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Verändert

von Reinhold Robbe

Foto: © Bundeswehr / Winkler
Es vergeht kaum ein Tag ohne Meldungen über stundenlange Gefechte unserer Soldatinnen und Soldaten im Großraum Kunduz. Seit einigen Monaten hat sich die Sicherheitslage in dieser Region zusehends verschärft. Ständig werden Bundeswehr-Konvois von den Aufständischen angegriffen und in schwere Kämpfe verwickelt.

Bereits bei meinem letzten Truppenbesuch in Afghanistan im Juni dieses Jahres waren die Soldaten im Feldlager Kunduz von den regelmäßigen heftigen Kämpfen gezeichnet. Wenn es bis vor etwa einem halben Jahr noch so war, dass es vereinzelte Angriffe oder Anschläge gab, so weiß heute jeder Soldat, der für den Einsatz in Kunduz vorgesehen ist, dass er fest mit Kampfhandlungen rechnen muss. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die gesamte Situation im Verantwortungsbereich der Bundeswehr. Die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen haben nach meiner Wahrnehmung auch die Soldaten verändert. Die schweren Gefechte und die damit verbundene ständige Anspannung wirken sich auf die größtenteils noch sehr jungen Soldaten sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht zunehmend belastend aus.

Erst kürzlich wurde mir das wieder ganz besonders bewusst. Ich besuchte in einem Bundeswehr-Krankenhaus einen Soldaten, der in Afghanistan in einem Feuergefecht schwer verwundet worden war. Gott sei Dank hatten die Erstversorgung durch die tüchtigen Sanitäter und die anschließende Rettungskette sehr gut funktioniert. So konnte der Hauptgefreite bereits nach kurzer Zeit mit einem MedEvac-Airbus in die Heimat geflogen werden.

Hier wurden seine Knochenbrüche, Brand- und Splitterverletzungen von den Fachärzten der Bundeswehr weiter behandelt. Neben diesen äußeren Verwundungen war der Soldat aber auch sichtlich gezeichnet von den seelischen Eindrücken, die das Gefecht hinterlassen hatte. Im Gegensatz zu manch anderem betroffenen Kameraden konnte er über seine seelischen Belastungen ganz offen sprechen und wurde deshalb auch umfassend psychologisch betreut. Obwohl der Soldat wusste, dass er für seinen langen Gesundungsprozess sehr viel Geduld aufbringen muss, befasste er sich bereits mit der Frage, wie es nach seiner Genesung mit ihm beruflich weitergehen könnte.

Mit ähnlichen Überlegungen hatte sich auch der Stabsgefreite Patric Sauer getragen, als er vor einem Jahr bei einem Anschlag in Afghanistan schwer verwundet worden war. Auch ihn besuchte ich kurze Zeit nach seinem Rücktransport ins Bundeswehr-Zentralkrankenhaus. Wenngleich die Verwundungen von Patric Sauer sehr schwer waren, hatte ich – ebenso wie seine Angehörigen und Kameraden – die große Hoffnung, dass er alles überstehen würde. Anfang Oktober verstarb Patric Sauer. Der Stabsgefreite hatte seinen langen und mit unglaublicher Geduld geführten Kampf verloren.

Mit seiner Familie trauern die Menschen seiner Heimatstadt Fulda und seine Kameraden. Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller brachte seine persönliche Betroffenheit auf der Trauerfeier zum Ausdruck: „Der Krieg ist jetzt auch bei uns angekommen.“