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CD des Monats

Norah Jones – The Fall

Die Haare sind kürzer, der gesamte Look geändert – und das sind nur die rein äußerlichen Kennzeichen eines mehr oder minder großen Wandels bei Miss Jones. Aber Achtung: das weiße Ball- oder Hochzeitskleid täuscht!

Nach einem fulminanten Debüt mit dem Album „Come away with me“ anno 2002 folgten mit „Feels like home“ (2004) und „Not too late” (2007) zwei Platten, an die sich trotz ausgezeichneter Chart-Plätze niemand mehr so recht erinnern kann … etwas zu sanft (um nicht zu sagen: seicht), zu wenig Melodien, die im Ohr bleiben (okay: Ausnahme „Sunrise“, das als Single-Auskopplung 2004 mäßig erfolgreich war). Aber beweisen muss sie bei über 36 Mio. weltweit verkaufen Platten nichts mehr.

Also: was jetzt? Zurück zum Jazz? – Immerhin ist ihre Plattenfirma „Blue Note“ DAS Jazz-Label schlechthin. Oder weiter in die Singer-Songwriter-Ecke?

Weder noch – laut Plattenfirma wollte sie diesmal etwas anderes ausprobieren. Und das ist ihr gelungen! Schon die ersten Akkorde des Openers „Chasing pirates“, der zugleich erste Single ist, machen klar, wohin der Weg geht: Die 30 Jahre alte Songpoetin hat den Flügel gegen ein Wurlitzer-E-Piano getauscht und hängt sich neuerdings sogar mal die Fender Strat um. Es darf gerockt werden!

Dazu passt die Zusammenarbeit mit Jacquire King, langjähriger Produzent von Tom Waits , der ihr auch half, eine komplett neue Band zusammenzustellen, die ihre Klangvorstellungen umsetzen konnte.

Und so gibt es durchweg twangende, rockige Gitarren, das Wurlitzer wird gar richtig angezerrt. Das Ganze mal angereichert um wunderbar sägende Synthsounds („Light as a feather“) oder eine an Country erinnernde Orgel („Tell yer Mama“) – alles gut hörbar und auf die nach wie vor beeindruckende, rauchig-sanfte Stimme von Norah Jones hingeordnet.

Dabei bewegen sich die meisten Songs im midtempo-Bereich; die ganz schnellen Nummern sind ebenso wie Indie-Sounds sicher nicht ihr Ding. Dass sie aber auch live mit dem neuen Konzept überzeugen kann, beweist sie in der Deluxe-Ausgabe der CD, der als Bonus eine CD mit drei neuen und drei alten Titeln beiliegt, aufgenommen bei einem Club-Konzert in New York am 4.11.2009. Darunter auch mein persönlicher Hit aus diesem Album: „It’s gonna be“ – eine deutliche Abrechnung mit einer zunehmend zynischen Gesellschaft, die sich nur noch um Geld und B-Promis dreht.

Wie gesagt: das Ballkleid täuscht – das Experiment in Richtung Rock-Chick ist gelungen!

Theresia Büsch