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Standortbestimmung auf dem Weg

Militärpfarrer Bernd F. Schaller, Katholisches Militärpfarramt Sigmaringen
© Albert Niedermeyer
Seit Jahren erscheint monatlich die Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs, die Sie in Händen halten: der „Kompass“. Mit der Wahl des Namens ist zugleich das Programm vorgegeben, das den Soldatinnen und Soldaten Orientierungshilfen in Welt und Kirche anbieten möchte.

Zu den Grundkenntnissen soldatischen Lebens gehört es zu wissen, wie ein Kompass genutzt wird. Wer den Umgang mit Karte und Kompass erlernt und verinnerlicht hat, den kann man schwerlich vom Weg abbringen, der findet seinen Weg. Auch in Zeiten moderner Navigationstechnik hat der Kompass seine Stellung nicht verloren. Bei allen, die sich intensiv beruflich oder in der Freizeit in der Natur bewegen, erfreut er sich großer Beliebtheit, dient er als oft lebenswichtiges Hilfsmittel. Inzwischen gibt es die unterschiedlichsten Modelle und Ausführungen, die jedoch alle eines gemeinsam haben: Sie geben Richtung und Orientierung in dem Lebensraum, in dem man sich gerade befindet.

Wegweiser nach Oste(r)n

Aber nicht nur im Outdoor-Bereich ist der Kompass ein wichtiges Instrument. Auch in den täglichen Lebensabläufen benötigen wir Menschen immer wieder Wegweiser und Hilfsmittel, die uns sicher durch manches Labyrinth oder unwegsames Gelände führen und somit verhindern, dass wir die Etappenziele unseres Lebensweges aus den Augen verlieren, uns im Dickicht der Vielfalt verlaufen.
Ein solcher „Kompass“ will und kann die Zeit vor Ostern sein, auch Fastenzeit oder österliche Bußzeit genannt, die mit dem Aschermittwoch beginnt – 2010 am 17. Februar. Nach den ersten Wochen eines neuen Jahres, in die auch die närrische Zeit des Karnevals, der Fasnacht oder des Faschings fällt, bieten diese vierzig Tage eine gute Chance für eine Neuausrichtung meines Lebens. Viele Wege werden uns stetig angeboten, die uns angeblich zu Erfolg, Zufriedenheit, Glück, Wohlstand oder Ansehen führen. Der Anspruch und die Gesetzmäßigkeiten der Leistungsgesellschaft nehmen uns in ihren Bann. Der Alltag mit seinen stets wiederkehrenden Abläufen lässt Vieles zur Gewohnheit werden, führt zum Alltagstrott, der kein Ausbrechen duldet. Wir werden zu Getriebenen auf ausgetretenen Wegen, die sich nicht selten als Irrwege und Sackgassen entpuppen. Manchmal stellen wir fest, dass wir schon längere Zeit im Kreis laufen. Unsere Ziele werden unscharf und oft verlieren wir sie ganz aus dem Blick. Die Abweichungen unserer Lebenslandkarte werden größer, die Maßstäbe verschieben sich. Dann zeigt sich deutlich: Wir haben die Orientierung verloren. Glücklich, wer dann einen geeigneten Kompass besitzt, um wieder Richtung zu gewinnen.

Mit der Vorbereitungszeit auf Ostern geben uns die christlichen Kirchen ein solches Instrument an die Hand, mit dessen Hilfe wir eine Standortbestimmung vornehmen, die Blickrichtung ändern und neue Wege einschlagen können. Wo stehe ich, wohin soll mein Weg gehen, welches Ziele habe ich? Diese Fragen ermöglichen uns innezuhalten, zur Ruhe zu kommen, neue Kräfte für die vor uns liegende Wegstrecke zu erhalten. Dann stellen wir vielleicht auch fest, dass unser Marschgepäck manch Überflüssiges und Überschüssiges enthält, was den Weg erschwert. Ballast abwerfen ist dann angesagt, was sich allerdings nicht nur auf die Abnahme von Körpergewicht reduzieren lässt. Manche Vorurteile und Vorbehalte, das eine oder andere an schlechten Erfahrungen und Gewohnheiten, sowie Ärger und Zorn können wir dann am Wegrand ablegen, hinter uns lassen.

Zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag

Wie sich die Magnetnadel des Kompasses in unseren Breitengraden nach Norden ausrichtet, so zeigt der Kompass der Fastenzeit richtungweisend auf Ostern hin, zu dem, der den Christen ihren Namen und ein Ziel gibt, für das es sich lohnt, sich immer wieder neu auf den Weg zu machen, sich neu auszurichten.

Militärpfarrer Bernd F. Schaller,
Katholisches Militärpfarramt Sigmaringen