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Die Würde des Menschen ist unantastbar – und antastbar?

Die Seminargruppe vor den Türmen der Bischofskirche St. Sebastian in Magdeburg
Foto: © Ralph Umbach
Unter diesem Titel führten die Berliner Sicherheitspolitiker und Militärstrategen des Zentrums für Transformation ihr diesjähriges Lebenskundliches Seminar im Roncalli-Haus in Magdeburg durch. Als Referenten standen Militärdekan Georg Pützer aus Berlin und Carsten Vossel von Haus Ohrbeck zur Verfügung.

Es dauerte nicht lange, bis man sich in der Gruppe einig war, dass die Menschenwürde per se ein unveränderbares und unantastbares Gut darstellt. Neben der Menschenwürde gibt es allerdings auch auf einer anderen Ebene einen weiteren Würdebegriff. Diese allgemeine Würde, die im Sprachgebrauch z. B. in Formulierungen wie „Das ist unter meiner Würde.“ auftaucht, ist jedoch im Unterschied zur Menschenwürde verdienbar. Zur Feststellung dieser Unterscheidung definierten die Seminarteilnehmer, welche Begrifflichkeiten konkret mit der Menschenwürde in Verbindung gebracht werden können und welche nur dem Anschein nach. So wurden Begriffe wie Ausbeutung, ebenso wie die Situation des Sterbens unmittelbar und übereinstimmend der Menschenwürde zugeordnet. Begriffe wie „Hartz IV“ oder die Datenschutzdiskussion waren umstritten, wurden jedoch als eher nur scheinbar der Menschenwürde entsprechend bewertet. Auf jeden Fall einigte man sich darauf, dass alles menschenunwürdig ist, was gegen das eigene Gewissen und unter Zwang stattfindet. Als Bewertungsmaßstab brachte der Referent die sogenannte Objektformel der Menschenwürde mit ins Spiel. Demnach ist die Menschenwürde getroffen, wenn der konkrete Mensch zu einem bloßen Mittel, zur ersetzbaren Größe, zum Objekt herabgewürdigt wird. Diesem entgegenzuwirken ermöglicht der Rekurs auf die Positivdefinition von Wolfgang Höfling. Demnach bedeutet Achtung und Wahrung der Menschenwürde Folgendes: die Achtung und den Schutz der körperlichen Integrität, die Sicherung menschengerechter Lebensgrundlagen, die Gewährung elementarer Rechtsgleichheit und die Wahrung der persönlichen Identität.

© KMBA / Bierdel
Schnell gelangte in diesem Zusammenhang der Afghanistan-Einsatz in den Mittelpunkt der Diskussion. Eines wurde dabei sehr deutlich: dass Menschenwürde und die Gewährung derselbigen einem starken Kulturbezug unterliegt. Dabei half das Modell des Kulturwissenschaftlers Geert Hofstede weiter. Er bietet mit seinem 4-Dimensionen-Modell eine Antwort auf die Frage, wie verschiedene Kulturen unterschieden und verstanden werden können. Diese Dimensionen sind jeweils das Kontinuum vom Kollektivismus zum Individualismus und von Machtdistanz zu Machtnähe, die Unsicherheitsvermeidung sowie die Orientierung von maskulin oder feminin. Des Weiteren hilft es, sich klar zu machen, dass kulturelle Wahrnehmung wie eine Zwiebel aufgebaut ist. Im äußeren Ring der Schale befinden sich die Symbole der Kultur, im darauffolgenden die Vorbilder und Helden, dann kommen Verhaltensweisen und im Kern die Werte. Um Letztere zu entschlüsseln, bedarf es sowohl des Wissens um die Kultur als auch der konkreten Erfahrung mit der Kultur. Das heißt, dass im Kontakt mit fremden Kulturen zwei Aufgaben zu bewältigen sind: Zum einen die Offenheit für die Möglichkeit fremder Wertvorstellungen zu gewährleisten und zum anderen die Geduld aufzubringen, diese als schwer zugängliche Mitte der Zwiebel nur langsam freilegen zu können.

Am Ende des Seminars war man sich einig, dass gerade die hiermit verbundenen Spannungen für Bundeswehrangehörige im Einsatz bedeutsam sind und bewusst gehalten werden sollten.

Dr. Detlef Buch
Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin

Siehe auch:
www.roncalli-haus.de und www.swp-berlin.org