8 
           

Kunduz und die Regierungserklärung

„… ein wichtiges politisches Signal“

Außenminister Dr. Guido Westerwelle während einer Rede im Deutschen Bundestag, Berlin, 10.2.2010
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gab am 6.11.2009 die Zuständigkeit für das Ermittlungsverfahren über den NATO-Luftangriff Anfang September in Afghanistan an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ab. Die Bundesanwaltschaft solle zunächst prüfen, inwieweit es sich in Afghanistan um einen bewaffneten Konflikt handele. Des Weiteren müsse dann in Karlsruhe untersucht werden, welche völkerstrafrechtlichen Konsequenzen sich aus dem von einem deutschen Stabsoffizier angeordneten Luftangriff ergeben könnten.

Zwischenzeitlich greift die Bundesregierung einer Entscheidung der Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof (Karlsruhe) vor und nimmt eine eigene juristische Bewertung vor.

In der Regierungserklärung durch den Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) vom 9.2.2010 führte dieser aus: „Zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme gehört auch, die Realitäten in Afghanistan so zu benennen, wie sie sind. Die Bundesregierung hat sehr sorgfältig die Frage geprüft, wie die Lage im Norden Afghanistans zu bewerten ist. Die Intensität der mit Waffengewalt ausgetragenen Auseinandersetzung mit Aufständischen und deren militärischer Organisation führt uns zu der Bewertung, die Einsatzsituation von ISAF auch im Norden Afghanistans als bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts zu qualifizieren. Ob uns das politisch gefällt oder nicht, so ist die Lage. Ob wir es so nennen oder nicht, so ist die Lage. Die Lage beim Namen zu nennen, sind wir all denen schuldig, die sich vor Ort den Gefahren aussetzen. Diese rechtliche Qualifizierung der objektiven Einsatzsituation von ISAF hat Konsequenzen für die Handlungsbefugnisse der Soldaten, für die Befehlsgebung und für die Beurteilung des Verhaltens von Soldaten in strafrechtlicher Hinsicht. Sie hat keine Auswirkungen auf das Mandat, für das wir um Zustimmung bitten. Sie hat auch keine Auswirkungen auf den Einsatz unserer Polizisten. Unsere Polizisten wurden und werden ausschließlich im Norden Afghanistans und ausschließlich zu Ausbildungszwecken eingesetzt. Für ihren Einsatz ist entscheidend, dass wir ihn angesichts der tatsächlichen Sicherheitslage verantworten können. Fürsorge hat höchste Priorität. Unsere Polizisten arbeiten nur dort, wo die Bundeswehr für Sicherheit eintritt. Darauf haben wir uns auch mit den Ländern einvernehmlich verständigt.“

Der Bundesminister der Verteidigung Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) informierte unmittelbar danach in einer Pressemitteilung über einen Vorbehalt, den er erkennt: „Ich freue mich, dass die Bundesregierung jetzt zu einer einheitlichen Linie bei der völkerrechtlichen Bewertung der Situation gefunden hat. Unsere Soldaten brauchen Rechtssicherheit. Die endgültige juristische Bewertung bleibt der Justiz vorbehalten. Gleichwohl hat die Regierungserklärung heute ein wichtiges politisches Signal gesetzt.“

Eine endgültige juristische Bewertung bleibt der Justiz vorbehalten. Er meint wohl in diesem Fall, der Generalbundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof. Zu Recht, denn die Regierungserklärung war „ein wichtiges politisches Signal“ – keine Entscheidung eines Gerichtes. Wie nun die Generalbundesanwaltschaft mit politischen Signalen umzugehen gedenkt, werden wir erst später herausfinden.

Josef König