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Die Erfahrungen aus dem Auslandseinsatz sind gefragt

Beim Katholischen Militärpfarramt Leipzig (Teil 1)

Seit Anfang März ist Militärpfarrer Thomas Bohne aus seinem zweiten Seelsorge-Einsatz in Afghanistan zurück und die Eindrücke sind noch frisch. Daher dreht sich im ersten Teil dieser Reportage aus Sachsen ungewöhnlich viel um die Einsatzbegleitung der ISAF-Mission. Im zweiten Teil wird Kompass. Soldat in Welt und Kirche im Sommerheft Juli/August ausführlicher über die Militärseelsorge vor Ort in Leipzig und Umgebung berichten.

Oratorianer-Pater Thomas Bohne hat schon einiges erlebt in den 50 Jahren seines Lebens, auch wenn er die meiste Zeit davon in seiner Heimatstadt Leipzig oder nicht allzu weit davon entfernt verbracht hat. Bevor er im Wendejahr 1989 Priester und Ordensmann im Oratorium des Hl. Philipp Neri wurde, hatte er eineinhalb Jahre Dienst bei der damaligen Nationalen Volksarmee (NVA) getan, ein Studium auf Lehramt begonnen, eine Gärtner-Ausbildung abgeschlossen und sich schließlich an der einzigen DDR-Hochschule, an der Katholische Theologie studiert werden konnte, in Erfurt auf den Priesterberuf vorbereitet. Nach Kaplansjahren in Thüringen und der Arbeit als Pfarrer in Leipzig kam er 2001 zur Militärseelsorge, bei der er bereits einmal die Dienstzeit verlängert hat.

Hier ist er zusammen mit Pfarrhelfer Markus Ristok neben Leipzig und Wiederitzsch vor allem für Delitzsch mit der Unteroffiziers-Schule des Heeres (USH), für Weißenfels, Halle-Lettin und Naumburg zuständig. Zweimal erweiterte sich sein Seelsorgebezirk jedoch bis an den Hindukusch: Von August 2004 bis Januar 2005 erlebte er über ein halbes Jahr den afghanischen Herbst in Kabul und Kunduz, sowie seit November 2007 für vier Monate den Winter in Feyzabad. Beim Besuch des Kompass-Redakteurs im Mai wird deutlich, wie groß das Interesse der Umgebung von Militärpfarrer Bohne an der Arbeit der Soldaten und der Seelsorger im Ausland ist. Außerdem ergeben sich in den Gesprächen zahlreiche Anknüpfungspunkte, da manch ein Soldat Pfarrer Bohne aus dem Einsatz bzw. der Vor- und Nachbereitung dazu kennt oder zumindest auf ähnliche Erfahrungen zurückgreifen kann (vgl. Kompass 03/08, S. 12-13).

So ist zum Beispiel ein typischer Lebenskundlicher Unterricht an der USH (Block von 4 Stunden, Tafelanschrieb: „Thema: LeKu; Durchführung: MilPfarrer; Zeit: 13:00–16:15“) ebenfalls mitgeprägt von dieser Thematik. In dem „Hörsaal“ dieses Aufbau-Lehrgangs sitzen 24 Haupt- und Oberfeldwebel aus ganz unterschiedlichen Einheiten und Standorten, von denen viele zu Beginn bekennen, dass sie bislang eher selten in Kontakt mit der Militärseelsorge in Form von Unterricht (LKU), Standortgottesdiensten oder direkten Begegnungen mit einem Seelsorger gekommen sind – Ausnahme: Auslandseinsätze.

Auch als die eigentlichen Unterrichtsthemen rund um Dilemma-Situationen und Gewissensentscheidungen anhand von Beichtgeheimnis / Zeugnisverweigerungsrecht und Staatssicherheitsdienst der DDR zur Sprache kommen, stoßen Pfarrer Bohne und die Unteroffiziere immer wieder auf Beispiele aus Afghanistan, dem Kosovo und anderen Einsätzen.

Dass Militärpfarrer Bohne durch seine „Hobbys“ Zivilgemeinde und Landesfilmdienst „Bodenhaftung“ hat, zeigt sich an zwei Veranstaltungen, die er am folgenden Tag in Leipzig durchführt und zu denen er wiederum mit seinem Laptop und weiterer Ausstattung fährt. Er berichtet, zeigt Fotos und präsentiert Ton- bzw. Filmausschnitte, die sich ebenfalls auf Afghanistan beziehen.

Ein Schüler aus seiner Gemeinde hatte den Kontakt zu zwei Lehrerinnen der „NaSch“ (Nachbarschafts-Schule) und deren 10. Jahrgang hergestellt. In dieser Unterrichtsstunde interessieren sich die zwanzig Schülerinnen und Schüler jedoch weniger für die Aufgaben und Lebensbedingungen der Soldaten, sondern für die Zustände in afghanischen Schulen und die Umstände, in denen Jugendliche und Erwachsene dort leben. Dazu präsentiert Bohne unter anderem eine Original-Burka, wie sie die Frauen in Nordafghanistan meist noch tragen und die er von seinem letzten Einsatz als Andenken und Anschauungsobjekt mitbrachte. Im Nachgespräch zeigen sich die beiden Lehrerinnen sehr aufgeschlossen für weitere Details, die im Rahmen der 45 Minuten nicht zu erläutern waren.

Und am Abend, nach einer Sitzung des „Landesfilmdienstes Sachsen für Jugend- und Erwachsenenbildung e.V.“, dessen ehrenamtlicher Vorsitzender Pfarrer Bohne schon seit etlichen Jahren ist, berichtet er im kleinen Kinosaal des Leipziger „Cineding“ vor interessierten Zuhörern wiederum von den Gegensätzen zwischen dem ländlichen Nordafghanistan und der Hauptstadt Kabul, von klimatischen Unterschieden zwischen Staub und extremen Minus-Temperaturen, von traditionellen Lebensformen und ermutigenden Fortschritten. Trotz des selbstironisch geäußerten Spannungsfelds „Theologe und Technik“ klappt es nach einigen Startschwierigkeiten auch auf der großen Kinoleinwand mit der Präsentation von Landkarten und Fotos sowie einem Hörbeispiel aus dem zweisprachigen Interview mit einem afghanischen Privatsender.

Inzwischen haben Militärpfarrer Bohne und Pfarrhelfer Ristok auch einen „Auslandseinsatz“ ganz anderer Art bewältigt: Ende Mai waren sie zum 5. bzw. bereits zum 7. Mal bei der Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes dabei. Hier fungierten sie einerseits als Begleiter für den Pilgerzug von Berlin nach Südfrankreich und zurück, andererseits vor Ort als Betreiber eines Informationsstandes zum Thema „Gottesdienste mit Ungetauften“.

Die Fortsetzung folgt auf den Mittelseiten von Kompass. Soldat in Welt und Kirche 07-08/08.

Jörg Volpers