen.

Abends sitze ich mit unseren Soldatinnen und Soldaten im Gottesdienst. Nicht wenige suchen Trost im Wort Gottes. Der Pfarrer findet die richtigen Worte. Ich zucke ein wenig zusammen, als ich das Geräusch von Feuerstößen aus Maschinengewehren in der Ferne vernehme. Ein Soldat neben mir sieht mein fragendes Gesicht und flüstert mir zu: „Nichts Schlimmes, unsere Leute üben nur!“