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Beim Katholischen Militärpfarramt Kiel (Teil 2)

Vom Säugling bis zum Admiral: Der Einzelne und das Ganze

MAK in Kiel: HG Prib, Pfr. Kaufmann und OTL d. R. Abts
Im vorigen Heft Kompass. Soldat in Welt und Kirche (04/08, S. 14-16) berichteten wir über den Weltfriedenstag in Kiel, eine Kommandoübergabe in Lütjenburg und andere kirchliche, militärische oder politische "Großereignisse". Aber natürlich besteht Militärseelsorge - auch in einer Landeshauptstadt, die zugleich Sitz einer der beiden Einsatzflotillen, eines Wehrbereichs- und eines Sanitätskommandos und anderer wichtiger Dienststellen ist - nicht in erster Linie aus Repräsentieren oder Feiern, sondern aus vielen persönlichen Gesprächen - mit einzelnen Menschen und mit unterschiedlichen Gruppen.

Eine dieser Gruppen, die für Militärpfarrer Kaufmann nicht Arbeit und zusätzliche Termine bedeuten, sondern Unterstützung und Austausch, ist der Mitarbeiterkreis (MAK), vergleichbar einem Pfarrgemeinderat in den zivilen Kirchengemeinden. Ausgerechnet als der Kompass-Redakteur sich ein Bild von dessen Arbeit machen will, ist ein Großteil der rund 15 Mitglieder verhindert. Obwohl es hier eigentlich um die Beratung und die Selbstorganisation der Laien (im kirchlichen Sinn) geht, sind diesmal statt der Ehrenamtlichen also eher diejenigen zur Besprechung im Militärpfarramt zusammen gekommen, die beruflich in der "Kirche unter Soldaten" tätig sind: Pfarrer Kaufmann selbst, sein Geschäftszimmersoldat, Hauptgefreiter Prib, Frau Pfister als Mitarbeiterin des Katholischen Leitenden Militärdekans Msgr. Rainer Schadt, der oft zwischen den beiden Büros in Glücksburg und Kiel pendelt, sowie Pfarrhelferin Hahn aus Plön, die zusammen mit dem Pfarrhelfer aus Lütjenburg in Kiel mithilft, solange der dortige Pfarrhelfer erkrankt ist. Oberstleutnant d. R. Abts vertritt heute in diesem Gremium die Soldaten und zugleich den Reservistenverband. Es geht um die Vorbereitung des Weltfriedenstages und die Schwierigkeiten, die Informationen über Veranstaltungen und Termine in der Truppe zu verteilen, um die Pfarrbriefe für Kiel und Plön, aber auch um die Themen der Soldaten und ihrer Familien selbst: etwa Arbeitsverdichtung und Soziale Kälte, Fernbeziehungen und lange Einsätze. Und schließlich soll ein neuer Versuch unternommen werden, eine andere Gruppe zu gründen, die auf weiteren Ebenen die Anliegen der Seelsorge tragen und beleben soll - einen örtlichen Kreis der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS).

