10 |
Duplizierungen verhindern – Synergien erzielenEin Kommentar zur zivil-militärischen Zusammenarbeit der Bundeswehr im Ausland | Oberst i.G. Rudolf Holderer, Abteilungsleiter J9 zivil-militärische Zusammenarbeit im Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam. | Im weltweiten Einsatz zur internationalen Konfliktverhütung und Krisenreaktion gewinnt das zivile Umfeld für moderne Streitkräfte an Bedeutung.
Die Belange der Bevölkerung, der zivilen Administration und ziviler Hilfsorganisationen, mit denen sich das Militär den Einsatzraum teilt, wurden von der Bundeswehr 2001 mit ihrer Konzeption zur Zivil-Militärischen Zusammenarbeit aufgegriffen. Erfahrungen wurden unter anderem in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Afghanistan gesammelt. Bei Einsätzen im Ausland vollzieht sich die noch relativ neue Fachaufgabe deutscher Streitkräfte in drei Funktionsbereichen.
Die "Unterstützung der Streitkräfte" umfasst die Beurteilung der zivilen Lage sowie die Beratung der Kommandeure bezüglich der Auswirkungen des militärischen Einsatzes auf das zivile Umfeld und umgekehrt. Sie ist lediglich organisationsintern von Interesse.
Die "Koordinierung der zivil-militärischen Beziehungen" jedoch erzielt Außenwirkung. Hier werden aktiv Verbindungen zu zivilen Entscheidungsträgern im Einsatzgebiet, wie der zivilen Administration sowie nationalen und internationalen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen gesucht. In der Umsetzung des Aktionsplans der Bundesregierung "Zivile Krisenprävention" bewährt sich zunehmend in den deutschen Provincial Reconstruction Teams in Nordafghanistan der enge Kontakt zu Vertretern der drei anderen im Rahmen des ressortübergreifenden Ansatzes tätigen Ministerien (Außen-, Innen- und Entwicklungshilfe-Ministerium).
Einige zivile Nichtregierungsorganisationen jedoch mutmaßen den unzulässigen Versuch des Militärs, sie zu instrumentalisieren. Ein Vorwurf, der bei einem Gesprächsangebot auf Augenhöhe und Freiwilligkeit etwas seltsam klingt. Bei all diesen Kontakten muss es gelten, Dominanz und Doppelarbeit zu vermeiden, eigene Möglichkeiten und Grenzen aufzuzeigen und wo immer möglich Synergien anzustreben. Seit geraumer Zeit gewinnt diese Erkenntnis erfreulicherweise zunehmend Raum.
"Unterstützung des zivilen Umfelds" meint gegebenenfalls Durchführung von zivilen Unterstützungsmaßnahmen. Auch hier gibt es gelegentlich Konfliktpotenzial, wenn unterstellt wird, Soldaten sollten zu uniformierten Entwicklungshelfern gemacht werden. Zunächst führen CIMIC-Teams mit "Village Profiling" Erkundungen bis in entlegene Gebiete durch und stellen vor Ort Unterstützungsbedarf fest, der dann vorrangig durch zivile Hilfsorganisationen gedeckt werden soll. Nur in Ausnahmefällen werden die Streitkräfte subsidiär tätig, also dort, wo zivile Kräfte die Aufgabe nicht erfüllen können und die Bundeswehr freie Kapazitäten hat. Da die Bundeswehr über keine nennenswerten eigenen Finanzmittel zur Durchführung von zivilen Unterstützungsmaßnahmen verfügt, ihre Kräfte ausgelastet sind und zudem das Ziel militärischen Engagements die möglichst rasche Schaffung selbsttragender Stabilität und Abzug der Truppe ist, greift der Vorwurf, das Militär dränge sich in zivile Aufgabenfelder, nicht.
Der integrative Ansatz des deutschen PRT-Konzepts in Afghanistan, in dem die zivil-militärische Zusammenarbeit die Scharnierfunktion zwischen militärischem und zivilem Anteil erfüllt, zeitigt deutliche Erfolge, auf denen es weiter aufzubauen gilt, um die stets knappen Ressourcen gemeinsam optimal zur Wirkung zu bringen.
|
|
|