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Urlaub – Zeit für mich und das, was wichtig ist

Pastoralreferent Achim Sasse, Katholisches Militärpfarramt Faßberg
Foto: © Kompass / Volpers
Für die meisten von uns ist der Sommer die wichtigste Urlaubszeit des Jahres. Endlich mal wieder zwei, drei oder vier Wochen weg von allem, was stresst: Arbeit, Kameraden, Vorgesetzte. Zeit für die Familie haben. Zeit für mich haben. Unterwegs sein und was erleben. Oder mich entspannen und zur Ruhe kommen. Mich mit dem beschäftigen, wozu ich Lust habe und was mir gut tut.

Seit vielen Jahren ist ja das „Wallfahren“ wieder „in“! Es verknüpft das eine mit dem anderen nach dem Motto: „Ich bin dann mal weg, um zu mir selbst zu finden!“ Die Soldatenwallfahrt nach Lourdes zum Beispiel. Oder wie wär’s mal mit Rom oder Jerusalem? Ganz groß im Rennen bzw. hoch im Kurs ist wieder die lange und strapaziöse Fuß- oder Radwallfahrt nach Santiago di Compostela in Galizien im Nordwesten Spaniens – DIE Wallfahrt des Mittelalters. Gegangen von seriösen Gläubigen und – als Buße – von Straftätern, ein monatelanges Himmelfahrtskommando ohne Rückkehrgarantie.
Vor Jahren habe ich es selbst gewagt, zusammen mit einem Freund. Knapp 2.000 Kilometer ab Paris; und wo es mit dem Fahrrad möglich war: auf den alten und teils unbefestigten Wegen. Wer was auf sich hält, nimmt die alten überlieferten Pilgerstrecken. Für Nord- und Mitteldeutsche geht’s über Paris und Chartres. Vor allem die gotische Kathedrale in Chartres hatte und hat fast magische Anziehungskraft: die Architektur, das große Labyrinth im Fußboden, die beeindruckenden Rosettenfenster.

Struktur des Labyrinths im Fußboden der Kathedrale in Chartres
In solch einem Gebäude begegnet man einer anderen Welt: keine Hektik und alles voller Symbolik. Verstehen wir sie heute noch? Die meisten Menschen des Mittelalters konnten weder schreiben noch lesen und hatten keinen Zugang zu Literatur. Erfahrungen und Lebensweisheiten wurden anders vermittelt: Wer die imposanten Rundfenster mit einer Christusdarstellung in der Mitte betrachtete, wusste: Ich brauche eine tragende Mitte, sonst verliere ich mich selbst.
Wer den verschlungenen Wegen des Bodenlabyrinths folgte, erfuhr: Der Weg zur Mitte ist nie gerade; ohne die Richtung zu wechseln, komme ich nicht ans Ziel; ohne Umkehr bleibe ich gefangen; alles, was mir wertvoll ist, kann ich weder einfach noch schnell erreichen.

Heute gibt es unzählige Bücher über Selbsterfahrung, Meditation, Selbstheilungskräfte, Erlösung. Eigentlich auch schon wieder eine Reizüberflutung! Orte wie Chartres ermutigen dazu, mich selbst in den Blick zu nehmen, die Frage zuzulassen: Was ist eigentlich los mit dir? Was willst du eigentlich?

Denn: Stell dir vor, du gehst in dich und niemand ist da! Hab den Mut, den Rätseln deines eigenen Lebens auf die Spur zu kommen! Es lohnt sich. Du solltest es dir wert sein, denn du bist es Gott wert.

Pastoralreferent Achim Sasse


Rosettenfenster der gotische Kathedrale in Chartres

Werde still
und finde heim
zu dir selbst.
Verzehre deine Kräfte nicht
im Lärm der Welt.
Es ist gut,
wenn du deine Arbeit tust,
deine Aufgaben
und Pflichten erfüllst –
und es ist wichtig,
dass du das gern tust.

Aber gehe nicht auf in dem,
was draußen ist,
sondern nimm dich
immer wieder zurück.
Sammle deine Gedanken,
versenke dich
in deine eigene Tiefe
und suche nach der Mitte
deines Wesens
und deines Lebens.

Von dieser Mitte her
wirst du den Maßstab finden
für das, was wirklich wichtig ist
für die Erfüllung,
für die Ganzheit deines Lebens.

Christa Spilling-Nöker, Werde still
© Verlag am Eschbach der Schwabenverlag AG, Eschbach/Markgräflerland