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Auf ein Wort | Der Katholische Standortpfarrer Fritzlar, Militärpfarrer Marcus Wolf, Georg-Friedrich-Kaserne | Überall sind Menschen auf der Flucht. Es ist ein Dauerthema, das die Vereinten Nationen in diesem Monat zum Weltflüchtlingstag am 20. in den Blick nehmen.
Die Bibel berichtet immer wieder von Menschen in ihrer Not auf der Flucht. Ich denke da an die bekannteste, die Flucht aus Ägypten: das Volk zieht in seine Heimat. Ursache war letztlich die Vertreibung des Josef und die Flucht seiner Familie vor Hunger an den Nil. Doch ihre Heimat war dort nicht. Krieg vertreibt später das Volk Gottes ins Exil, und auch die Heilige Familie muß nach der Geburt Jesu fliehen. Immer bilden Angst ums Leben und Überleben den Hintergrund. Auch in Deutschland kennen wir Vertreibung und Flucht, und wir wissen um die Sorgen, die daraus folgen. Jede Flucht ist ein Verlust und zieht oft eine lange, meist schwierige Heimatsuche nach sich. Wie schwer das wirklich ist, erfahren wir heute eher aus den Medien als in unserem Alltag.
Oder sind nicht auch wir auch auf der Flucht? Wenn ich die vielen Heimatlosen sehe, die Erholung nur in der Fremde zu finden hoffen. Da sind auch die langen Ströme der Wochenendheimkehrer - wo sind sie zuhause?
Eine Aufzählung würde sicher nicht bei den Schwierigkeiten enden, die eine Scheidung nach sich zieht. Unsere Gesellschaft ist bis in die Familien hinein zerrissen.
Dazu kommt die innere Flucht, auch vor den Sorgen und Fragen des Alltags. Virtuelle Welten haben Konjunktur, und manche fliehen bis in die Scheinwelt der Drogen hinein.
Die moderne Gesellschaft zeichnet sich in besonderer Weise durch Flucht und Heimatlosigkeit aus. Menschen, die keine Heimat kennen, können auch keine Heimat schaffen und bieten. Die Folgen sind Flüchtlingsströme auf der ganzen Erde.
Soziale Umbrüche und Ungerechtigkeit nehmen den Menschen ihre Heimat. Die Schwachen auf unserer Erde können im Preiskampf nicht bestehen. Wir sichern unseren Standard, weil Arbeit und Rohstoffe in anderen Ländern billiger sind. Es geht bei der Sorge um Flüchtlinge in großem Maße um Hilfe für die Betroffenen, direkt, wo Not herrscht - aber auch und vor allem vorbeugend, um Schutz von Heimat. Letztlich gibt menschliche Begegnung Geborgenheit und Heimat.
Dies sollte uns Christen nicht fremd sein.
Marcus Wolf
Im Jahr 2000 beschloss die UN-Vollversammlung, den 20. Juni zum Weltflüchtlingstag zu erklären. Anlass dafür war das 50jährige Bestehen des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Ratifizierung der Genfer Flüchtlingskonvention. 2005 waren nach UN-Angaben etwa 20 Millionen Menschen auf der Flucht, davon fünf Millionen, die seit fünf oder mehr Jahren im Exil leben müssen. Andere Schätzungen gehen von bis zu 40 Millionen Flüchtlingen aus. Die größte Flüchtlingsgruppe stellt Afghanistan mit fast 2 Millionen. Flüchtling ist, wer ins Ausland fliehen muss aufgrund von Verfolgung. Wer im Inland bleibt, gilt als Binnenvertriebener. Die Statistik des UNHCR beziffert ihre Zahl auf 6,6 Millionen. Die tatsächliche Zahl dürfte aber bei über 23 Millionen Menschen liegen. Allein in Kolumbien wurden zwei Millionen Menschen vertrieben. Für ihre weltweiten Aufgaben steht den 6500 Mitarbeitern des UNHCR etwa 1 Milliarde US- Dollar zur Verfügung. Mehr Informationen unter www.unhcr.de.
Auch die katholische Kirche widmet dem Flüchtlingsproblem höchste Aufmerksamkeit. So besteht auf weltkirchlicher Ebene der "Päpstliche Rat der Seelsorge für die Migranten und die Menschen unterwegs", der Hilfsprojekte für Flüchtlinge koordiniert.
Die Kirche begeht am 2. Sonntag im Jahreskreis außerdem den Welttag der Migranten und Flüchtlinge. Aus diesem Anlass hat Papst Benedikt XVI. in seiner diesjährigen Botschaft die Familienzusammenführung als drängendes Problem der Flüchtlingspastoral hervorgehoben.
Oliver Maksan
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