Einfahrt zur Kaserne in Lütjenburg
Vor- und nachher finden im Büro des Militärpfarrers in angenehmer, ruhiger Atmosphäre Gespräche im direkten Kontakt statt, die sich mit Formalitäten befassen, die es auch in der kirchlichen Verwaltung gibt, aber vor allem mit dem christlichen Glauben selbst: Mal ist ein konfessionsverschiedenes Ehepaar da, das seinen drei Monate alten Sohn zur Taufe anmeldet, mal ein erwachsener Taufbewerber, der in einer ganzen Reihe von Gesprächen intensiv mit den Glaubensinhalten vertraut gemacht wird und nachholt, was viele bereits als Kinder und Jugendliche in der Kommunion- und Firmvorbereitung oder im schulischen Religionsunterricht erfahren haben. Bei den einen (Marinesoldat und Ärztin im Sanitätsdienst) geht es zunächst um die Namensgebung für den Säugling; er soll nach den Patronen der Soldaten und Seefahrer Georg Nikolaus heißen, worüber sich Pfarrer Georg Kaufmann besonders freut. Daraus ergibt sich jedoch ein intensives Gespräch zu dritt über tiefe theologische Fragen. Bei dem anderen, einem jungen Heeressoldaten, dreht sich viel um biblische Themen und um das Leben Jesu.
Eine Besonderheit an diesem Standort ist, dass Pfarrer Kaufmann anderen Soldaten und Soldatinnen, die zu ihm mit Selbstzweifeln, psychischen Problemen und in anderen Nöten kommen, neben dem seelsorgerlichen Gespräch, den Sakramenten wie der Beichte und der Krankensalbung, außerdem spirituelles und energetisches Heilen anbietet. Er selbst betrachtet diese ganzheitliche Unterstützung seiner Arbeit als einen direkten Bestandteil seines geistlichen Handelns, der sowohl mit seinem Vorgesetzten als auch mit Bundeswehr-Ärzten abgestimmt ist. "Es war ein Auftrag Jesu an seine Jünger, in seinem Namen Dämonen zu vertreiben und Krankheiten zu heilen", sagt Pfarrer Kaufmann. So hat er - ausgehend von den Heilungserzählungen im Neuen Testament - eine jahrelange Zusatzausbildung durchlaufen, deren therapeutische Vorgehensweisen ihm gerade bei Soldaten in oder nach Extremsituationen und auch in seiner achtmonatigen Einsatzbegleitung der UNIFIL-Operation im Mittelmeer sehr hilfreich waren. Daher findet sich im Dienstzimmer von Pfarrer Kaufmann neben dem Bürostuhl am Schreibtisch und den Sesseln für entspannte Gespräche auch eine Liege, die als Hilfsmittel bei geistlich und spirituell heilenden Prozessen dient.

Heilige Messe auf dem in Kiel stationierten Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“
Aber nicht immer sind die Gespräche unter vier Augen, die ein Militärpfarrer führt, ernst und tiefgehend. Häufig kommt es in den Kasernen und auf den Schiffen auch zu spontanen und ungeplanten Begegnungen und einem Plausch - vom Admiral bis zum Matrosen, vom General bis zum Schützen.
Weitere Begegnungen ohne Anmeldung sind in anderer Form sogar möglich für die Soldaten, die auf dem Truppenübungsplatz Todendorf Dienst tun. Dieser gehört zum Bereich des Militärpfarramts Lütjenburg, das von Rendsburg aus dorthin verlegt wurde und noch auf den ersten eigenen Katholischen Militärpfarrer wartet. Bis dahin nimmt Pfarrer Kaufmann die Dienststellenleitung wahr, wie auch an der Marine-Unteroffiziersschule in Plön. Schon seit vielen Jahren verfügt der Übungsplatz Todendorf über eine eingetragene katholische Kapelle. Diese wurde in den 1970er-Jahren von britischen Militärs eingerichtet und 2001 von Militärpfarrer Kaufmann "reaktiviert", als in Todendorf Grundausbildungs-Einheiten stationiert wurden.

Kapelle auf dem Truppenübungsplatz Todendorf
Mittlerweile wird diese Kapelle in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Evangelischen Militärpfarrerin und der GES (Gemeinschaft Evangelischer Soldaten) ökumenisch genutzt. Sie ist den Soldaten vor Ort so wichtig, dass sie mit eigenen Leuten eine Daueraufsicht organisiert haben und die Kapelle fast ständig geöffnet sein kann.

Zum Abschluss dieser Reportage noch einige aktuelle Hinweise: Inzwischen ist das Katholische Militärpfarramt Kiel aus dem in der Parkstraße gelegenen "Haus der Militärseelsorge" umgezogen in die Räume der Einsatzflotille, Arkonastr. 1, unmittelbar neben dem Marinestützpunkt. Im April wurde Militärpfarrer Georg Kaufmann "befördert" und zum Militärdekan ernannt. Er wird jetzt auch offiziell in Kiel die Stellvertretung für den Katholischen Leitenden Militärdekan Monsignore Schadt wahrnehmen, der seinen Dienstsitz weiterhin beim Flottenkommando in Glücksburg behält.

Für Sonntag, den 22. Juni, ist während der Kieler Woche ein Festgottesdienst mit Militärbischof Dr. Walter Mixa und Militärgeneralvikar Prälat Walter Wakenhut an Bord des Flaggschiffs der Deutschen Marine vorgesehen, der ab 10 Uhr auch im ZDF übertragen wird. Und Ende September wird die Militärseelsorge von der Küste mit Militärdekan Msgr. Rainer Schadt "Auf den Spuren Jesu" ins Heilige Land pilgern, wozu noch Anmeldungen möglich sind.

Jörg Volpers